Interview
VP-Klubobmann Wöginger: "Corona ist nicht vorbei"

VP-Klubobmann August Wöginger verneint Interesse an Funktion in oberösterreichischer Landesregierung nach der Wahl 2021. | Foto: Schlager
  • VP-Klubobmann August Wöginger verneint Interesse an Funktion in oberösterreichischer Landesregierung nach der Wahl 2021.
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Im Interview mit der BezirksRundschau warnt der aus dem Bezirk Schärding stammende Obmann des ÖVP-Parlamentsklubs, August Wöginger, vor der Ansicht, Corona sei bereits überstanden. Einer zuletzt auch wieder vom grünen Vizekanzler Werner Kogler ins Spiel gebrachten Vermögenssteuer erteilt Wöginger, der auch ÖAAB-Bundesobmann ist, eine Absage.

BezirksRundschau: Das Land OÖ wird steuerfreie 500 Euro Corona-Prämie an die Mitarbeiter im Gesundheits- und Pflegebereich auszahlen – ist etwas Ähnliches auch auf Bundesebene geplant?
Wöginger: Das ist ein wichtiges Signal. Wir haben ja Prämien bis zu 3000 Euro für in der Corona-Krise besonders belastete Berufsgruppen steuerfrei gestellt. Wichtig ist, dass der privatwirtschaftliche Bereich davon Gebrauch macht. Und ich gehe davon aus, dass für jene Gruppen, für die der Bund zuständig ist – etwa Bundesheer und Polizei – auch mit einer entsprechenden Anerkennung die Wertschätzung zum Ausdruck gebracht wird.

Den Gemeinden fehlt durch die Krise ein großer Teil der Einnahmen, ihre Investitionen sind aber gerade für die lokale Wirtschaft in der jetzigen Wirtschaftskrise ein wichtiger Impulsgeber.

Wir haben ein eine Milliarde schweres Gemeindepaket im Nationalrat verabschiedet. Für Oberösterreich sind auf Basis der Bevölkerungszahl davon 162 Millionen Euro vorgesehen, mit denen Gemeindeprojekte bis zu 50 Prozent unterstützt werden: Der Bau oder die Sanierung von Schulen, Kindergärten, Feuerwehr-Häusern, Rotkreuz-Zentralen, Gemeinde-Straßen, Sportstätten, Kirchen und kulturellen Stätten, Radwegen, Senioreneinrichtungen oder Projekte zur Ortskernbelebung, im Sinne der Energieeffizienz oder des öffentlichen Verkehrs. Drei Prozent des Betrages für die einzelnen Gemeinden ist für die Kinderbetreuung vorgesehen, weil die Situation für viele Eltern heuer besonders prekär ist.

Es gab viel Kritik, dass von Seiten der Bundesregierung zwar zahlreiche gut dotierte Unterstützungspakete angekündigt wurden, bisher aber wenig Geld an die Betroffenen geflossen ist. 

Die gewaltige Anzahl an Anträgen war eine Riesenherausforderung. Nur ein Beispiel: In der Finanzkrise 2008/09 hatten wir einige hundert Kurzarbeitsanträge. Jetzt waren es mehr als 110.000. 750 Mitarbeiter wurden beim AMS für das Bearbeiten dieser Anträge aufgenommen – die geeigneten Leute dafür zu finden, war nicht einfach. Ich bitte um Verständnis für die stockende Abwicklung zu Beginn, jetzt verbessert sich die Situation. Auch beim Familienhärtefonds ist die Hälfte der mehr als 100.000 Anträge abgearbeitet.

Gut durch die Krise – aber "Corona ist nicht vorbei"

Es werden die Scherben zusammengekehrt, aber die von Corona ausgehende Gefahr mit samt den damit verbundenen wirtschaftlichen Auswirkungen ist ja nicht gebannt.
Wir sind in Österreich bis jetzt gut durch die Krise gekommen, was die Zahl der Erkrankungen und Todesfälle betrifft. Die Studie einer britischen Forschungsgruppe hat Österreichs Reaktion auf die Corona-Krise als international am zweitbesten eingestuft – hinter Neuseeland und gleichauf mit Deutschland. Aber: Corona ist nicht vorbei. Es ist wichtig, dass das der Bevölkerung bewusst ist. Wir haben die Krise so gut gemeistert, weil sich die Menschen in Österreich so an die Vorgaben gehalten haben. Abstand, Hygienemaßnahmen, Eigenverantwortung und Hausverstand sind aber weiterhin gefordert, während wir jetzt am Comeback mit Entwicklungs- und Hilfspaketen arbeiten.

Die Zustimmung zu den Einschränkungen ist aber stark gesunken, es schien zuletzt als beuge sich die Regierung dem Druck der Bevölkerung, als die Lockerungen bei der Maskenpflicht verkündet wurden. Auch die Forderung, die Strafen aufzuheben, die gegen jene verhängt wurden, die sich nicht an die Maßnahmen hielten, werden lauter. Wie sich jetzt herausstellt, dürften manche Strafen auch nicht rechtlich gedeckt sein, weshalb sie rückerstattet werden.
Nur mit den Einschränkungen war das exponentielle Wachstum der Corona-Erkrankungen in den Griff zu bekommen, sie waren alternativlos. Es macht aber keinen Sinn, Regeln aufzustellen, die ich nie sanktioniere. Grundsätzlich sollten Eigenverantwortung und Hausverstand ausreichen. Aber ich tu mir natürlich schwer, Mund-Nasen-Schutz vorzuschreiben, wenn etwa im Bezirk Schärding seit Wochen keine Infektion nachgewiesen wurde. Bis es ein Medikament und einen Impfstoff gibt, müssen wir aber damit leben: So viel Freiheit wie möglich, so viele Einschränkungen wie notwendig. Daher rühren ja auch die Lockerungsschritte im 14-Tage-Rhythmus, der beobachten ließ, ob sie sich auf die Zahl der Infektionen auswirken.

"Zahlen viel für Gesundheitssystem, aber es hat sich ausgezahlt"

Was ist die Lehre aus der Corona-Krise?
Dass es kein Handbuch dafür gibt. Man kommt auf einiges drauf, das man im Rückblick anders machen würde. So musste etwa der Härtefallfonds zweimal abgeändert werden. Aber es war wichtig, sofort und schnell Maßnahmen zu setzen.

"Gut aber extrem teuer" – dieses Attest wurde dem österreichischen Gesundheitssystem immer wieder ausgestellt und nicht zuletzt die ÖVP wollte es auf Diät setzen. Hat Corona diese Einstellung geändert?
Wir haben stark profitiert von unserem ausgezeichneten Gesundheitssystem. Wir zahlen dafür viel ein, aber es hat sich ausgezahlt. Wir müssen diese Strukturen erhalten, aber auch anpassen.

Die Regierung und im Speziellen Kanzler Sebastian Kurz hatten am Anfang der Krise geradezu astronomische Beliebtheitswerte – jetzt ist Zuspruch deutlich gesunken, wenn auch immer noch auf hohem Niveau. Wie geht man damit um?
Umfragen sind wie Parfüm, man soll daran schnuppern, aber nicht davon trinken. Der Zuspruch war zu Beginn der Krise gewaltig, jetzt liegen wir als ÖVP aber immer noch um die 40 Prozent. Es gibt keine Partei in der 30-Prozent- oder 20-Prozent-Zone. Und im Jänner 2017 lagen wir als ÖVP bei 19 Prozent. Wir können mit der VP-Situation zufrieden sein, aber es ist eine Momentaufnahme. Und wir wissen gerade als VP, wie schnell sich das ändern kann.

Nein zu Vermögenssteuer

Die schweren wirtschaftlichen Auswirkungen für den Einzelnen – verringerte Einkommen, Arbeitslosigkeit, Armut - werden den Ruf nach sozialer Gerechtigkeit lauter werden lauter werden lassen. Wenn es darum geht, wer das "Koste es, was es wolle" bezahlen soll, wird die ÖVP nicht um die Diskussion einer Vermögenssteuer herumkommen.
Wichtig ist jetzt einmal die Entlastung der Menschen, die rückwirkend ab Jänner 2020 noch vor der Sommerpause des Parlaments beschlossen werden soll.  Etwa mit einer Reduktion des Eingangssteuersatzes von 25 auf 20 Prozent, einer Negativsteuer für ganz niedrige Einkommen oder einem Landwirtschaftspaket, weil es dort große Einbußen gibt. Es gibt 360 Euro für jedes Kind und 450 Euro netto Einmalzahlung für Arbeitslose. Das sind sozial ausgewogene Maßnahmen ...

... die aber nichts daran ändern, dass ein "Solidarbeitrag der Reichen" in Form einer Vermögenssteuer gefordert werden wird.
Jetzt liegt der Fokus vorrangig darauf, die Krise zu bekämpfen. Jetzt müssen wir retten, entlasten und investieren. Deshalb stellt sich die Frage zurzeit einfach nicht.

Vizekanzler Werner Kogler bringt die Vermögenssteuer trotzdem immer wieder ins Spiel ...

Dass die Grünen da eine andere Position haben, ist bekannt. Werner Kogler hat selbst gesagt, dass jetzt vorrangig Krisenbekämpfung notwendig ist.

Klimaschutz und Ökologie als "durchgängiger Faden"

Die Corona-Krise wird ja auch als Chance gesehen, das Leben danach, die Neue Normalität nachhaltiger und ökosozialer zu gestalten. Maßnahmen wie die Reduktion des innerösterreichischen Flugverkehrs im Rahmen des AUA-Rettungspakets oder das 1-2-3-Ticket für Öffis weisen in diese Richtung. Wie grün ist die ÖVP inzwischen geworden?
Wir haben immer wieder gesagt, dass das Regierungsprogramm das Beste aus zwei Welten vereint – bei den Grünen sind das Klimaschutz und Ökologie. Deshalb beinhaltet auch jedes Paket, das wir schnüren, Ökomaßnahmen, darum gibt es 300 Millionen Euro für den öffentlichen Verkehr, darum fördern wir im Rahmen des Gemeindepakets auch Radwege. Klimaschutz und Ökologie sind ein durchgängiger Faden.

Kommt die CO2-Steuer?
Sie wird im Ministerium verhandelt, bis 2022 soll das Paket am Tisch liegen, auch wenn die Corona-Krise jetzt Einiges verzögert hat. Was im Regierungspakt steht, das gilt.

Drang zurück nach OÖ nur am Wochenende

Es wird Ihnen immer wieder Heimweh nach Oberösterreich nachgesagt. Wäre eine Funktion in der Landesregierung nach der Wahl 2021 erstrebenswert?
Den Drang zurück in die Heimat verspüre ich nur, wenn ich am Wochenende zurück ins Innviertel fahre. Meine Aufgabe ist die des Klubobmanns der ÖVP. Ich bin Scharnier zwischen Regierung und Parlament und Drehscheibe zu den Bünden und Ländern. Diese Aufgabe macht mir viel Spaß.

Unter der Woche Wien, am Wochenende das Innviertel – und im Urlaub?
Almen statt Palmen. Ich fahre heuer im Urlaub nach Tirol. Mein Appell an alle Österreicherinnen und Österreicher: Machen Sie Urlaub in Österreich!

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