Interview mit Mag. Bettina Warlits, Oberpullendorf
"Schwerpunktthemen sind Zukunfts- und Existenzängste"

"Zur Zeit kommen viele Kinder und Jugendliche in Therapie, ich rechne allerdings damit, dass auch die Eltern sich bald Unterstützung holen werden", so Bettina Warlits.  | Foto: Warlits
  • "Zur Zeit kommen viele Kinder und Jugendliche in Therapie, ich rechne allerdings damit, dass auch die Eltern sich bald Unterstützung holen werden", so Bettina Warlits.
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Die Corona-Pandemie stellt eine Belastungssituation dar, die an kaum einem Menschen spurlos vorüber geht. Wir haben mit der Psychotherapeutin Mag. Bettina Warlits über die aktuellen Anliegen ihrer Klienten gesprochen. 

BEZIRKSBLÄTTER: Der Corona-Virus und die damit verbundenen Lockdowns haben uns alle mit ungewohnten Lebenssituation konfrontiert. Welche Anliegen beschäftigen Ihre Klienten derzeit besonders?
WARLITS: Meine Klienten thematisieren derzeit vor allem ihre Zukunfts- und Existenzängste, aber auch zahlreiche Beziehungsthemen. Es geht viel um Einsamkeit, das Fehlen von sozialen Kontakten, aber auch um die zusätzliche Belastung aufgrund von Homeschooling. Kontroversiell diskutierte Themen befeuern außerdem Konflikte in der Familie und Ängste um die Gesundheit. Aus dem heraus gestalten sich private Lebenssituationen von Menschen immer wieder neu und zunehmend schwierig. Themen wie Jobverlust, Belastungen in Beziehungen, Ängste um seine eigene Gesundheit, aber auch die von Angehörigen stellen zentrale Anliegen da.

BEZIRKSBLÄTTER: Gibt es aufgrund der aktuellen Corona-Situation erhöhten Beratungsbedarf? Wie erfolgt die Beratung derzeit?
WARLITS: Definitiv gibt es zur Zeit einen erhöhten Beratungs- und Behandlungsbedarf. Zur Zeit kommen viele Kinder und Jugendliche in Therapie, ich rechne allerdings damit, dass auch die Eltern sich bald Unterstützung holen werden. Ein Klima der Unsicherheit bewirkt immer ein Zunehmen der Ängste. Menschen zeigen Ängste zum Teil sehr unterschiedlich, manchmal zeigen Sie ihre Ängste in Gedankenkreisen und großen Sorgen. Es kommen aber auch vor dass Ängste geleugnet werden und übertriebene „Coolness“ gezeigt wird. All das führt zu Spannungen innerhalb der Familie, die oft nur mit einem unbedarften Außenstehenden aufgeschlüsselt werden können. Wir beraten derzeit per Telefon, Videotelefonie oder mit Maske in der Praxis.

BEZIRKSBLÄTTER: Familien stehen derzeit vor vielen Herausforderungen (Homeoffice, Homeschooling). Was raten Sie den Eltern?
WARLITS: Wer es schafft eine funktionierende Routine zu finden, die für alle Familienmitglieder passt, dem ist schon viel gelungen. Vergleichen Sie sich nicht mit anderen Eltern, sondern besprechen Sie in der Familie wer was genau braucht und schaffen Sie dafür einen verbindlichen Bezugsrahmen. Dazu gehört genauso, dass die Mama mal sagen darf, dass es ihr zu viel ist und sie Ruhe braucht. Die Chance die Kinder und Jugendliche jetzt haben, ist dass sie von Ihren Eltern lernen, wie man in einer unsicheren Zeit dennoch das Beste für sich heraus holt. Nur das „richtige Leben“ bereitet die Kinder auf das richtige Leben vor. Sich seine eigene Unsicherheit einzugestehen, kann da schon die Initialzündung sein, um wieder in neue Suchprozesse zu gehen und für die aktuelle Situation Lösungen zu finden. Kinder können mit einem „darauf weiß ich auch keine Antwort, ich überleg mir was …“ oft besser umgehen als mit dem Versuch immer alles „perfekt“ zu machen.

BEZIRKSBLÄTTER: Wie wichtig sind soziale Kontakte? Auch in Bezug auf alleinstehende, ältere Personen?
WARLITS: Menschen sind Beziehungstierchen, wir brauchen Beziehungen zum Leben. Derzeit macht es Sinn sich sozial zu distanzieren. Dies bedeutet aber nicht, dass ich emotional distanziert bin. Anteil zu nehmen am Leben des anderen, mein Interesse zu bekunden, zuzuhören… das kann ich auf so vielen verschiedenen Ebenen und dazu muss ich nicht unbedingt physisch anwesend sein, vor allem unter Erwachsenen lässt sich das einfacher umsetzen. Für Kinder und Jugendliche stellt sich das schon weit schwieriger dar, gerade da ist es wichtig Bezugspersonen zu definieren und die dann auch regelmäßig zu treffen. Dies gilt auch für alleinstehende und ältere Personen. Überlegen Sie gemeinsam welche Bedürfnisse Sie haben und wie sie miteinander sicheren Kontakt leben können.

BEZIRKSBLÄTTER: Was ist jetzt besonders wichtig um psychisch ausgeglichen zu bleiben?
WARLITS: 
1.) Sich dem „Notwendigen“ zuwenden, kann die „Not“ „abwenden“. Schaffen Sie wenige, aber dafür verbindliche Routinen mit ausreichend Raum für Freizeit und „Normalität“. Überlegen Sie gemeinsam was Normalität für jedes Familienmitglied bedeutet und versuchen Sie das so gut es geht in den Alltag zu integrieren.
2) An der Basis arbeiten: Gut essen, trinken, schlafen, bewegen! Das klingt so banal, hat aber einen enormen Effekt auf das Wohlbefinden. Wir neigen dazu, Dinge, die uns gut tun, als erstes zu streichen, wenn es stressig wird. Finden Sie einen Zeitpunkt am Tag an dem es am ehesten noch möglich ist sich etwas Gutes zu tun und halten Sie sich zu 80% daran.
3) Kommunikation ist alles. Das Ansprechen der momentanen Situation und meinen Gefühlen Ausdruck zu verleihen ist aus meiner Sicht zentral. Es gibt Tage an denen zB im Homeoffice oder Homeschooling gar nichts geht. Das ist vollkommen in Ordnung. Finden Sie dann gemeinsam heraus, was sie am besten entspannt und sorgen Sie dafür, dass Sie das auch bekommen. Die Entspannung ist ein Teil der Arbeit. Vorleben wirkt da besser als es zu erzählen und dann selbst anders zu handhaben.

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