"Das wäre der Tod jeder Volksgruppe"
Der Vorstoß der FPÖ, Deutsch als Pausensprache vorzuschreiben, beschäftigt Politik und Schulwesen.
BEZIRK (EP). Von der FPÖ Burgenland kommt die Anregung, Deutsch als Pausensprache zu verwenden. Ein Nichterfüllen bzw. „Nicht-Nachkommen“ soll als Konsequenz eine Eintragung im Klassenbuch zur Folge habe.
"Und das im Burgenland, einem Land im Herzen Europas, wo Mehrsprachigkeit und friedliches Zusammenleben mehrerer Kulturen seit Jahrzehnten Vorbildcharakter für ganz Europa haben!", ist Johann Farkas, Vorsitzender der GÖD-PflichtschullehrerInnen im Burgenland, entsetzt. Blankes Entsetzen kommt von der Direktorin der Zweisprachigen Neuen Mittelschule Großwarasdorf, Elvira Heisinger. "Das wäre für uns eine Katastrophe, wir fördern an unserer Schule die kroatische Sprache. Dieser Vorstoß wäre der Tod einer jeden Volksgruppe." Lehrer und Schüler würden natürlich Rücksicht auf Kinder nehmen, deren Muttersprache nicht Kroatisch ist. "An unserer Schule sind 75 - 80 Prozent Kroatisch sprechende Kinder, auch der Unterricht wird zweisprachig geführt. Deutsch als Pausensprache wäre denkbar kontraproduktiv für unseren Bildungsauftrag, bei uns sind alle Sprachen gleich viel wert."
Zehn Nationen
Für den Direktor der NMS Oberpullendorf, Reinhardt Magedler, ist verpflichtendes Deutsch in der Pause nicht zielführend. "Im Unterricht wird Deutsch gesprochen, wir bieten verpflichtende Deutsch-Förderstunden an." Die Welt im Klassenzimmer sei bunt. "An unserer Schule gibt es Schüler aus zehn Nationen. Natürlich sind große Konflikte von außerhalb auch in der Klasse zu spüren, darüber diskutieren wir, es geht ja um ein friedvolles Zusammenleben an unserer Schule."
Erfolgreich
22 junge Leute sitzen in der 4. KD der NMS Oberpullendorf, Alis Eltern stammen aus Afghanistan. Seine Zweisprachigkeit nutzt er, um Schülern mit Migrationshintergrund bzw. Flüchtlingskindern als Übersetzer zu helfen. "Ich unterhalte mich in der Pause auch in meiner Muttersprache, es sei denn, es sind Deutsch sprechende Kinder dabei - dann wird Deutsch gesprochen, alles andere wäre unhöflich." Sarah pflichtet ihm bei. "Es wäre diskrimierend, wenn man sich nicht in seiner Muttersprache unterhalten darf." Angi sieht es anders. "Wir leben in Österreich und hier sollte man auch Deutsch sprechen." Dir. Elisabeth Seifried von der VS Oberpullendorf: "Bei uns gibt es für Kinder mit Migrationshintergrund extra Deutschstunden, das passiert gut strukturiert und erfolgreich. Jedes Kind braucht seine Zeit, um eine Sprache zu lernen, die Muttersprache ist eine gute Basis dafür."
Kontrolle
Lehrerin Brigitte Reiner pflichtet ihr bei. "Dass Kinder sich in ihrer Muttersprache unterhalten, ist sogar gut, das zu unterbinden, ist absurd. Ich frage mich, wie man das kontrollieren will." Auch die Leiter der BHAK/BHAS und des Gymnasiums Oberpullendorf, Robert Friedl und Helga Fabsits, halten nichts vom Vorstoß der FPÖ. "Im Unterricht wird Deutsch gesprochen, die Schüler sollen sich sonst unterhalten können, wie sie wollen."
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