Bezirk Oberwart
"Lernsieg"-App wird eher kritisch gesehen
Nur wenige Tage online sorgte die "Lernsieg"-App von Benjamin Hadrigan für große Aufregung. Im Burgenland und im Bezirk Oberwart gehen die Meinungen auseinander.
BEZIRK OBERWART. Erst am Freitag veröffentlicht, ist die App "Lernsieg" des 18-jährigen Schülers Benjamin Hadrigan, mit der Lehrer und Schulen bewertet werden können, seit Montagabend schon wieder offline.
Grund dafür sind zahlreiche Hasskommentare gegen den Gründer und Bedenken betreffend des Datenschutzes. Bildungsdir. Heinz Josef Zitz übt heftige Kritik an der App: "Ich finde es eine absolute Frechheit, dass man Lehrer nun öffentlich bewerten und diese Bewertungen weltweit einsehen kann. Es gibt zudem ungeklärte Fragen: Wie wird die App finanziert? Wo sind die Daten her? Werden die Daten verkauft? Ich bin absolut für Bewertungen, aber wenn, dann innerhalb des Systems. Das Veröffentlichen der Daten in die ganze Welt hinaus halte ich nicht nur datenschutzrechtlich für bedenklich."
Bewertungen eher positiv
Zitz bestätigt, Bewertungen an burgenländischen Schulen, ohne darauf aber näher einzugehen.
Laut Claudia Paccosi von der Wiener PR-Agentur "pr a" war die umstrittene App am Wochenende mit 70.000 Downloads die "Nummer Eins im Ranking der Apps, vor WhatsApp oder Instagram". Bis Montagmittag zählte die App 16.513 Bewertungen für Schulen sowie 127.200 für Lehrer.
"Die Bewertungen fielen im Schnitt recht positiv aus. Schulen erhielten durchschnittlich 3,88 Sterne, Lehrer 3,96 Sterne, was im Schulnotensystem einem 'Gut' entspricht", erklärt Paccosi.
App derzeit offline
Nach einer Flut an Hass-E-Mails wurde die App von Hadrigan und seinem Team aus dem Netz genommen. Ein Zeitplan für eine erneute Onlinestellung ist derzeit in Arbeit.
Zurzeit prüft auch Datenschutzexperte Nikolaus Forgo, Universität Wien, die App aus Datenschutzrechtlicher Sicht und soll unter anderem klären, ob bei der Datenverarbeitung die Rechte aller Betroffenen gewahrt bleiben.
SQA-Online-Plattform zur Evaluierung
Die App sorgt natürlich auch im Bezirk Oberwart für Zündstoff. "So wie diese Lehrer-App "Lernsieg" konzipiert ist, kann sie nicht seriös eingesetzt werden. Durch die freie Möglichkeit der Registrierung können Kinder Bewertungen für Lehrer abgeben, die sie im Leben noch nicht gesehen haben! Außerdem ist die App auf das Sammeln von personenbezogenen Daten ausgerichtet. Wer braucht so eine App?", fragt sich Dir. Andreas Bencsics von der Musik-NMS Großpetersdorf.
"An der NMS Großpetersdorf nutzen wir seit Jahren die vom Unterrichtsministerium zur Verfügung gestellte SQA-Online-Plattform (SQA = Schulqualität Allgemeinbildung) für Feedback und Evaluation. Hierbei ist gewährleistet, dass nur Schüler einer Klasse Rückmeldung zum Unterricht und damit auch den Lehrern der eigenen Klasse geben können. Die Kinder bekommen pro Klasse anonymisiert die entsprechende Anzahl von Zugängen, wobei dann naturgemäß nicht nachvollziehbar ist, welcher Schüler welche Antworten gegeben hat. Das nächste Zeitfenster, in dem Klassenfeedback von Schülern online möglich sein wird, ist 1.3.2020 - 3.4.2020 angesetzt, wo wir auch wieder unsere 3. und 4. Klassen dazu einladen werden. Darüber hinaus laden wir auch alle drei Jahre Eltern ein, anonymisiert - also ohne Angabe von persönlichen Daten - über diese Plattform der Schule Feedback zu geben", berichtet er.
Laufende Evaluation an HTL
"Die HTLs haben schon seit mehr als 15 Jahren ein Qualitätsmanagementsystem. Die laufende Evaluation auf verschiedenen Ebenen ist ein wichtiger Teil davon, u.a. sind Schüler aufgefordert, ihren Lehrern in Feedbacks eine Rückmeldung zu geben. Diese professionelle Rückmeldemöglichkeit wird an der HTL Pinkafeld den Lehrern schon seit Jahren über eine Online-Plattform zur Verfügung gestellt und sie können daraus ihre Schlüsse ziehen. Wir fürchten uns vor einer App wie Lernsieg nicht. Allerdings bevorzuge ich persönlich es, wenn Menschen zu ihrer Bewertung auch namentlich stehen. Dann kann man seriös darauf eingehen. Wenig seriös ist es, wenn offensichtlich Unternehmen im Hintergrund ihren Vorteil durch die Erfassung der Daten ziehen können", so HTL Pinkafeld-Dir. Wilfried Lercher.
"Ich habe mich damit weniger beschäftigt, als ein Mitarbeiter die App runter laden wollte, war sie schon offline. Wir haben an der PTS Oberwart ein freiwilliges Evaluierungssystem, das angenommen wird. Ich finde es aber weniger seriös, dass irgendwer Lehrer und Schulen mitunter bewerten kann, mit der es gar keinen Bezug gibt. Es stellt sich auch die Frage, was mit den Daten der User passiert", meint Günter Valika, Dir. der PTS Oberwart.
App ist verbesserungswürdig
"Die Idee eine App zu erstellen, um Lehrer, Schüler und Schulen zu bewerten ist an sich keine schlechte Idee, allerdings ist das System nicht so weit gedacht, tatsächlich konstruktive Kritik zu äußern. Wenn ich einem Lehrer in der Kategorie 'Unterricht' einen von fünf Sternen gebe, weiß dieser auch nicht, was er damit anfangen soll. Zusätzlich kann jeder das bewerten, wen oder was er möchte. Bedeutet: Ich kann Lehrer und Schulen bewerten, an denen ich selber nicht bin. Die Idee an sich hat Potenzial, allerdings ist es an der Umsetzung und Konzipierung gescheitert", meint Paul Wunderer von HBLA Oberwart.
"Ich finde diese App hat gute Ansätze, jedoch muss sie überarbeitet werden. Unsere Lehrer müssen Verbesserungsvorschläge bekommen und nicht nur eine Bewertung ohne richtige Begründung! Sie sollen wissen, was sich die Schüler von ihrem Unterricht erwarten und wünschen! Weiters dürfen die Ergebnisse der Bewertungen nicht für jeden sichtbar sein, dass beeinflusst das Bild wie ein Lehrer und die Schule gesehen wird. Grundsätzlich ist die App eine gute, jedoch noch nicht ausgereifte Idee und mit ein paar Verbesserungen wird sie sicher eine gutes Tool sein, um den Lehrern zu zeigen,was sich die Schüler wünschen", sagt Elisa Ergasti, ebenfalls HBLA Oberwart
App positiv
Marc Putz, Absolvent der HTL Pinkafeld, sieht die Idee positiv: "Ich fand es gut, dass man endlich Lehrer ordentlich bewerten konnte! Es gibt zwar so ein ähnliches System bereits an den Schulen selber - aber dieses ist komplett anonym und nicht einsehbar. Dadurch dass der Notenstand der Lehrer öffentlich einsehbar ist, erzielt die App gleich eine ganz andere Wirkung, deswegen auch die ganze Aufregung. Die Fragen in der App waren immer objektiv und allgemein gehalten. Eine komplett subjektive Meinung wie „Der Lehrer war scheiße“ ist dort gar nicht möglich. Die Fragen sind sehr allgemein gestellt. Deswegen hat mir die App auch so gut gefallen."
Putz hofft, dass die App bald wieder online geht: "Ich hätte mir erhofft dass die App gut bei allen ankommt, was ja leider eher weniger der Fall war. Natürlich haben Lehrer schon genug Druck im Job, - aber trotzdem gibt es Lehrer, die ihren Job einfach komplett verfehlen. Durch die App hätte man sehen können, welche Lehrer das sind."
Kein großes Thema
Die Mutter einer HAK-Schülerin berichtet: "Meine Tochter wusste gar nicht, dass es diese Lehrerbewertungs-App gibt. Sie meinte, dass in ihrer Schule jedes Jahr die Schüler anonym befragt werden, wie zufrieden sie mit den einzelnen Lehrkörpern sind."
"Ich habe zwar von der Lernsieg-App gehört, aber mich nicht wirklich weiter beschäftigt. Auch meine Kameraden hat das nicht wirklich interessiert", meinte ein Schüler der EMS Oberwart.
Kommentare
Du möchtest kommentieren?
Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.