Ein Betonmonster namens Flieder
Und wieder habe ich rein zufällig ein interessantes Objekt gefunden. Meine Recherche dazu ergab folgende Details: (Quelle: www.stadtstreunen.at)
In der Gerichtsgasse im Herzen von Floridsdorf befindet sich ein monströses und gleichzeitig irgendwie unsichtbares Mahnmal an die schreckliche Zeit des Zweiten Weltkrieges in Wien. Unsichtbar bleibt der Betonklotz deswegen, weil er großteils von Pflanzen überwuchert ist und es keinen einzigen Hinweis auf seine Geschichte und Funktion gibt. Keine Erklärung, kein Name, nichts. Damit ist er Teil einer mangelhaften Gedenk- und Erinnerungskultur in Wien, die ausgerechnet die sichtbarsten Relikte des NS-Regimes so lange ignoriert, bis sie hoffentlich eines Tages einfach nicht mehr da sind.Die Mahnung „Niemals vergessen“ ist den Tonnen an Stahlbeton nicht anzusehen. Schon gar nicht, wenn diese bunt bemalt wurden.
Aber nicht nur die Kunst am Bauwerk, auch der achteckige Stahlbetonbau selbst gibt noch Jahrzehnte nach seiner Entstehung Rätsel auf. Der Historiker Marcello La Speranza bezeichnet den Floridsdorfer Bunker als „Luftschutz-Sonderbauwerk“, das nicht eindeutig zugeordnet werden kann. Es handelt sich bei dem Floridsdorfer Bunker wohl um ein Zivilschutzbauwerk oder aber um einen Zufluchtsort für die Mitarbeiter*innen der nahen Straßenbahnremise.
Der Bunker ist fünf Stockwerke hoch, wobei die Decke über dem obersten Stockwerk eingestürzt ist. Während die Umfassungsmauern im Durchschnitt 1,5 Meter dick sind, ist die Abdeckung des Bauwerks sehr dünn geraten – ein Hinweis darauf, dass das Gebäude nie fertig gebaut wurde.
Ursprünglich besaß das Bauwerk mehrere Eingänge, von denen heute alle bis auf einen zugemauert sind. Auf der einzig verbliebenen Tür warnt ein Schild vor Lebensgefahr.
Im Kern des Bauwerkes befindet sich ein Schacht, der durch alle Stockwerke durchgeht und möglicherweise als Munitionsaufzug gedacht war. Ein weiteres Rätsel gibt das völlige Fehlen von sanitären und anderen Einrichtungen auf. Wie der Hochbunker genutzt hätte werden sollen, kann deswegen nur vermutet werden.
Laut einem Zeitungsbericht aus dem Jahr 1962 soll der Hochbunker während des Krieges den Tarnnamen ‚Flieder‘ getragen haben. Auf älteren Aufnahmen sieht man tatsächlich einige Fliederbüsche, die neben den Betonmauern angepflanzt waren. Heute wächst hier aber nur noch viel Efeu und wilder Wein. Stellenweise ist der Bunker schon so überwuchert, dass der Stahlbeton kaum noch zu sehen ist.
Du möchtest selbst beitragen?
Melde dich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.
4 Kommentare
Du möchtest kommentieren?
Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.