Circus Safari in Lainz: Das ganz normale Leben im Zirkus
Noch bis Ostern begeistert der Circus Safari Jung und Alt in Lainz. Die bz war vor Ort.
HIETZING. Seine Kinder kommen gerade aus der Schule, während seine Frau die letzten Handgriffe in der Küche erledigt. Gleich wird das Mittagessen auf dem Tisch sein. Benjamin Spindler kommt aber nicht aus dem Büro, sondern aus dem Stall. Er ist aber auch kein Bauer, sondern Zirkusmanager.
Schon seine Eltern waren Zirkusartisten, ebenso seine drei Brüder, mit deren Familien er den Circus Safari führt. "In der Manege spiele ich den Zirkusdirektor, aber in Wirklichkeit entscheiden wir alle gemeinsam. Wir sind hier zu 80 Prozent Familienangehörige und jeder ist für alles verantwortlich. So mistet mein Neffe in der Früh den Kamelstall aus und während der Vorstellung steht er als Clown in der Manege." Das Gespräch findet zwischen dem Pferde- und dem Ziegenstall statt, während die frei laufenden Gänse die Schuhe des 36-jährigen Zirkusmanagers anknabbern.
"Unsere Kinder besuchen eine öffentliche Schule im Bezirk. So lernen sie auch die Welt außerhalb des Zirkuszeltes kennen. Umgekehrt ist unser Zirkus aber auch für die Besucherkinder so etwas wie eine Schule, weil viele von ihnen die klassischen Bauernhoftiere nur mehr aus dem Fernsehen kennen", so der gebürtige Berliner. "In der Pause gibt’s bei uns immer einen Streichelzoo. Was glauben Sie, wie die Kinderaugen dann leuchten!" Sein fester Wohnsitz ist eigentlich Graz, aber die meiste Zeit ist er unterwegs.
Tägliche Aufführungen
Den handzahmen Tieren geht es sichtlich gut. Entspannt stehen die Kamele neben den mächtigen Strohhaufen in der Sonne und schauen dem Treiben ringsum mit gelassener Miene zu. Aufgrund der täglichen Vorstellungen um 16 Uhr haben sie einen fixen Tagesablauf, zu dem auch ein kurzes Training gehört. Die meiste Zeit aber wird gefressen und gefaulenzt. Löwen oder Tiger sucht man im Circus Safari vergeblich. Die exotischsten Tiere sind die Kamele. "Die Zeiten der Raubtier-Shows sind vorbei. Solche Tiere muss man wegen ihrer Gefährlichkeit außerhalb der Vorstellungszeiten wegsperren. Da blutet einem das Herz." Das glaubt man dem Zirkusmanager, dem seine persönliche Unabhängigkeit über alles geht: sein eigener Chef zu sein und nach ein paar Wochen am selben Ort mit den 13 Lkw weiterzuziehen. Zwei Tage braucht die Familie, bis das Zelt neu aufgebaut ist.
Wildwechsel mal anders
Auf dem ehemaligen Baustellengelände des Lainzer Tunnels in Hietzing ist man bereits Stammgast. Im Bezirk freut man sich, wenn die Fläche für ein paar Wochen vom Zirkusvolk besiedelt wird. Und die Nachbarin lässt die Kamele gerne als natürliche Rasenmäher in ihren Garten. Bei den Autofahrern sorgt es stets für Aufsehen, wenn die Tiere durch die Preyergasse geführt werden – Wildwechsel einmal anders. Wohin es als Nächstes gehen wird? "Wir haben uns noch nicht entschieden. Jetzt haben wir hier erst einmal bis 16. April verlängert."
Die Freiheit des Zirkuslebens ist wohl tatsächlich kein Klischee. Inzwischen ist Benjamin Spindlers kleine Tochter die Stiege des Familien-Wohnwagens heruntergerannt und zupft ihrem Papa ungeduldig an der Jacke. "Papa, das Essen wird kalt, hat die Mama gesagt!" Und so lebt man zwischen Araberhengsten und Zirkuszelt manchmal doch wie in einer ganz normalen Familie.
Text und Fotos: Mathias Kautzky
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