Architekturjuwel oder Horrorschule: Das Millionengrab am Kinkplatz
Seit einem Jahr steht sie leer, bis Anfang des Sommers wird der Ingenieursbefund über die Mängel erwartet: die Mittelschule Kinkplatz verfällt zusehends. Ist die teuerste Schule Wiens noch zu retten?
PENZING. Der verstorbene Architekt Helmut Richter hat einmal gesagt, er wollte eine Schule machen, bei der nicht gleich das Unangenehme, das bei Schulen immer so auffällt, sich bemerkbar mache. Dann hat er die teuerste Schule Wiens gebaut. Ein von viel Glas und Stahl dominierter, geometrischer Bau steht am Penzinger Kinkplatz. Ein "filigranes und luftiges Gebilde", das "die Anmutung von riesigen Libellenflügeln" hat, wie es in einem Buch über Richter heißt. Und damit wurde es richtig unangenehm.
Schon kurz nach der Eröffnung der Mittelschule am Kinkplatz im Jahr 1995 haben sich größere und kleinere Baumängel bemerkbar gemacht: Schadhafte Türen und Stiegen, defekte Jalousien, ein undichtes Dach, Schimmel im Turnsaal, zu wenig Freifläche, Räume, in denen bei Regen Kübel aufgestellt werden mussten, Rost, Hitze und vieles mehr. Lehrer wie Schüler klagten über die unzumutbaren Zustände, die Bezirksvertretung war regelmäßig mit der Instandhaltung und den Reparaturarbeiten betraut. Aus dem Bezirksbudget mussten über die Jahre dafür rund zwei Millionen Euro finanziert werden. Nun steht die Schule seit knapp einem Jahr leer und die Prüfung der Schäden läuft. Der Ingenieursbefund wird Anfang des Sommers erwartet.
2014 wurden Ersatzquartiere für die Schüler geschaffen - in der Toricelligasse. Eine Containerschule um 14 Millionen Euro. Und fest steht, dass das um 24 Millionen Euro errichtete architektonische Wunderwerk am Kinkplatz generalsaniert werden muss.
Millionengrab: Im Sommer steht das Ausmaß der Schäden fest
„In der Schule finden gerade Fundamentbohrungen statt, noch lassen sich die Sanierungskosten nicht abschätzen", so Patrick Timmelmayer von der MA 56 (Wiener Schulen). Wenn der Befund Anfang Juli vorliege, dann werde es umfassende Diskussionen mit der Stadtverwaltung geben. „Auch das wird aber Zeit in Anspruch nehmen, bis klar ist, was mit dem Gebäude passiert.“
Dass nun bereits seit einem Jahr die diversen Mängel der Schule geprüft werden und keine Informationen dazu an die Öffentlichkeit dringen, sorgt für Spekulationen. Der ehemalige Lehrer des Kinkplatzes und frühere grüne Bezirksrat Wolfgang Krisch zeigt sich besorgt. Der geplante Schulcampus in der Deutschordenstraße sei ein Indiz dafür, dass die Schule am Kinkplatz abgerissen werde, so Krisch. „Die teuerste je gebaute Schule Wiens (24 Millionen Euro) wird nach 22 Jahren Bestand abgerissen, nachdem seit nun fast einem Jahr die Sanierbarkeit geprüft aber das Ergebnis nicht verraten wird“, so Krisch. Er geht davon aus, dass die beiden Schulen am Kinkplatz – derzeit im Containerquartier Torricelligasse – zu einer Ganztagsschule in der Deutschordenstraße zusammengelegt werden. „Ferner wird es in Penzing keinen, seit Jahrzehnten dringend nötigen, neuen AHS-Standort geben, obwohl nirgendwo in Wien mehr AHS-Plätze fehlen“, betont der ehemalige grüne Bezirksrat. Zum beispiellosen Bauskandal um das abbruchreife Schulgebäude komme, so Krisch, noch das gänzliche Fehlen von Information.
Kinkplatz: "Der Schulstandort bleibt"
Die MA 56 dementiert. Hier geht man jedenfalls davon aus, dass der Schulstandort erhalten bleibt. „Die Stadt ist in ständigem Wachstun, wir können uns keine Standortverlust leisten“, so Timmelmayer. Auch in der Bezirksvorstehung zeigt man sich überzeugt davon, dass der Standort Kinkplatz für eine Schule erhalten bleibt. Man erwarte den endgültigen Bericht der MA 56 im Herbst. Alles, was man aktuell dazu sagen könne, sei, dass sich die Schüler am Ersatzstandort Toricelligasse sehr wohl fühlen.
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