Einfach zum Nachdenken
Ein berührender Weihnachtsgruß von unerwarteter Seite

- Munjid Ali mit Livia und Lorenz, meinen Kindern.
- hochgeladen von Eckhart Herbe
"Wir sehen uns nicht so oft, lesen uns dafür manchmal. Aber du musst sicher sein, dass du schon einen Platz in meinem Herzen hast. Ich wünsche dir frohe Weihnachten und happy new year!"
Ich schäme mich nicht, es zuzugeben: diese SMS- Nachricht hat mich zutiefst gerührt, mir eine Träne ins Auge getrieben und mich zu einem spontan verfassten Text veranlasst.
Diese besonderen Weihnachtswünsche habe ich vor wenigen Minuten von Munjid Ali erhalten. Von einem Iraker, einem sunnitischen Muslim, einem Flüchtling, dessen Geschichte ich im Sommer 2017 hier erzählt habe. Anfang Dezember vorigen Jahres trafen wir wieder zusammen. Um mit Munjid zu trauern und ihn zu trösten, bei einer improvisierten Gedenkfeier im Johann Gruber Pfarrheim in St. Georgen an der Gusen. Wo wir mit anderen muslimischen Flüchtlingen und christlichen Bürgern aus dem Ort gemeinsam seines Vaters gedachten, eines politischen Häftlings und früheren Bürgermeisters von Munjids Heimatstadt. Er war in einem irakischen Gefängnis ermordet worden. Sein Sohn konnte ihn nicht begraben, ihm nicht einmal die letzte Ehre erweisen - daheim droht ihm ein ähnliches Schicksal.
Munjid lebt seit über drei Jahren im Ort, ein liebenswerter Mensch, spricht fast perfekt deutsch und ist fixer Bestandteil im Gemeindeleben, der durch Hilfsbereitschaft und Freundlichkeit auffällt. Egal, ob er beim Roten Kreuz mithilft, Seminare für Jugendliche hält oder bei den KZ-Gedenkfeiern fotografiert. Ein Mensch, den man sich als Nachbarn wünscht.
Der aber selbst noch immer auf jene Barmherzigkeit und Gnade von staatlicher Seite wartet, die wir gerade zu Weihnachten als Christen so gerne beschwören und im Alltag so gerne vergessen. Wo christlich und sozial bei uns ebenso wie in ganz Europa zwar in vielen Parteinamen, aber nicht mehr in den Herzen vieler Mitglieder zuhause ist. Wo auch bei uns all zu viele zwar gerührt eine Träne beim Krippenspiel im Kindergarten zerdrücken, gleichzeitig aber jenen applaudieren, die Hilfesuchenden bei der Herbergsuche nicht nur die Tür vor der Nase zuknallen, sondern diese auch noch als Zielscheibe für Hass, als Werkzeug für Angstparolen, als erbärmliche Quelle politischen Kleingelds missbrauchen.
"Was ihr dem geringsten meiner Brüder getan habt, das hab ihr mir getan", wird jener Mann, dessen Geburt im Stall zu Betlehem wir heute feiern, Jahre später einmal sagen. Mein Wunsch an die Welt: erinnern wir uns täglich an diese Worte. Auch für Munjid.
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