Thema Gewalt aus der Tabuzone holen

PERG (up). "20 Prozent aller Frauen, die in Beziehungen leben, sind von Gewalt betroffen. Wir wollen das Thema aus der Tabuzone holen. Es ist kein individuelles, sondern ein gesellschaftliches Problem", weiß Gabi Schauer, Leiterin der Frauenberatung Perg. Sie unterstützt immer wieder Frauen, die Opfer von Gewalt wurden. "Sie fühlen sich oft auch noch schuldig daran, meinen, sie hätten den Mann provoziert oder sonst etwas falsch gemacht", sagt Schauer. Nur wenige Frauen würden Schutzeinrichtungen aufsuchen. Das Umfeld spiele hier eine entscheidende Rolle, meint Schauers Kollegin Heidi Wabro: "Verwandte und Freunde können unterstützend wirken, aber auch das Gegenteil bewirken mit Aussagen wie 'Ärger ihn nicht' oder 'Denk doch an die Kinder'."

Warum schlägst du sie?
Anstatt zu fragen "Warum bleibst du bei ihm?" sollte es heißen "Warum schlägst du sie?". "Damit wäre die Verantwortung dort, wo sie hingehört, nämlich beim Täter", so Wabro. 22 Betretungsverbote pro Tag verhängte die Polizei in Österreich 2013. Im Vorjahr wurden im Bezirk Perg 41 Betretungsverbote ausgesprochen. "Es gibt eine hohe Dunkelziffer. Viele Frauen rufen die Polizei gar nicht. Das ist meist die allerletzte Maßnahme, da muss vorher schon viel passiert sein", sagt Schauer und fordert eine verpflichtende Beratung für Männer nach einer Wegweisung. Der Kreislauf der Gewalt beginnt laut Schauer verbal: "Mit Beschimpfungen, Abwertungen, Bedrohungen. Das ist der unsichtbare Bereich. Dafür braucht es noch mehr Sensibilisierung. Charakteristisch an häuslicher Gewalt ist, dass es nicht bei einer einzelnen Tat bleibt. Die Abstände werden kürzer, die Schwere nimmt zu." Ohne Hilfe von außen sei diese Spirale nicht zu durchbrechen. Christina Kastner, Volkshilfe Sozialberatung, weiß aus der Praxis: "Es gibt leider viele Frauen, die den Ausstieg nicht schaffen. Oft sind die Existenzängste so groß, dass sie sich nicht trauen, zu gehen."

Beratung und Unterstützung für Betroffene in Gewaltsituationen:

In akuten Notsituationen: Polizeinotruf 133
Frauenhelpline gegen Gewalt 0800/222555
Frauenhaus Linz,
Telefon 0732/606700,
www.frauenhaus-linz.at
Gewaltschutzzentrum OÖ, Tel. 0732/607760,
www.gewaltschutzzentrum.at
Autonomes Frauenzentrum Linz, Tel 0732/602200,
www.frauenzentrum.at
Frauenberatung Perg,
Telefon 07262/54484,
www.frauenberatung-perg.at, Dr. Schober-Straße 23 (1. Stock), Montag, Dienstag, Mittwoch: 9 bis 14 Uhr, Donnerstag 13 bis 18 Uhr, sowie nach telefonischer oder persönlicher Vereinbarung. Kostenlos, anonym und vertraulich.
Männerberatung des Landes Oberösterreich, Tel. 0732/603800, www.maennerberatung-ooe.at

Anlässlich der „16 Tage gegen Gewalt an Frauen“

lädt die Frauenberatung Perg gemeinsam mit der Volkshilfe und der Volkshilfe Flüchtlings-Migrantenbetreuung zu kostenlosen Veranstaltungen ein.

Film „Martas Koffer“
Der Film nähert sich der Problematik der häuslichen Gewalt nicht nur durch die Perspektive des Opfers, sondern auch durch die des Täters. Im Anschluss an den Film gibt es noch Zeit für Fragen und für Diskussionen. Gezeigt wird "Martas Koffer" am Donnerstag, 3. Dezember, um 18 Uhr in der Frauenberatung Perg.

Geschichten "Auf der Flucht"
Asylwerber aus dem Bezirk haben ihre persönlichen Geschichten von ihrer Flucht niedergeschrieben. Interessierte können diese am Donnerstag, 10. Dezember, von 17 bis 20 Uhr in englischer und deutscher Sprache nachlesen. Dr. Schober-Straße 6, Eingang Spar-Parkplatz, grüne Haustüre.