Pielachtaler „Kardinal König-Gespräch“ zur Zukunft der Seelsorge: Es braucht Glaubensvorbilder

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RABENSTEIN (red). Das renommierte "Kardinal König-Gespräch 2016" hatte heuer die Zukunft der Seelsorge zum Thema. Der Titel der Veranstaltung, die am 27. und 28. August in Rabenstein/Pielach stattfand, lautete: „Unsere Pfarrgemeinden: bisher. Und morgen? - Unsere beiden Pfarrer erzählen und ein Theologe fragt nach“. Ausgehend von den Pfarrern im Pielachtal skizierten der renommierte Wiener Pastoraltheologe Prof. Paul Zulehner und die Präsidentin der Katholischen Aktion Österreichs, Gerda Schaffelhofer, die Veränderungen, Chancen und Schwierigkeiten der Seelsorge an der Basis. Dies wurde mit Blick auf weniger Priester und Überlegungen zu neuen Seelsorgeräumen diskutiert, was auf großes Interesse stieß.

Pastoraltheologe: Weniger, aber entschiedenere Christen

Prof. Zulehner erinnerte daran, dass die Menschen heute frei wählen könnten und müssten wie und ob sie sich in der Kirche engagieren oder Gottesdiensten mitfeiern. „Wir werden künftig mehr Menschen haben, die sich frei für die Kirche entscheiden, aber weniger Katholiken insgesamt“, so der Religionssoziologe. Es brauche sowohl Solidarität als auch Spiritualität für die Zukunft der Seelsorge. Dies bedeute etwa konkret, „bei Gott eintauchen und bei der Hilfe für Flüchtlinge auftauchen“. Weiters brauche es christliche Zeugen, die glaubwürdig sind. Vorbilder seien auf globaler Ebene etwa Papst Franziskus oder Mutter Teresa, die demnächst heiliggesprochen wird. Der Theologe stellte aber auch an alle Christen die Frage: „Sind wir glaubwürdige Zeugen des Evangeliums? Verteidigen wir etwa die Botschaft am Stammtisch?“ Zulehner rechnet mit einer neuen Gestalt der Kirche in der Zukunft. Das bedeute unter anderem, dass die Kirche „zu den Rändern der Gesellschaft“ gehe, wie es auch Papst Franziskus fordere. Weiters sei die Kirche künftig wohl finanziell ärmer, gläubiger und er sprach die „Eucharistie-Fähigkeit“ der Gemeinden an.

Jede Gemeinschaft beginnt mit Vision

Nicht die Arbeit an den Strukturen würden die Kirchen retten, sondern die Anziehungskraft des Evangeliums. Die Frage sei, wie Pfarren auch künftig lebendig bleiben könnten und wann die Pfarren lebendig seien. Organisationen hätten Lebensbögen, daran könne sich auch die Pfarre messen. Jede Gemeinschaft beginne mit einer Vision. Er empfahl einen einfachen Trick aus dem Judentum? Mitglieder von Pfarren sollten auf einem Bein stehend in einem Satz sagen, was die Vision Jesu war und dann davon einander erzählen. Was war die Vision Jesu von seiner Bewegung? Jesu Vision war, dass der Mensch so aufblühen kann, so wie ihn Gott ihn gedacht hat. Dann stecke das Evangelium an und die Kirche müsse so leben, dass das Evangelium für andere attraktiv werde. Man müsse in Gott eintauchen und bei den Menschen auftauchen, das sei die Jünger-Bewegung, die von der Vision Jesu bewegt gewesen sei.

KA-Präsidentin Schaffelhofer: für offene, barmherzige, dialogfähige Kirche

Gerda Schaffelhofer, Präsidentin der Katholischen Aktion Österreichs (KA), betonte, dass „alle Getauften Kirche sind“. Sie wolle eine Kirche, die offen, dialogfähig, barmherzig und solidarisch ist. Kirche dürfe sich nicht abschotten, müsse Ängste ablegen und müsse auf die Menschen zugehen. Kirche solle sich nicht vor den Herausforderungen verstecken. Ganz besonders gelte das für die derzeitige Migrations- und Flüchtlingsthematik. Die Solidarität mit den Opfern sei ein Programm für das Christsein des 3. Jahrtausends. Die biblische Frage „Wer ist mein Nächster?“ sei wichtig, um sich nach unseren Wurzeln zu besinnen. Christen sollten sich bewusst sein, „Teil einer dienenden Kirche zu sein statt in einer mächtigen“. Schaffelhofer betonte die Bedeutung der Kenntnis der eigenen Wurzeln und Religion. Sie erinnerte an die Aussage der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel, die in Bezug auf den Islam sagte: „Haben wir doch den Mut, zu sagen, dass wir Christen sind. Haben wir doch den Mut, dass wir da in einen Dialog treten“. Und weiter: "Haben wir aber auch bitte schön die Tradition, mal wieder in einen Gottesdienst zu gehen oder ein bisschen bibelfest zu sein." Die KA-Präsidentin meinte weiters, es brauche für eine zukunftsorientierte Kirche Begegnungen mit Fremden. Außerdem empfahl sie der Kirche eine neue „Pastoral der Barmherzigkeit“. Es gebe viele Menschen, die gescheitert oder in Schwierigkeiten seien. Diese dürfe die Kirche nie alleine lassen. Papst Franziskus setze hier immer wieder beeindruckende Zeichen, etwa bei seinem Besuch zuletzt bei ehemaligen Prostituierten.

Kirchberger Pfarrer liebt „buntes Leben in der Pfarre“

Der Pfarrer von Kirchberg August Blazic erzählte von seinem Werdegang als Priester. Der bald 70-Jährige berichtete von seiner Berufungsgeschichte, von der Aufbruchsstimmung in der Kirche nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil und viele, die ihn auf seinem Lebensweg ermutigt haben. Eines dieser Vorbilder sei Kardinal Franz König gewesen. Die Theologie vom Volk Gottes, die Öffnung zur Ökumene sowie die begeisterten Jugendgottesdienste habe er als inspirierend angesehen. Später habe er auch Grenzen gesehen: Persönliche, wenn man mit schwierigen Themen im Beichtstuhl oder von Kranken konfrontiert wurde. Oder später auf kirchlicher Ebene als das Interesse an Kirche nachließ und innerkirchlichen Auseinandersetzungen mehr wurden. Der Pfarrer nahm sich vor einigen Jahren selbst eine Auszeit, weil er bemerkte, dass das Glaubensleben in seiner Gemeinde zunehmend verflachte. Danach habe er die Freude am Beruf wiedergefunden, weil er das „bunte Leben in der Pfarre liebt“. Zentral sei für ihn immer eine Kirche gewesen, die für die Menschen da ist. Für viele sei die Kirche heute zwar unglaubwürdiger geworden, gleichzeitig seien sie viel selbstständiger in ihrem Engagement in den Pfarren geworden, das Selbstbewusstsein der Katholiken sei also gewachsen. Er stelle für sich fest, dass es der richtige Lebensweg gewesen sei.

Rabensteiner Pfarrer: Zeitmanagement bei mehreren Pfarren wichtig

Aus der Sicht eines Pfarrers, der eine Generation jünger ist, erzählte der Pfarrer von Rabenstein, Leonhard Obex. Das Brauchtum in seiner damaligen Heimat Tirol hätte ihn inspiriert, an den Heiligen Messen habe er als Kind aber eher selten teilgenommen. Nach und nach entdeckte er seine Berufung zum Priester. Trotz aller Widerstände aus seiner Familie habe er sich zu diesem Weg entschlossen, mittlerweile habe diese seinen Weg auch akzeptiert. Als er einst das erste Mal ins Stift Göttweig gekommen ist, sei für ihn klar gewesen: „Hier gehöre ich her.“ Die praktische Seelsorge habe er im Theologie-Studium kaum vermittelt bekommen, vielmehr kam alles durch „Learning by doing“. Die Pielachter hätten ihm den Einstieg den Einstieg als Pfarrer sehr leicht gemacht. Eines erfuhr er trotzdem: Beziehung brauche Zeit, Freundschaften müssten wachsen. Es brauche eine gewisse Stabilität, damit Beziehung und Vertrauen zu den Menschen aufgebaut werden und wachsen können. Als Priester sei man jedenfalls für die Menschen da. Unabdinglich wären verlässliche Mitarbeiter/innen, von denen es noch viele gebe, die ehrenamtlich arbeiten. Alleine in seiner Pfarre seien es 200. Es gelte eine Auswahl zu treffen, um mehrere Pfarren gleichzeitig betreuen zu können: Trösten, Helfen, Aufrichten, Beten, Gottesdienste Feiern, Sakramente spenden wären zentral. Sitzungen und Ehrungen seien für ihn dagegen nicht so primär, so schaffe er Zeit für sich, für Gott und für andere. Er habe noch immer Freude an Berufung, die Liebe zu Jesus brenne weiter in ihm, er feiere noch immer gerne die Messe mit und für die Menschen.

In Vertretung von Landeshauptmann Erwin Pröll meinte der niederösterreichische Landtagsabgeordnete Martin Michalitsch, dass gerade in Zeiten großer Herausforderungen „Menschen mit Haltung“ gesucht würden. So ein Mensch sei Kardinal König gewesen, der viele geprägt habe. In diesem Sinne seien die Kardinal König-Gespräche im Pielachtal von großer Bedeutung.

Kardinal König-Gespräche seit 2008

Am Sonntag, 28. August, wurde das "Kardinal-König-Gespräch" mit einem Festgottesdienst in der Andreaskirche, auf einem Hügel zwischen Rabenstein und Kirchberg gelegen, abgeschlossen. Die in Sichtweite des Geburtshauses von Franz König und seines Schulweges gelegene gotische Kirche ("Gotteshaus ohne Turm und Dorf"), war nach der Renovierung von Kardinal König, dem "großen Sohn des Pielachtales", am 31. August 1986, also vor mittlerweile 30 Jahren, neu geweiht worden.

Seit 2008 sind die Pielachtal-Gemeinden Rabenstein und Kirchberg abwechselnd Schauplatz des Treffens. Mitveranstalter der Gespräche ist der Verein "Kardinal König - Glaube und Heimat im Pielachtal". Kardinal Franz König wurde am 3. August 1905 im Rabensteiner Ortsteil Warth geboren und am 5. August in der Rabensteiner Pfarrkirche getauft. Er besuchte die Volksschule in Kirchberg an der Pielach, von wo aus ihn sein Weg in die Weltkirche führte. Am 13. März 2004 verstarb der Kardinal in Wien.

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