100 Jahre Republik Österreich - Piesendorf
Die schwierige Zeit nach dem 1. Weltkrieg wurde von einem besonderen Mediziner mitgetragen: Dr. Theodor Herz.
PIESENDORF (vor). Auch Piesendorf war, wie fast alle Pinzgauer Gemeinden, nach dem 1. Weltkrieg geprägt vom Zusammenbruch der Monarchie und der Ausrufung der Republik. Bürgermeister waren Andre Müllauer, Hacksteinbauer (1909 - 1919), Georg Huber, Kaufmann (1919 - 1925) und Johann Kapeller, Mitterbürglbauer (1925 - 1938). Die schwierigen Zeiten, die im Heimatbuch von Max Effenberger anschaulich dargestellt sind, fielen auch in die Amtszeit des damaligen Gemeindesekretärs Franz Auer (1914 - 1929).
Dramatische Inflation
Seine Arbeit war besonders erschwert durch den Ersten Weltkrieg und danach durch den Wechsel der Staatsform. Da musste in mancher Hinsicht in der Gemeindeverwaltung improvisiert werden - ganz abgesehen davon, dass auch in der Gesetzgebung selbst eine gewisse Unsicherheit gegeben war. Die harten Kriegsjahre und die rasche Geldentwertung beeinflussten massiv das Leben im Dorf. Gemeindesekretär Auer wusste aus eigener Erfahrung den Wert der alten Kronenwährung zu schätzen: Vor dem Krieg bekam man für eine Krone noch ein nahezu fürstliches Mittagessen, um das Jahr 1923 musste man schon beim Kauf einer Semmel mit vierstelligen Summen rechnen. Aufgrund der galoppierenden Inflation wurden die Gehälter drei Mal monatlich ausbezahlt - die Kaufkraft änderte sich oft dramatisch über Nacht.
Arzt mit Herz
Erst nach der Jahrhundertwende gab es in Piesendorf eine reguläre ärztliche Versorgung. Ältere Menschen in Piesendorf erinnern sich noch heute an das Können, besonders aber an die Menschlichkeit des ersten Arztes: Dr. Theodor Herz. Er wurde 1892 in Wien als Sohn jüdischer Eltern geboren, von 1919 - er war erst 27 Jahre alt - bis 1938 wirkte er als praktischer Arzt in Piesendorf. Herz war weitum bekannt und gesucht, vor allem bei Fußkrankheiten. Noch mehr gerühmt wurde aber seine menschliche Güte, behandelte er doch viele Menschen ohne jedes Honorar, denn in dieser Zeit hatten ja die Hilfesuchenden kaum Geld. Diese menschliche Größe veranlasste sogar den damaligen Kreisleiter der NSDAP, Sepp Kastner aus Zell am See, seine schützende Hand über den "nichtarischen" Arzt zu halten. Theodor Herz wanderte später nach Argentinien aus.
Und: Brandstiftungen durch Feuerteufel
Keine Gemeinde wurde in der Vergangenheit so oft von Bränden heimgesucht wie Piesendorf. Im Jahr 1920 gab es eine richtige Brandepidemie: Am 6. März fing das Stallgebäude des Entfellnbauern Feuer, am 6. April der Stall beim Fürther Moar, schließlich der des Jetzbachbauern, wo man das Feuer löschen konnte, und am 27. April beim Bamer in Wengerberg. Dort verlor die Witwe Maria Dürlinger Haus und Stall mit der ganzen Einrichtung und einiges Vieh. Der Brand war in der Streulage gelegt worden. Begreiflicherweise war die Bevölkerung schwer beunruhigt. Am 16. Mai brannte die Brechlhütte des Fürsten Liechtenstein in Aufhausen ab - spielende Kinder hatten den Brand verursacht.
Am 23. September begann das Hofgebäude des Saladerwirtes im Dorf zu brennen. Am 6. Oktober brach beim Dietlbauern in Hummersdorf im Stall durch Brandlegung ein Feuer aus, das Haus und Stall mit der gesamten Einrichtung vernichtete. Dabei wurden wertvolle alte Möbel und Einrichtungsgegenstände zerstört. Von den Tätern fehlte jede Spur, der Sicherheitsdienst hatte versagt. Die Bevölkerung wurde immer aufgebrachter, weil die Brandstiftungen kein Ende nahmen. Die Angst ging um, es war eine wahre Schreckenszeit. 1921 brannte Hoch-Maurach, 1922 die Tischlerwerkstatt im Schmiedhaus, 1923 das Frachtenmagazin auf dem Bahnhof, ausgelöst durch Funkenflug, 1928 das Oberleitengut von Alois Bründl.
Es gab zwar in dieser Zeit schon eine Feuerwehr, die 1898 gegründet worden war, doch erst im Jahr 1929 konnte die erste Motorspritze mit 18 PS erworben werden.
HIER ein kleiner Artikel über den Piesendorfer Chronisten Gerhard Bayer; er war unser Ansprechpartner für den obigen Bericht.
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