Menschen zu sich führen
Die Künstlerin, die auf der ganzen Welt daheim ist
"Was einen Menschen anziehend macht, muss vor den Vorhang", meint Sigrid Tschiedl, und zeigt Wege dazu.
ZELL AM SEE. Was bringt eine Künstlerin, die auf der ganzen Welt daheim ist, dazu, im Pinzgau zu wohnen? "Ganz einfach", lacht Sigrid Tschiedl, "wir leben hier, weil mein Mann (Dietmar Hufnagl, Anm. d. Red.) hier einen fixen Job hat." Die gebürtige St. Pöltnerin studierte in Wien Musiktheaterregie und lernte danach das Handwerk "von der Pike auf", wie sie sagt. Zehn Jahre lang war sie als Regieassistentin in zahlreichen Ländern unterwegs. Seit 2007 ist sie selbständig, inszeniert, produziert und reist. Was fasziniert sie an ihrem Beruf? "Ich möchte die Menschen unterhalten - mit Herz, Hirn und Humor - , Geschichten erzählen und berühren. Mit Musik geht das wunderbar! Je weniger Vorbereitung das Publikum dazu braucht, desto besser." Ist die Oper nicht für den Durchschnittsbürger etwas schwere Kost? "Nein, auch in der ,Hochkultur' ist viel Humor versteckt. Ich bringe die Leute gern zum Lachen - ich hab' auch ein paar Jahre selber Kabarett gespielt - und finde, dass man vieles auf neue Weise und maximal aussagekräftig auch für unsere Zeit auf die Bühne bringen kann."
Lieblingskind Operette
"Ich bin ein bisschen der Operette verfallen", gesteht die Regisseurin. "Nächstes Jahr darf ich die ,Fledermaus' in Solothurn machen, eine große opulente Inszenierung mit Sängern der Wiener Volksoper. Darauf freue ich mich schon sehr. Der Große singt daheim schon die ganze Zeit die Melodien." Ganz nebenbei erfährt man also, dass Tschiedl Mutter von drei Buben im Alter von 8, 6 und 2 Jahren ist. Wie sie das alles unter einen Hut bringt? "Man muss schon gut organisieren - und die Kinder sind auch bei Vielem einfach dabei. Sie lernen, mit verschiedenen Menschen und Situationen umzugehen, und finden das auch selber spannend. Solange ich sie ,spüre', ist alles in Ordnung."
"InsideOut Communication"
Neben der Regiearbeit, ihrer eigentlichen Berufung ("Ich wollte schon immer mitmachen und aufführen, zuschauen ist gar nix für mich"), hat die Wahlpinzgauerin noch einen zweiten Beruf, der die Kunst der Inszenierung auf einer anderen Ebene vermittelt: Sie bietet Trainings für Körpersprache und Präsentation an. "Ich möchte den Menschen den Rücken stärken, damit sie sich und ihre Botschaft möglichst authentisch und effizient 'über die Rampe bringen' können. Das ist ähnlich wie beim Theater." Das Innere nach Außen bringen: "Vom 'Pokerface' halte ich gar nichts. Je mehr ein Mensch aus sich herausgeht und sich ganz individuell ausdrückt, desto besser kann er verstanden werden, und desto intensiver ist auch wirkliche Begegnung möglich."
Oper im Wohnzimmer
Ein aktuelles musikalisches Projekt von Tschiedl ist die "Wiener Wohnzimmeroper", die sie gerade erfolgreich für Schweden adaptiert hat. Klassische Opern wie Pergolesis "La serva padrona" werden "im Wohnzimmer" aufgeführt: in minimaler musikalischer Besetzung - ein Klavier, zwei Geigen, je nach Platz auch mehr - und mit der Einrichtung des Raumes als Bühnenbild. "Der Kontakt zum Publikum ist dabei ganz unmittelbar", freut sich die Regisseurin, "und die Inszenierung kann in jedes beliebige ,Wohnzimmer' übertragen werden." Die Produktion wurde auch erfolgreich beim "Fest zur Festspieleröffnung" in Salzburg gezeigt. Alles Gute für neue musikalische Entdeckungsreisen!
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