Leserbrief
Lehrerin bezieht zu "Corona-Ferien" Stellung

Die Pädagogin schildert ihre Erfahrungen des Unterrichts während der Corona-Zeit.  | Foto: BB-Archiv (Symbolbild)
  • Die Pädagogin schildert ihre Erfahrungen des Unterrichts während der Corona-Zeit.
  • Foto: BB-Archiv (Symbolbild)
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Der folgende Leserbrief erreichte uns von einer Lehrerin am Gymnasium St. Rupert in Bischofshofen.

Gleich vorweg: Ja, ich bin Lehrerin. Und nein, ich möchte nicht jammern. (Denn dafür übe ich meinen Beruf viel zu gerne aus!) Ich möchte hier nur ein paar Fakten festhalten und persönliche Eindrücke zum Schulleben in Zeiten von Corona darlegen:

Veränderte Lehrmethoden von heute auf morgen

Am 16.3.2020 sind die Lehr- und Lernmethoden von heute auf morgen andere geworden. Was bisher nur alternativ eingesetzt worden ist, ist mittlerweile seit mehreren Wochen die alleinige Methode: „Distance-Learning“ von zu Hause aus. Die SchülerInnen-LehrerInnen-Kommunikation findet nun ausschließlich auf unterschiedlichen Wegen online (via Schreiben, Lesen, Hören, Sehen) statt. „Homeschooling“, für manche SchülerInnen, LehrerInnen (und Eltern!) ein Sprung ins kalte Wasser, für manche ein Befahren längst bekannter Gewässer, für die einen interessant, für die anderen sehr herausfordernd, für manche spannend, für manche kaum zu bewältigen, für die einen kurzweilig, für die anderen eintönig, für manche zu viel, für manche zu wenig, ...

Es kann viel Positives entstehen

Fest steht: Wir alle haben dabei, wenn auch sehr unerwartet und unfreiwillig, neben dem "Stoff" viel "fürs Leben" gelernt – und lernen dabei tagtäglich Neues dazu: vielfältige Nutzungsmöglichkeiten digitaler Medien, Organisationsfähigkeit, Zeitmanagement, Work(School)-Life-Balance und vieles mehr. Ich habe den Eindruck, wenn alle Beteiligten – LehrerInnen, SchülerInnen und Eltern – als Team einander dabei helfen und motivieren, dann kann durchaus viel Positives entstehen.

Neue und vielseitige Herausforderung

Trotzdem möchte ich an dieser Stelle in Erinnerung rufen: Der persönliche Lehrer-Schüler-Kontakt kann durch nichts ersetzt werden! Und an alle „Wann startet endlich wieder die 'richtige' Schule?“-Frager: Glauben Sie mir, wir LehrerInnen hätten auch viel lieber "normalen" Unterricht! Und an alle „Jetzt haben die faulen Lehrer schon wieder Ferien"-Sager: Nein, viele von uns, v.a. die, die korrekturintensive Fächer unterrichten, verbringen jetzt jede Woche 40-60 Stunden damit, die Werke der SchülerInnen online (rund um die Uhr) entgegenzunehmen, im passenden Ordner abzuspeichern, auf Punkt und Beistrich (in Deutsch zumindest) zu korrigieren, zu kommentieren, die Leistung in den eigenen Aufzeichnungen festzuhalten und schlussendlich das Werk mit ein paar aufmunternden persönlichen Worten wieder dem Schüler/der Schülerin zukommen zu lassen. Dazwischen werden Schülerfragen, die per Mail hereinkommen, beantwortet und neue (wenn möglich, abwechslungsreiche und interessante) Aufgaben am PC erstellt. Das alles will bei 120 SchülerInnen (4 Oberstufen-/inkl. Matura- und 2 Unterstufenklassen), die ich z.B. an einer AHS im Pongau unterrichte) gut organisiert sein. Die Erwartungen, Ansprüche, Fragen, Leistungen könnten unterschiedlicher nicht sein! Und dabei habe ich das Glück, alle SchülerInnen online zu erreichen und zur Teilnahme an dieser neuen Lernart bewegen zu können. Manche von ihnen benötigen dazu mehr, manche weniger (Fremd-)Energie.

Gemeinsam fördern und fordern

An dieser Stelle ein großes Lob an die Bereitschaft der SchülerInnen – und auch vieler Eltern, die ihre Kinder, so gut sie können, dabei unterstützen – sich diesen für uns alle neuen Herausforderungen zu stellen, denn gemeinsam kann man unheimlich viel schaffen! Und das motiviert dazu, auch in Zukunft daran festzuhalten, dass man sich und andere nur dann fördern kann, wenn man sich und andere auch fordert. Mein Appell an alle SchülerInnen, LehrerInnen und Eltern lautet somit: Stellen wir uns gemeinsam den Herausforderungen, die das (Schul-)Leben – ob mit oder ohne Corona – tagtäglich mit sich bringt!

Würde mein Bestes geben

Und wenn jemand trotz der Tatsache, dass die meisten SchülerInnen und LehrerInnen – und auch Eltern – momentan ihr Bestes geben,  immer noch meint: „Im Juli und August sollen die LehrerInnen, die ja jetzt ohnehin alle Corona-Ferien haben, in die Schule gehen!", dann frage ich mich zwar: „Wozu mache ich das alles jetzt?", aber auch dann würde ich – in meinen Sommerferien – mein Bestes geben, wenngleich ich nicht verstehen würde, wenn es hieße: „Natürlich nur die Hauptfächer! Und natürlich für die SchülerInnen nur auf freiwilliger Basis!" – Denn wenn Deutsch, Mathematik, Englisch & Co. mit Abstandhalten (in Kleingruppen) möglich ist, warum dann nicht auch z.B. Sport (Es gibt auch gesunde Bewegungsaufgaben ohne Körperkontakt.), Musik (Man kann auch in zwei Meter Entfernung gemeinsam musizieren.) und Werken/Bildnerische Erziehung (Auch hier lässt sich mit Sicherheitsabstand etwas schaffen.), denn es wäre schade, wenn diese und andere die Gesundheit, Kreativität und individuellen Begabungen fördernden Fächer gerade jetzt, in einer Zeit, in der sehr viele von uns gezwungenermaßen sehr viele Stunden vor dem Bildschirm sitzen, keinen Platz im (Schul-)Leben hätten. Seien wir also gemeinsam kreativ und halten wir mit gegenseitiger Wertschätzung der Leistungen, die wir alle Tag für Tag vollbringen, durch!

Mag. Sabine Kahlfuss
St. Martin am Tennengebirge
Professorin für Deutsch und Psychologie/Philosophie am MPG St. Rupert in Bischofshofen

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