"Frieden kann es nur mit einem gemeinsamen Europa geben"

Franz Schausberger, Salzburgs ehemaliger Landeshauptmann, Franz Schausberger, Vizepräsident der Europäischen Volkspartei (EVP) im Ausschuss der Regionen. | Foto: Franz Neumayr
  • Franz Schausberger, Salzburgs ehemaliger Landeshauptmann, Franz Schausberger, Vizepräsident der Europäischen Volkspartei (EVP) im Ausschuss der Regionen.
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Herr Schausberger, was ist der Ausschuss der Regionen der EU?
FRANZ SCHAUSBERGER: Der Europäische Ausschuss der Regionen (AdR) ist eine beratende Einrichtung der EU, die sich aus 350 lokal und regional gewählten Vertretern aller 28 Mitgliedsländer zusammensetzt. Über den AdR haben die Regionen und Städte in der EU ein förmliches Mitspracherecht bei der europäischen Gesetzgebung. Die Europäische Kommission und der Rat der EU müssen den AdR anhören, wenn sie Rechtsvorschriften planen, die sich direkt auf ihre Regionen und Städte auswirken, zum Beispiel im Bereich Gesundheit, Bildung, Beschäftigung, Sozialpolitik, wirtschaftlicher und sozialer Zusammenhalt, Verkehr, Energie und Klimawandel. Der AdR erarbeitet dann dazu eine Stellungnahme aus der Sicht der Regionen und Kommunen, er wird aber auch von sich aus aktiv.

Was tut der Ausschuss der Regionen für die Salzburger?
FRANZ SCHAUSBERGER:
Der AdR kämpft z.B. derzeit darum, dass die Mittel für die Regionalförderung (Kohäsion) für die Periode ab 2020 nicht gekürzt werden und, dass auch in Zukunft nicht nur die ganz armen Regionen in Europa, sondern alle Regionen Fördermittel wie bisher erhalten können. Wenn uns das gelingt, werden auch in Zukunft regionale und kommunale Projekte im Land Salzburg EU-Förderungen erhalten können. Wenn nicht, werden sie gekürzt oder es wird sie gar nicht mehr geben. Darüber hinaus versuchen wir – gemeinsam mit anderen Regionen – Gesetzesvorhaben der EU zu verhindern, die den Interessen Salzburgs widersprechen.

Seit wann gibt es den Ausschuss der Regionen?
FRANZ SCHAUSBERGER: Seit 1994. Seither ist er immer mehr gestärkt und ausgebaut worden.

Welche Funktion haben Sie persönlich inne?
FRANZ SCHAUSBERGER:
Mein Schwerpunkt liegt seit Jahren bei der Außen- und Erweiterungspolitik der EU. Ich bin Vorsitzender der Arbeitsgruppe „Westbalkan“. Nachdem diese Länder die nächsten sind, die einen EU-Beitritt anstreben, ist dies eine wichtige Aufgabe. Die zweite Vertreterin Salzburgs, Frau Landtagspräsidentin Brigitta Pallauf, ist in der Fachkommission für Sozialpolitik, Bildung, Beschäftigung, Forschung und Kultur und im Bereich Makroregion Alpen aktiv.

Welche konkreten Interessen vertreten Sie für Salzburg?
FRANZ SCHAUSBERGER:
Ich versuche, die Kontakte zwischen Salzburg und den Erweiterungsländern zu intensivieren und dazu beizutragen, dass etwa die Salzburger Wirtschaft ihre Chancen in Ost- und Südosteuropa besser nützen kann. Ebenso setze ich mich intensiv für die Verstärkung der Beziehungen Salzburgs zu diesen Ländern in den Bereichen Kultur, Bildung und Tourismus ein. Da gibt es gerade für Salzburg noch viele Chancen.

Können die Salzburger direkt Einfluss auf den Ausschuss der Regionen und damit auf „die EU“ nehmen?
FRANZ SCHAUSBERGER:
 Natürlich stehen die Mitglieder des Ausschusses der Regionen für Anliegen und Anregungen aber auch für Unterstützung bei den EU-Behörden zur Verfügung, so wie auch unsere Abgeordneten zum Europaparlament. Bei rund 500 Millionen EU-Bürgerinnen und Bürger ist natürlich eine direkte Einflussnahme auf „die EU“ nur schwer möglich. Regionale und lokale Behörden, Verbände, NGOs, Fachleute und Wissenschaftler können sich über das Internet an Umfragen, Konsultationen und Veranstaltungen des AdR beteiligen. Der Wettbewerb „Europäische Unternehmerregion“ steht allen Regionen offen. Der AdR hat verschiedene Netze eingerichtet, die es allen EU-Regionen und -Städten ermöglichen, die besten Verwaltungsmethoden auszutauschen und sich gemeinsam in EU-Debatten einzubringen.

Was beeindruckt Sie an dieser Aufgabe am meisten?
FRANZ SCHAUSBERGER:
Dass ich einen Beitrag leisten kann zur Zusammenführung verschiedener Völker, die seit den Balkankriegen nach wie vor in Spannung leben, und ihnen helfen kann, Reformen durchzuführen und sie näher an die EU heranzuführen.

Können Sie die EU-Skepsis auch in Salzburg verstehen und wie argumentieren Sie im persönlichen Gespräch für die Wichtigkeit der EU?
FRANZ SCHAUSBERGER:
Zum Teil ja, zum Teil nein. Frieden kann es nur mit einem gemeinsamen Europa geben, was auf Grund der aktuellen weltpolitischen Situation sehr wichtig ist. Den wirtschaftlichen und politischen Wettbewerb gegenüber USA, Russland, China, Südamerika etc. können wir nicht als Einzelstaaten bestehen. Das sieht man gerade jetzt an den wirtschaftlichen „Strafmaßnahmen“ der USA. Ebenso können wir das Flüchtlingsproblem, internationale Kriminalität und Terrorismus nicht allein lösen. Das wird besonders nach dem Brexit an den großen Nachteilen für Großbritannien deutlich werden.

Wenn Sie im Ausland jemand fragt, woher Sie kommen, sagen Sie dann Salzburg, Österreich, Europa …?
FRANZ SCHAUSBERGER:
Ich sage nur Salzburger, weil jeder weiß, dass Salzburg in Österreich und eine permanente europäische „Kulturhauptstadt“ ist.

Was macht Sie zu einem Europäer?
FRANZ SCHAUSBERGER:
 Ich bin ein leidenschaftlicher Föderalist und Vertreter starker Regionen, Gemeinden und Städte in einem gemeinsamen Europa der Vielfalt.

Zur Person:

Salzburgs ehemaliger Landeshauptmann, Franz Schausberger, ist seit 1996 Mitglied im Ausschuss der Regionen der EU (AdR). Seit Jänner 2006 ist er Vizepräsident der Europäischen Volkspartei (EVP) im Ausschuss der Regionen. Im Oktober 2016 wurde er von der EU-Kommission zum Sonderberater für EU-Erweiterungsländer, insbesondere den Balkan und die Ukraine, bestellt.

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