Kurmusik soll "entstaubt" werden
Das Bad Hofgasteiner Kurorchester hat ausgespielt. Nach hundert Jahren sollen neue Töne klingen.
"Ein wichtiges Kulturgut Gasteins wird mit dieser Aktion zu Grabe getragen", sagt Sepp Gruber, Komponist und Kulturpreisträger aus Bad Hofgastein. Der Ausschuss des Kur- und Tourismusverbandes Bad Hofgastein hat kürzlich einstimmig beschlossen, die Verträge mit den Musikern des örtlichen Kurorchesters nicht mehr zu verlängern. Ab der Sommersaison 2018 wird eine Kooperation mit dem Orchester der Philharmonie Salzburg unter der Leitung von Elisabeth Fuchs eingegangen.
Immaterielles Kulturerbe
"Seit der Monarchie (1920) gab es dieses Kurorchester in unserer Gemeinde. Es ist das letzte dieser Art in Österreich. Da es sich hier zweifelsohne um ein besonderes Kulturgut handelt, hätten für eine Aufnahme in die Liste des immateriellen Kulturerbes der UNESCO, beste Chancen bestanden. Stattdessen wird es bei uns einfach gestrichen", gibt Sepp Gruber zu bedenken. Mit ihm "trauern" zwölf fix angestellte Musiker, die zum Teil 30 Jahre ihre Tätigkeit im Kurorchester geleistet haben.
Neue Art der Musik
"Wir haben uns dazu entschlossen, weil wir das musikalische Angebot neu denken und die Klassik bei uns weiterentwickeln wollen. Unsere Gäste haben sich verändert, also muss sich auch unser Angebot verändern", erklärt Eva Irnberger, Geschäftsführerin des Kur- und Tourismusverbandes Bad Hofgastein. "Mit Elisabeth Fuchs können wir Familienkonzerte ebenso her holen, wie Orchesterkonzerte mit 45 Musikern." Dass sich viele Stammgäste um ihr regelmäßiges Unterhaltungsprogramm fürchten, versteht Irnberger: "Wir konnten vorher sechs Konzerte für die Kurgäste pro Woche gratis anbieten. Ab der Sommersaison 2018 werden es drei pro Woche sein. Hier kann Quantität aber kein Richtwert sein."
Das letzte seiner Art
Dass das Kurorchester ein Kulturgut sei, wie Komponist Sepp Gruber zu bedenken gibt, möchte Eva Irnberger auch nicht abstreiten: "Das ist es! Österreichweit gibt es nur noch fünf dieser Art und nur noch wir stellten das Orchester selbst an. Alle anderen Gemeinden haben sich schon lange von diesem Konzept verabschiedet – und zwar aus den selben Gründen wie wir." Ein Grund für die Auflösung sei natürlich auch ein finanzieller. 190.000 Euro hat das Kurorchster den Kur- und Tourismusverbandes Bad Hofgastein jährlich gekostet. Die neue Lösung wird 140.000 Euro pro Jahr verlangen. "Ich frage mich, ob sich die Einsparungen im Verhältnis zu den geringeren Spieltagen rechnen werden", so Komponist Sepp Gruber.
"Mutiger Schritt"
Als Bereicherung für den Terminkalender in Bad Hofgastein sieht Vizebürgermeisterin und Mitglied des Kulturausschusses, Sieglinde Thaler, die Kooperation mit Elisabeth Fuchs: "Diese Entscheidung des Kur- und Tourismusverbandes war mutig. Damit eine Tradition überleben kann, muss man zulassen, dass sie sich verjüngt. Ich denke, das Orchester der Philharmonie Salzburg spricht ein anderes Publikum an und lässt auch moderne Musik zu."
Hier geht's zum ganzen Leserbrief von Sepp Gruber.
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