"Wir müssten aufstehen und für Freiheit demonstrieren"

Neos Landessprecher Sepp Schellhorn im Gespräch mit BB-Chefredakteurin Julia Hettegger. | Foto: RTS
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Josef Schellhorn, sie sind Landesvorsitzender von Neos Salzburg und Abgeordneter zum Nationalrat. Im Pongau, wo sie herkommen, nennt man Sie Sepp. Sind Sie in Wien und Salzburg der Josef?
SEPP SCHELLHORN:
(lacht) Ich bin der Sepp. Das ist eine Marke. Das hat damals schon meine Mutter bestimmt. "Sepp ist knackig", hat sie gesagt, "das passt zu dir". Und das stimmt. Ich bin kein "Weicher", sondern einer mit harten Worten – das sagt man mir auch nach.

Sie bilden in Ihren Betrieben selbst auch Lehrlinge aus und sind auf Fachkräfte angewiesen, wie zeigt sich Ihnen das Bild in Salzburg?
SEPP SCHELLHORN:
Der Mangel der Fachkräfte wird von Jahr zu Jahr stärker. Wir haben immer wieder Asylwerber als "Gastköche" hier und versuchen unseren Gästen klarzumachen, dass wir ohne jene, die Zuziehen, keine perfekte Dienstleistung mehr gewährleisten könnten.

Sie bilden also selbst Asylwerber in Ihren Betrieben aus. Wäre das die Lösung für den Fachkräftemangel?
SEPP SCHELLHORN
: Wir bilden seit 20 Jahren Asylweber zu Hilfsköchen und -kellnern aus. Das würde das Problem etwas abfedern. Jenen Asylwerbern, die integrierbar sind, sollten wir einen Ausbildungsplatz garantieren und sie nicht in eine Angst hineintreiben, während der Ausbildung abgeschoben werden zu können. Ich propagiere auch politisch das Modell "drei plus zwei" – also eine Garantie für Asylwerber drei Lehrjahre und zwei Jahre im Berufsleben fix hier bleiben zu können. Nach fünf Jahren sollte dann entschieden sein, ob dieser Mensch bleiben darf, oder nicht. Ich glaube, jene die Arbeiten wollen, sollten diese Sicherheit bekommen.

Die Landesregierung will Salzburg zum Lehrlingfreundlichsten Bundesland machen – ist man auf einem guten Weg dahin?
SEPP SCHELLHORN:
Ich denke, Salzburg ist das bereits  und will das weiterhin bleiben. Da wurde viel getan. Aber man muss größer denken. Warum entscheiden sich die jungen Leute mit 14 Jahren nicht für eine Lehre? Das sind bundespolitische Themen.

Wie könnte man das Ansehen der Lehre stärken?
SEPP SCHELLHORN:
Wir müssen drüber nachdenken, was wir 14-Jährigen zumuten. Heute sind 14-Jährige mündiger als noch vor 30 Jahren, aber auch viel abgelenkter, weil es so viel gibt, was sie tun können. Wir müssen eine neue Schulform schaffen, bei der die Jungen bis 17 Jahre schulisch ausgebildet werden und dann erst selbst (ohne die Eltern) entscheiden, was sie machen wollen. Lehre mit Matura ist das beste Modell. Es wäre aber erst ab 17 Jahren ideal.

Hier sehen Sie das Sommergespräch auf RTS.

Neos sind in Salzburg zum ersten Mal in Regierungsverantwortung. Ist das ein Vorteil oder Nachteil?
SEPP SCHELLHORN: 
Ich denke, es ist ein Vorteil – vor allem für die Salzburger.

Wie ist das, wenn man auf Bundesebene in Opposition zur Regierungspartei steht und auf Landesebene mit Grün und Schwarz in der Regierung sitzt?
SEPP SCHELLHORN:
In der Landespolitik ist beim Verkehr, der Kinderbetreuung und beim günstigen Wohnen einiges zu machen. Das ist kein Widerspruch. Wir müssen aber abwarten, wie sich die Bundespolitik entwickelt.

Haben Sie es schon bereut, sich aus der Landespolitik herauszuhalten?
SEPP SCHELLHORN:
Nein. Ich will mich dort einsetzen, wo ich etwas für die Salzburger tun kann. Es war schnell klar, dass ich meine Qualitäten nicht in den Ressorts einbringen kann, die zur Verfügung standen. Neos besetzen nach Kompetenz. Daher ist Andrea Klambauer ausgewählt worden.

Wie kann ich mir die Abstimmung zwischen Ihnen und Landesrätin Andrea Klambauer vorstellen?
SEPP SCHELLHORN:
Wir stimmen uns sehr gut ab, damit keine Querschläge passieren. Damit eine Landesrätin nichts anderes sagt, als der Landessprecher. Das ist wichtig.

Im Regierungsprogramm von Neos in Salzburg steht die Einführung einer Institution für "Whistleblower" – also eine Plattform für anonyme Hinweise auf Missstände. Was verspricht man sich davon?
SEPP SCHELLHORN:
Die Vergangenheit hat gezeigt, dass viele Menschen, etwas bemerkt haben, aber sich nicht getraut haben, etwas zu sagen. Wir haben bewusst den Landesrechnungshof als Institution ins Spiel gebracht, weil es eine unabhängige Institution ist. Wir wollen ein transparentes Bundesland sein und wollen, dass Missstände aufgezeigt werden, wenn es sie gibt.

Sehen Sie hier nicht die Gefahren, dass sich die Menschen hinter der Anonymität verstecken?
SEPP SCHELLHORN:
Es ist etwas anderes, ob in sozialen Medien Falschmeldungen geäußert werden, um anderen zu schaden. Hier sollte der Landesrechnungshof als offizielle legitimierte Stelle dazu beauftragt sein, zu überprüfen, ob die Anschuldigungen wahr sind. Dann ist das Transparenz.

Sie stellen immer wieder Videos auf Facebook, wo Sie Ihre und die Meinung der Partei kundtun. Ist das eine Taktik, um junge Generationen zu erreichen, oder gehört das zur Politik mittlerweile dazu?
SEPP SCHELLHORN:
Wir sind eine Partei mit geringem Budget und haben keine Parteienförderung. Wir müssen Wege suchen, wie wir uns medial verbreiten und zum Wähler durchdringen können. Dafür sind die sozialen Netzwerke ein gutes Medium. Es entspricht aber auch meinem Typus. Die Inhalte sind konstruktiv, aber oft gefüllt mit Wut und dem Mut, für Europa zu sein.

Ihr Umgangston in den Videos ist oft salopp. Damit macht man sich nicht nur Freunde, oder?
SEPP SCHELLHORN:
Ja, aber wenn man etwas verändern will, muss man auch die Sprache der Menschen sprechen. Ich will ein Praktiker und Wirtschaftstreibender mit Menschenverstand sein. Je abgehobener man spricht, umso weiter weg ist man von den Menschen.

Die Grenzschutzmaßnahmen von bayrischen Polizisten wurden wieder verstärkt. Wie stehen Neos Salzburg dazu?
SEPP SCHELLHORN:
Die CSU hat die Grenzkontrollen verschärft, aus einem puren Populismus heraus. Die CSU hat eine eigene Bayrische Grenzpolizei geschickt. Das ist eine wahnwitzige Entgleisung, die mich verstört. Europa braucht Haltung statt Spaltung. Es ist uns noch nie so gut gegangen wie jetzt. Und dann kämpfen wir mit Angstmache und Zurückrudern in den Nationalismus und in eine Eigenstaatlichkeit. Das sind besorgniserregende Tendenzen. Europa ist ein Friedensprojekt. Wir müssten eigentlich alle aufstehen und für Freiheit und Rechtsstaatlichkeit demonstrieren. Beides kann nur ein geeintes Europa garantieren.

Alle Sommergespräche auf einen Klick:

>>HIER<< geht es zum Interview mit Landesrat Josef Schwaiger.
>>HIER<< geht es zum Interview mit Landesrätin Maria Hutter.
>>HIER<< geht es zum Interview mit Landesrätin Andrea Klambauer.
>>HIER<< geht es zum Interview mit Landesrat Stefan Schnöll.

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