Biosphärenpark-Experte im Interview: Der Wienerwald als Juwel der Region

Harald Brenner ist stellvertretender Geschäftsführer des Biosphärenparks.
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  • Harald Brenner ist stellvertretender Geschäftsführer des Biosphärenparks.
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REGION. Herr Brenner, was macht den Wienerwald aus Expertensicht so einzigartig?
HARALD BRENNER: "Eine Vielzahl an Highlights: Wenn man rein den Wald betrachtet, dann ist man im Wienerwald im größten zusammenhängenden Buchen-Vorkommen Mitteleuropas. Mit dem Wald-Wiesen-Mosaik haben wir auch einen sehr spannenden Lebensraum, der durch die unterschiedlichen Landschaftsformen eine breite Palette an Lebensräumen bietet und somit sehr vielen Organismen ein Leben ermöglicht. Außerdem verläuft im Wienerwald die Trennlinien zwischen zwei großen, unterschiedlichen geologischen Formationen: Der Flysch-Wienerwald im Norden und der 'Kalk'-Wienerwald im Süden. Der Wienerwald ist für den Menschen auch ein enorm wichtiges Naherholungsgebiet und der Biosphärenpark Wienerwald ist einer von nur zwei Biosphärenparken weltweit, die am Rande einer Millionenstadt liegen. Es ist schwierig das Ganze auf einen Punkt zu bringen, es ist einfach die Vielzahl an Highlights und die Vielfalt die den Wienerwald ausmacht."

Ist es in diesem Sinne ein Ziel des Biosphärenparks den Wienerwald auf gewisse Flächen 'auszuweiten'?
"Im Biosphärenpark-Gebiet haben wir einen Waldanteil von über 60 Prozent, es ist also schon ein sehr hoher Waldanteil da. Mithilfe der verschiedenen ausgewiesenen Zonen versuchen wir den Wald zu erhalten, zu schützen oder versuchen nachhaltige Bewirtschaftung zu fördern, aber wir als Biosphärenpark treten nicht aktiv für, beispielsweise, die Aufforstung von Wiesen ein. Die Wienerwald-Wiesen zeichnen die Region ja besonders aus und waren mit ein Grund für die Auszeichnung zum UNESCO-Biosphärenpark. Die würden ohne Bewirtschaftung mit der Zeit 'verwalden'. Uns als Biosphärenpark ist es ein Anliegen auch die Wiesen im Wienerwald zu erhalten, denn sie haben nicht nur eine hohe Bedeutung für die Artenvielfalt, sondern sie haben auch für den Menschen einen angenehmen Erholungswert hat. Wir haben dahingehend auch gemeinsam mit Grundstückseigentümern Maßnahmen gesetzt um solche Wiesen zu erhalten. Letztendlich machen sie auch den Charakter des Wienerwalds aus."

Der Wienerwald wird ja auf die verschiedensten Arten genützt: zur Erholung, zum Sport, zur Forstwirtschaft und so weiter. Wie schafft man es all diese Interessen unter einen Hut zu bringen?
"Wenn man einen Biosphärenpark am Rande einer Millionenstadt hat, wird sich aufgrund des Drucks der Bevölkerung ein gewisses Spannungsfeld ergeben. Das ist ganz klar ein Thema für den Biosphärenpark. Wir versuchen Gespräche mit allen zu führen um gemeinsam Lösungen zu suchen und zu finden.
So zum Beispiel beim Mountainbiken: Seit rund zwei Jahren arbeiten wir gemeinsam mit dem Verein Wienerwald Trails, den Bundesforsten, der Stadt Wien, der MA49, dem Stift Klosterneuburg und der Wienerwald Tourismus daran das Thema Mountainbiken weiter zu entwickeln. Letztendlich ist das glaube ich auch der richtige Weg – gemeinsam zu überlegen: Was können wir machen, wie können wir's umsetzen und an welche Rahmenbedingungen hat man sich zu halten? Über Partizipation zu Lösungen zu gelangen ist hier, glaube ich, ein guter Weg.
Auch beim Reiten ist es sehr gut gelungen, da ist mittlerweile ein gut akzeptiertes Streckennetz im Wienerwald verfügbar. Und letztendlich kann man durch die Schaffung von Angeboten auch einen gewissen Lenkungseffekt erzielen."

Die Wetterkapriolen nahmen in den letzten Jahren tendenziell zu. Inwiefern spiel das im Biosphärenpark Wienerwald eine Rolle?
"Waldbrandgefahr war zum Beispiel im vergangenen Sommer auch im Biosphärenpark ein Thema aufgrund der lange anhaltenden Dürre-Perioden. Klar sind das Herausforderungen, denen man sich heute stellen muss um für die Zukunft gewappnet zu sein.
Wir haben uns in einem Projekt gemeinsam mit den Bundesforsten und der BOKU mit diversen Klimawandel-Szenarien beschäftigt. In Simulationen der BOKU wurde gezeigt, wie sich der Wald und das Klima in den nächsten hundert Jahren entwickeln wird. Einerseits unter einer Bewirtschaftung wie sie derzeit stattfindet, andererseits wurde überprüft welche angepassten Maßnahmen es vielleicht gäbe oder wie man entgegenwirken kann und auf welche Baumarten man vielleicht vermehrt setzen sollte. Die Empfehlung bei uns war wenig überraschend: Die Fichte wird einem höheren Trockenstress ausgesetzt sein, wenn's anhaltende Hitze und wenig Niederschlag gibt, als beispielsweise die Eiche oder die Kiefer, die von den sich ändernden Klima-Bedingungen an manchen Standorten auch profitieren kann. Gemeinsam mit Grundeigentümern, wissenschaftlichen Experten und wichtigen Akteuren wie NGOs wollen wir Empfehlungen ausarbeiten und diese den forstlichen Bewirtschaftern im Wienerwald mit auf den Weg geben."

Welche Botschaft möchten Sie unseren Lesern abschließend mit auf den Weg geben?
"Der Wienerwald hat für so viele Akteure eine große Bedeutung, dass man nicht vergessen darf einander mit Respekt zu begegnen: Der Wienerwald ist Lebensraum, aber auch Erholungsraum und für den Eigentümer Arbeitsplatz und Einkommensquelle."

ZUR SACHE:

Ein Biosphärenpark ist eine von der UNESCO ausgezeichnete Modellregion für Nachhaltigkeit, im Falle des Wienerwalds auf Initiative der Bundesländer Wien und Niederösterreich. Dabei wird eine Modellregion für nachhaltige Entwicklung etabliert, in der Mensch und Natur gleichermaßen ihren Platz und ihre Berechtigung haben sollen.
Für den Biosphärenpark heißt Nachhaltigkeit die Ausgewogenheit und gleichberechtigte Berücksichtigung von Ökonomie, Ökologie und Gesellschaft. Damit einher geht ein bewusster Umgang mit den Ressourcen. Das Nachhaltigkeitskonzept des Biosphärenparks basiert auf den drei Säulen Mensch, Umwelt und Gesellschaft.

Zahlen, Daten, Fakten rund um den Biosphärenpark:
- Fläche: 105.645 Hektar - das sind rund 110.000 Fußballfelder;
- Kernzonen machen im Biosphärenpark-Gebiet ca. 5% der gesamten Biosphärenpark-Fläche aus.
- Bewohner: in den Biosphärenpark-Gemeinden leben ca. 815.000 Menschen.
- Zweitwohnsitze: ca. 50.000
- Gemeinden: 51 Niederösterreichische Gemeinden und 7 Wiener Gemeindebezirke bilden den Biosphärenpark
- Gemeindegröße: 60 % der Gemeinden haben unter 5.000 Einwohner; drei Gemeinden - Baden, Mödling und Klosterneuburg – haben mehr als 20.000 Einwohner
- Vegetation: mehr als 20 Waldtypen, dominierend sind Buchen- und Eichen-Hainbuchenwälder, mehr als 17 Wiesentypen
- Flora: über 2000 Pflanzenarten
- Vögel: ca. 150 Brutvogelarten
- 15 Naturschutzgebiete
- 4 Naturparke
(Quelle: www.bpww.at)

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