Prozess
Ehefrau mit 6-Kilo-Stein attackiert
Mehrere Stunden berieten Geschworene am Landesgericht St. Pölten, ob es sich bei einer Attacke eines 46-Jährigen aus dem Bezirk St. Pölten Land um einen Mordversuch an seiner Ehefrau gehandelt hat, als er ihr von hinten einen sechs Kilo schweren Stein gegen den Nacken schlug.
PURKERSDORF/ST.PÖLTEN (ip). Der Vorfall ereignete sich am 5. Februar dieses Jahres im Wohnzimmer des Ehepaares, während die 52-Jährige auf dem Handy des Mannes entdeckte, dass das Konto überzogen war. Sie stellte ihn zur Rede, doch der Mann verließ das Wohnzimmer. Als er kurz darauf wieder zurückkam, meinte er, hinter ihr stehend, sie solle noch ein weiteres Konto überprüfen. Aufgrund des Sonneneinfalls beugte sie sich nach vor und spürte plötzlich einen Schlag gegen Halswirbelsäule und Schulter. Ihr erster Gedanke war, dass ihr Mann kollabiert und auf sie gestürzt sei. Als sie sich umdrehte, stand er jedoch mit dem Stein vor ihr und hatte diesen abermals erhoben. Sie packte ihn an den Handgelenken, dann ließ der Angreifer den Stein fallen. Da ihr die Flucht nicht gelang, legte sie sich bäuchlings auf den Stein und schrie. Von hinten legte er ihr die Hand auf Mund und Nase und umfasste ihren Hals. Wegen ihrer heftigen Gegenwehr ließ er schließlich von ihr ab, stieg in ein Fahrzeug und fuhr davon.
„Ich habe sie nur erschrecken wollen“, behauptete der Angeklagte gegenüber der vorsitzenden Richterin Andrea Humer, nachdem er sich zum Vorwurf des Mordversuches nicht schuldig bekannt hatte. Er habe schon den ganzen Tag überlegt, wie er selbst sein Leben beenden könnte. Damit seine Familie nicht allzu sehr trauert, wollte er zuvor als Gewalttäter auftreten. Keinesfalls habe er die Absicht gehabt, seine Frau zu töten. Sie habe auch nur ein Hämatom davongetragen. Wie Verteidiger Christoph Naske betonte, wäre sein Mandant durchaus in der Lage gewesen, seine Frau zu töten, habe jedoch freiwillig von ihr abgelassen.
Übereinstimmend meinte das Paar, eine gute Ehe geführt zu haben. Von den finanziellen Problemen habe sie nichts gewusst, auch nicht, dass ihr Mann kurz zuvor seinen Job verloren hatte und an Suizid dachte, erklärte das Opfer.
Zu den Selbstmordäußerungen in den Einvernahmen meinte Gutachter Werner Brosch, dass es keine Anzeichen einer geistig-psychischen Erkrankung gebe. „Für mich ist dieses Geschehen rätselhaft“, so der Psychiater, der sich wunderte, mit welch betonter Gelassenheit der Angeklagte dem Prozess folgte.
Da er seinen Angriff freiwillig abbrach, wurde der Angeklagte nur wegen versuchter absichtlich schwerer Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von 24 Monaten, davon 16 bedingt verurteilt (nicht rechtskräftig), was Verteidiger Naske als angemessen wertete.
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