Faszination Ökosystem
Ein Stück Wienerwald im Glas
Durch seine lockdown-bedingten Waldspaziergänge hat Alex Falschlehner ein neues Hobby gefunden: die Natur im Miniformat für immer bei sich daheim leben zu lassen.
REGION PURKERSDORF (ae). Der sonst so grüne Wienerwald hat sein Winterkleid angelegt. Wer drin eintaucht, findet sich in einem Meer aus unterschiedlichen Brauntönen wieder. Lediglich am Boden ist noch etwas Grün zu sehen, allerdings stechen ein paar Flecken von besonders intensiver Leuchtkraft hervor: Moose.
Patchwork aus Moos
„Moos ist das Wichtigste, die Basis“, stürzt sich Alexander Falschlehner begeistert auf einen alten Baumstumpf, dem Moos die Oberfläche wie Samt überzieht, „Moos ist eine uralte und extrem robuste Pflanze, die sich sehr schnell anpasst und auch unter veränderten Bedingungen die Fotosynthese fortführt.“ Vorsichtig kratzt Falschlehner einen Moosflecken vom Stamm und legt ihn fürsorglich in eine Plastikschale. Das wiederholt der Tullnerbacher noch ein paar mal an anderen Stellen im nahen Umkreis, „weil Moos nicht gleich Moos ist.“ Als er mit der Ausbeute zufrieden ist, schöpft er noch Wasser aus dem Bach, sammelt kleine Steinchen in seinem Bett, gräbt sich ein zartes Pflänzchen aus und schabt unter der Laubdecke Erdreich zusammen – alles kommt in mitgebrachte Gefäße, ein paar kleine Asterln verstaut er darüber hinaus im Rucksack.
Der Natur ihren Lauf lassen
Daheim wird er daraus eine Ecosphere basteln, ein Stück Wienerwald im dicht verschlossenen Glas. „Eine Ecosphere oder auch unendliches Terrarium ist ein geschlossenes Ökosystem, das sich aus sich selbst regeneriert. In Zusammenspiel von Sonnenlicht, das von außen kommt, und Wasser, das sich drinnen befindet, entwickeln sich Nährstoffe und Gase, die das Mini-Ökosystem im Glas am Laufen halten,“ redet sich Alexander Falschlehner bei seinem jüngsten Hobby in Fahrt, „Das einmal eingefüllte Wasser verdunstet und schlägt sich an den Innenwänden wieder nieder. Die Mikroorganismen im Substrat, also der Walderde, verhindern Schimmel und halten das System sauber.“ Im Idealfall bleibt das Glas, einmal verschlossen, zu – und das Ökosystem ewig erhalten. Genau darin liegt auch die Faszination: So lässt sich daheim der Kreislauf des Lebens beobachten, wo jedes noch so unscheinbare Ding seinen Platz hat.
Grenzenlose Neugier
Mittlerweile hat Falschlehner sieben Ecosphären aus der näheren Umgebung, fein säuberlich mit geografischen Koordinaten beschriftet, bei sich stehen, und ist schon sehr gespannt, wie sich alles entwickelt. „Ich habe erst vor wenigen Wochen damit begonnen und erst wenige Erfahrungswerte. Vor allem bin ich neugierig, ob und wie schnell die Pflanzen drinnen wachsen“, ist in Falschlehner der Forscher erwacht, „Möglicherweise werde ich das eine oder andere Glas nochmals öffnen, um zu groß gewordene Pflanzen zurückzuschneiden – oder aber ich lasse sie absterben und von den Mikroorganismen verstoffwechseln. Das abgestorbene Material liefert dann Nahrung für neue, spannende Entwicklungen im Glas.“
Nachahmung empfehlenswert
Die Ecosphere wird in einem dicht verschließbaren Glas schichtweise aufgebaut: Wasser, Steine als Drainage, eine Sperrschicht – das Einzige drinnen aus synthetischem Material, darauf Walderde, Moos, Pflänzchen und Deko wie etwa kleine Aststücke. Ein bisschen Kohle noch dazu, zur Unterstützung der Reinigung des Wassers. Danach wird das Glas luftdicht verschlossen. Hier gehts zur Bastelanleitung ->
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