Integrations-Check: "Es sind jetzt keine Flüchtlinge mehr, es sind Pressbaumer"

Awad Marei, Mohammed, Amna Rajeh und Miral mit Uschi Niemeczek.
  • Awad Marei, Mohammed, Amna Rajeh und Miral mit Uschi Niemeczek.
  • hochgeladen von Tanja Waculik

REGION. Vor einem Jahr begann der Höhepunkt der Flüchtlingswelle. Die Bezirksblätter haben sich im Teilbezirk Purkersdorf umgesehen, wie die Lage in den Gemeinden ist und wie die Fortschritte bei der Integration sind.

Deutsch lernen, dann arbeiten

"Deutsch ist schwierig, aber wir wollen es lernen", meint Amna Rajeh in langsamem, fehlerfreiem Deutsch. Vor rund einem Jahr kam sie gemeinsam mit ihrem Ehemann Avad Marei, der nun zweieinhalbjährigen Tochter Miral und dem damals Neugeborenen Mohammed nach Pressbaum. Deutsch erlernten sie vor allem in den ehrenamtlich abgehaltenen Deutschkursen in Pressbaum. Mittlerweile besucht Awad Deutsch-Kurse des AMS Tulln und nimmt dafür täglich vier Stunden Öffi-Fahrzeit auf sich. Sobald er die Sprache noch etwas besser beherrscht, will er, wie auch schon in Syrien, als Busfahrer arbeiten. Die kleine Miral besucht unterdessen den Kindergarten und hat dort bereits Freunde gefunden.

Stütze im Alltag und nun Familie

Durch Zufall lernte Uschi Niemeczek die Familie kennen: "Ich habe einen Kasten vorbei gebracht, der hatte noch gefehlt. Ich wollte ihn still und leise vor die Tür stellen, weil die Familie erst einen Tag da war. Dann haben sie mich gesehen und es war um uns geschehen", lächelt sie. "Ich war von Anfang an einfach da und irgendwann war ich die Betreuerin." Seither unterstützt sie die Familie bei vielen alltäglichen Belangen, seien es Amtswege, Medizinisches, gemeinsame Freizeitgestaltung oder das Besuchen von Veranstaltungen im Ort. Wichtig sei es jedoch ihnen dabei zu helfen all diese Dinge auch möglichst selbstständig tun zu können. "Es sind ja erwachsene Menschen die bisher ihr Leben allein und selbstständig gemeistert haben und durch außergewöhnliche Umstände in diese 'Bittsteller-Situation' gekommen sind", meint Uschi Niemeczek. Dass die Chemie zwischen ihr und der Familie stimmt, ist jedenfalls klar ersichtlich: "Mittlerweile ist meine Familie einfach um vier Personen größer geworden", so Uschi Niemeczek.

"Jeder Pressbaumer kann ruhig schlafen"

„Wir haben wahre Integration geschaffen“, freut sich Giovanna Brizzi, die seit Beginn der Flüchtlingswelle vor rund einem Jahr die Gemeinde Pressbaum stets bei der Flüchtlingskoordination unterstützt hat. Das Konzept hauptsächlich Familien im Ort aufzunehmen und ihnen Betreuer zuzuweisen, sei bestens aufgegangen. Es gab jedoch immer wieder Hürden, betont sie: „Nicht alle waren begeistert von unserem Konzept, aber rückblickend spricht das Ergebnis nun für sich. Jeder Pressbaumer kann ruhig schlafen.“ Denn mithilfe der Betreuer werden die Familien ins örtliche Leben mit einbezogen, besuchen Veranstaltungen und haben Freundschaften – dadurch sei die Skepsis beidseitig weniger geworden. „Es sind jetzt keine Flüchtlinge mehr – es sind Pressbaumer“, so Brizzi.

Viele Freiwillige helfen mit

Auch in Gablitz laufe im Großen und Ganzen alles gut, erklärt Astrid Wessely, Flüchtlingskoordinatorin der Gemeinde: "Wir haben eine große Freiwilligengruppe, die sehr gut organisiert sind. Inzwischen wurde ein Verein gegründet, der sich um Freizeitgestaltung, Sprachkurse, Arztbesuche etc. kümmert." Die Zusammenarbeit zwischen Gemeinde, Freiwilligen, Pfarrcaritas und den NGOs funktioniere gut. „Es gibt natürlich nach wie vor bei den Anrainern immer wieder Ärger, zum Beispiel wenn der Müll nicht so sortiert wird wie es gewollt wird. Die Aufregung passiert aber meistens auf der Seite der Bevölkerung, die überhaupt keinen Kontakt mit den Flüchtlingen haben oder den nicht haben wollen", erklärt Wessely. In solchen Fällen sei man jedoch stets darum bemüht die Lage der Dinge entsprechend aufzuklären.

"Ängste in Gablitz völlig grundlos"

In Sachen Integration setzt man vor allem darauf Kontaktmöglichkeiten zu bieten: "Es war von Anfang an unser Weg Möglichkeiten zur Kontaktaufnahme zu schaffen: Begegnungscafe, Spielenachmittag, gemeinsame Sportaktivitäten, Präsenz bei diversen Festen und so weiter." Durch persönlichen Kontakt könne man auch erkennen, dass Ängste vor Übergriffen oder ähnlichem in Gablitz völlig unbegründet seien: "Wenn man hingeht, Kontakt aufnimmt und die Leute kennenlernt kann man das alles abbauen. Man muss auf beiden Seiten lernen Rücksicht zu nehmen, denn das ist ein sensibles Thema. Langfristig wird es nur miteinander gehen – und wir haben’s in der Hand."

ZUR SACHE:

Die Anzahl der Asylwerber, also jener, deren Asylbescheid noch ausständig ist, pro Gemeinde:
Gablitz: 80,
Purkersdorf: 76,
Pressbaum: 25,
Tullnerbach: 8,
Mauerbach: 4,
Wolfsgraben: 2

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