Der Hochvogel bricht zusammen

Mächtig trohnt der Hochvogel über Hinterhornbach. Langsam beginnt der Berg zu zerbrechen. | Foto: TVB Lechtal
  • Mächtig trohnt der Hochvogel über Hinterhornbach. Langsam beginnt der Berg zu zerbrechen.
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Der Hochvogel in Hinterhornbach ist das „Matterhorn“ der Allgäuer Alpen. Doch der Berg zerbricht.

HINTERHORNBACH (rei). „Ich habe schon viel gesehen, aber das hier hat mich netativ überrascht!“ Landesgeologe Gunther Heißel ist ständig am Weg, wenn sich irgenwo Berge in Bewegung setzen. Zuletzt war er im Lechtal, genauer gesagt in Hinterhornbach anzutreffen. Dort kam er ins Staunen.
Mit seinen 2592 Metern ist der Hochvogel der sicherlich markanteste Berg in den Allgäuer Alpen. Wer die Zugspitze besucht und den Blick in die Ferne schweifen lässt, der wird sie entdecken, diese einzigartige Felsformation, die, wenn man auf ihr steht, in Blickrichtung Süden die Alpen für alle eröffnet und nach Norden hin das ganze Alpenvorland frei legt. Und dann ist dieser Berg auch noch optisch so schön und - relativ - einfach zu begehen, also für alle die etwas Kondition haben, trittsicher sind und Höhenangst nicht kennen. Eben „relativ einfach“.
Und da gibt es viele, die diese Voraussetzungen mit sich bringen. Bis zu 300 Besucher werden täglich am Berg gezählt. Diese Zahl könnte wohl dramatisch nach unten gehen. Dramatisch nach unten, weil der Berg in sich zerfällt, wie Gunther Heißel erzählt.

Felsflanke setzt sich ab

Im Bereich des Gipfelkreuzes setzt sich in nord-/südlicher Richtung eine ganze Felsflanke ab. Die Dimension, um die es geht, lässt sich nur schätzen. Heißel geht davon aus, dass jener Spalt, der befrohlich wirkt, aber dennoch von vielen Gipfelstürmern nicht dem erforderlichen Respekt gemieden wird, bis zu 100 Meter tief sein drüfte. Genau weiß man es nicht, weil ständig loses Material in den Spalt fällt und diesen auffüllt. Eine Bindung zwischen den zwei Felsformationen gibt es nicht mehr - die Flanke droht abzurutschen. Ob das morgen passiert, oder in Jahrzehnten, keiner kann es sagen.
„Man muss sich das wie eine Schneewächte vorstellen. Die trägt lange, wann sie zusammenfällt, kann aber keiner sagen“, warnt der Landesgeologe. Es ist das Schicksal der Kalkalpen, das hier augenscheinlich zu Trage tritt. Heißel hat noch einen Vergleich parat: „Das ist wie bei den Menschen: wenn wir jung sind, stehen wir aufrecht und sind groß. Im Alter wird man gebrechlicher und kleiner.“

Pozess dauert lange an

Für die Geologen ist der Zusammenbruch der Alpen eigentlich nichts, was verwundert - es handelt sich um einen Prozess, der seit rund 18.000 Jahren unaufhaltsam vor sich geht. Zuletzt leider etwas schneller. Man erinnere sich nur an die Probleme im Bereich des Vils­alpsees in Tannheim. Übrigens die selbe Gebirgsformation, zu der auch der Hochvogel gehört.
„Man muss sich das einfach einmal vorstellen: Im Sommer, wenn die Sonne scheint, wärmt sich das Gestein auf bis zu 70 Grad auf. In der Nacht kühlt alles wieder auf zehn Grad oder noch weiter aber. Das setzt dem Gebirge einfach zu. Das Ergebnis davon, sehen wir jetzt auf drastische Weise“, versucht Heißel die Ursachen zu erklären.
Und er ist sich sicher: Es wird Felsabstürze in diesem Gebiet geben. Kleinere Steine fallen fast laufend aus der Wand heraus. Irgendwann - den Zeitpunkt kann niemand sagen - wird es aber zu einem vermutlich riesigen Felssturz kommen. „Irgendwann saust eine ganze Felsformation nach unten“, ist Heißel überzeugt.

DAV hat reagiert

Die Sektion Donauwörth des Deutschen Alpenvereins - sie ist Wegerhalter des Bäumenheimer Wegs, der von Hinterhornbach auf den Hochvogel führt - hat bereits reagiert. Der beliebte Weg wurde gesperrt.
Derzeit kann man den Gipfel nur von Allgäuer Seite aus begehen, Ausgangspunkt ist das Prinz-Luitpold-Haus. Ob das auf Dauer so sein wird? Niemand wagt das zu sagen. Die Gefahr der Begehung des Hochvogel steigt.
Nur gut, dass aus heutiger Sicht zumindest für die kleine Lechtaler Seitentalgemeinde Hinterhonrbach kaum eine Gefahr besteht, sollte der Hochvogel in sich zusammenbrechen.

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