"So etwas tut man nicht mit Kindern!"

Marco Drexel mit Tochter Lea und Sohn Noah. Sie konnten die Klasse kurz betreten, unterrichtet werden die Kinder hier nicht mehr.
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  • Marco Drexel mit Tochter Lea und Sohn Noah. Sie konnten die Klasse kurz betreten, unterrichtet werden die Kinder hier nicht mehr.
  • hochgeladen von Günther Reichel

LECHLEITEN (rei). Am Montag, keine 24 Stunden, bevor eigentlich der Unterricht an der Volksschule in Lechleiten starten sollte, kam die Meldung, dass die Schule nicht mehr aufsperrt (wir berichteten). Am Dienstagabend versicherte die zuständige Landesrätin Beate Palfrader in einem TV-Interview, dass man nur das Beste für die Kinder im Auge habe.
Am selben Tag am Vormittag schilderte Maria Fritz, Mitglied im Steeger Gemeindevorstand, was daheim in den Häusern passierte: "Vanessa hat die ganze Nacht durchgeweint", erzählte sie über den Gemütszustand ihrer Enkelin, nachdem man ihr mitgeteilt hatte, dass sie am Dienstag nicht in Lechleiten, sondern in Steeg zur Schule gehen muss. Es waren sehr emotionale Tage und Stunden an der Grenze zu Vorarlberg.

Ein Zeichen gesetzt

Marco Drexel, einst selbst Schüler an der VS Lechleiten, traf eine Entscheidung, die aufhorchen ließ: Er brachte seine beiden Kinder Lea (8) und Noah (6) am Dienstag in der Früh nicht nach Steeg, sondern stand vor der verschlossenen Volksschule in Lechleiten.
Für ihn eine "logische Entscheidung", denn schriftlich habe man ihm nie mitgeteilt, dass seine Kinder nun in Steeg zur Schule müssen. Oder eventuell im nahe gelegenen Schröcken. Für die Familie Drexel ist der Weg hinüber nach Vorarlberg mehr als die "zweite Wahl", schließlich gingen seine Kinder dort auch in den Kindergarten. Ob es doch noch Steeg wird? Drexel erbat sich Bedenkzeit - vielmehr, die nahm er einfach in Anspruch.

"Eine Frechheit!"

Maria Fritz fand vergangenen Dienstag für die Geschehnisse klare Worte: "Eine Frechheit! So etwas tut man nicht mit Kindern." Die Ungerechtigkeit schreie förmlich zum Himmel und der zeigte sich am Montag bzw. Dienstag passend zur Stimmung düster und wolkenverhangen. Für Marco Drexel ist all das, was in den letzten Tagen passiert ist, "menschenverachtend".

Keine weiteren Schritte

Die Gemeinde Steeg hat das Thema mit der am vergangenen Montag eingelangten Entscheidung des Verwaltungsgerichts gegen die Schulfortführung dennoch beendet. Man plant keine weiteren Schritte gegen die Entscheidung. "Den Kindern zuliebe", wie GV Maria Fritz versicherte. Man wolle nicht, dass die kleinen Burschen und Mädchen weiterhin der Ungewissheit ausgesetzt sind, wo sie zur Schule gehen dürfen bzw. müssen. Das Entsetzen in Lechleiten hängt nicht damit zusammen, dass die Kinder nun einen deutlich weiteren Schulweg haben. Man sorgt sich, dass der Weiler nachhaltig unter dieser Entscheidung leidet: "Unsere Dorfkultur ist fertig", befand Marco Drexel, und Maria Fritz fügte an: "Jetzt ist alles kaputt. Es wird keine Sternsinger mehr geben, die Besuche der Volksschüler mit dem Lehrer bei unseren Alten - alles vorbei." Aber gerade all das sei so wichtig, um die Abwanderung gering zu halten. Nun hat man Angst, dass die Jungen schulbedingt nicht mehr jene Bindung zu Lechleiten haben werden, wie dies in der Vergangenheit stets der Fall war.

Der Ärger ist groß

Der Ärger in Lechleiten auf die Schulbehörde, auf Landesrätin Beate Palfrader und auf Landeshauptmann Günther Platter ist groß. Von ihnen allen fühlen sich die Lechleitner im Stich gelassen.
Sichtlich gezeichnet zeigte sich am Dienstag Direktor Robert Heiß. Ihm wurde die Volksschule Elmen als neuer Dienstort zugewiesen. Der langjährige Leiter der VS Lechleiten konnte aber nicht zum Dienst erscheinen, er war krank geschrieben.
"Stolz brauchen sie auf all das nicht zu sein", meinte Maria Fritz, an die Adresse der Schulbehörde bzw. Schulabteilung des Landes gerichtet.
Sprach's, hängte einen Zettel mit "Schule geschlossen" an die Türe, und ging heim.

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