"Einmalige Geschichte" sorgt für Flüchtlingsdebatte

Wohin soll die Reise gehen? Viele Flüchtlinge wissen am Ende des Tages nicht, wo sie landen. | Foto: Tiroler Sozialdienste
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  • Wohin soll die Reise gehen? Viele Flüchtlinge wissen am Ende des Tages nicht, wo sie landen.
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AUSSERFERN/TANNHEIM (rei). "Dieser Vorfall ist hochgradig unangenehm", äußert sich Georg Mackner von den Tiroler Sozialdiensten sehr vorsichtig zu Vorkommnissen in Tannheim. Hier sollten 18 Flüchtlinge eine neue Unterkunft finden. Doch denen war das Tannheimer Tal zu entlegen. Hier wollten sie nicht sein. Seitens der Hilfsorganisation, die für die Flüchtlingsbetreuung zuständig ist, ließ man sich auf keine Auseinandersetzung ein. Die Flüchtlinge wurden umgehend zurück in den Zentralraum nach Innsbruck gebracht.

Landesweite Diskussion

Erledigt ist das Thema damit freilich noch lange nicht. Nachdem der Vorfall bekannt wurde, setzte landesweit eine Diskussion darüber ein, was Flüchtlingen erlaubt ist und was nicht. Die Debatte kam zum denkbar schlechtesten Zeitpunkt, ist das Flüchtlingsthema mit all seinen Facetten derzeit doch ohnehin schon in aller Munde.

Einmaliges Ereignis

"Es funktioniert bei uns taldellos. Das ist eine einmalige Geschichte," ist auch Nick Rea, Flüchtlingskoordinator im Außerfern, über die Geschehnisse in Tannheim mehr als verwundert. "Seit 2013 arbeite ich in der Flüchtlingshilfe, so etwas hat es aber noch nie gegeben", versichert der erfahrene Betreuer.

Menschliche Komponente beachten

Mackner, zuständig für die Öffentlichkeitsarbeit, verweist seinerseits auf die menschliche Komponente, die man berücksichtigen müsse. An der Qualität der angebotenen Unterkunft sei es garantiert nicht gelegen, "die ist ausgezeichnet." Auch Mackner spricht von einem Einzelfall und nennt Zahlen: 371 Asylwerber werden aktuell im Bezirk Reutte in organisierten Heimstrukturen betreut, in Tirol sind es 6397. Zählt man im Außerfern noch die privaten Unterkünfte hinzu, erhöht sich die Zahl der Asylwerber im Bezirk auf 405.

Ziel: Bessere Vorabinformationen

Die Ablehnung einer Unterkunft durch Flüchtlinge, wie jetzt in Tannheim, hat auch Mackner nie zuvor erlebt. "Die von uns betreuten Menschen sind froh, dass sie eine Unterkunft in einem sicheren Land bekommen." Dass es dennoch den Wunsch bei vielen gibt, in Ballungsräumen untergebracht zu werden, kann Mackner verstehen. "Mit entsprechenden Vorbereitungen und Informationen ist es aber auch kein Problem, Flüchtlinge am Land unterzubringen", weiß Mackner aus Erfahrung.

Dass diese Vorabinformationen im "Fall Tannheim" vielleicht nicht ausreichend waren, will Mackner nicht abstreiten. Man werde jedenfalls Lehren daraus ziehen: "Wir werden den Flüchtlingen künftig auch erklären, welche Auswirkungen ein Verhalten, wie das in Tannheim gezeigte, haben kann."

Sieger und Verlierer?

Ob die 18 Flüchtlinge, die nicht in Tannheim sein wollten, jetzt die "Sieger" in dieser Debatte sind und ob man nun nicht Gefahr laufe, dass sich dieses Verhalten vermehrt wiederholen wird, wollten die Bezirksblätter vom Sprecher der Tiroler Sozialdienste wissen.
Der weist das zurück: "Es gibt keine Sieger und keine Verlierer. Und es gibt garantiert auch künftig keine 'Wunschliste' auf der Flüchtlinge aussuchen können, wo sie untergebracht werden."
Ein gewisses "Restrisiko" werde es aber immer geben. "In Tannheim ist es wirklich nicht ideal gelaufen. Dafür haben wir Kritik geerntet. Aber man darf nicht außer acht lassen, dass wir hier mit Menschen arbeiten. Da kann immer wieder etwas Unvorhergesehenes passieren."

Während Georg Mackner am Telefon den Bezirksblättern bereitwillig über die Vorfälle in Tannheim informierte, war Nick Rea übrigens ins Lechtal unterwegs. Mit Flüchtlingen. "Die wollten sogar hier her", erzählte er kurz angebunden, schließlich galt es für ihn, die "Neuen" bestmöglich in der neuen - vermutlich vorübergehenden - Heimat unterzubringen.

Flüchtlinge im Bezirk nach Gemeinden (Selbstversorger)

Biberwier 11
Ehrwald 10
Ehrwald 20
Elbigenalp 13
Elmen 5
Gramais 4
Grän 3
Grän 18
Heiterwang 12
Holzgau 12
Lermoos 22
Breitenwang 60
Reutte 96
Reutte 8
Stanzach 5
Stanzach 4
Stanzach 6
Tannheim 18
Vils 6
Vils 10
Vils 8
Vils 14
Wängle 6
371 Gesamt

Wohin soll die Reise gehen? Viele Flüchtlinge wissen am Ende des Tages nicht, wo sie landen. | Foto: Tiroler Sozialdienste
Georg Mackner: "Es gibt keine Sieger und keine Verlierer." | Foto: Tir. Sozialdienste
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