Geschichten aus der Vergangenheit
Die letzte Hinrichtung in Ried

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Verfasst von Franz Wiesenberger:

Ein Bursche, man nannte ihn „Klarlsepp“, hatte in Braunau am Inn einen Knaben erschlagen und eine silberne Uhr geraubt. In der Gegend von Mattighofen fiel er in die Hände der Gerechtigkeit. Man internierte den Klarlsepp in der Fronfeste in Ried. Zur gleichen Zeit war mit dem erwähnten Mann ein Individuum in Haft, ein Meisterdieb, von Mettmach gebürtig, aber ein solcher Ausbund an Hässlichkeit, dass man mit Recht die kleinen Kinder mit ihm schrecken konnte. Als Darsteller des Quasimodos hätte man ihn nicht schminken müssen. Eine gewisse Ähnlichkeit mit einem berühmten Fußballer, mit französischen Wurzeln, wäre dann auch nicht zu leugnen gewesen. Kleine Schweinsäuglein hatte der „Benno“, so nannte man ihn allgemein, dafür war aber die Nase so groß geraten, wie ein ausgewachsener Tannenzapfen!

Überdies hatte diese Nase keine Spitze, sondern sie endete in der Dicke. Wer einmal diesen hässlichen Menschen gesehen hatte, merkte sich ihn für alle Zeiten. Dem schönen Geschlecht wurde der Benno allerdings nicht gefährlich, dafür aber den Bauern. Auf seinen Wanderzügen stahl er alles, was ihm unter die Hände kam. Kaum aus dem Zuchthaus entlassen, griff er wieder zu seiner „mühelosen Arbeit“. Wurde irgendwo etwas gestohlen, musste es der Benno getan haben, wenn er auch oft zehn Stunden vom Schauplatz des Diebstahles entfernt war.

Diesem Mann also wurde das das Leben des zum Tode verurteilten „Klarlsepp“ sozusagen anvertraut. Er musste Tag und Nacht achtgeben, dass sich der Zellengenosse nicht vorzeitig aus dem Diesseits ins Jenseits flüchtete. Zu Zeiten der Donaumonarchie hatte alles seine Ordnung: Zum Tode Verurteilte konnten sich unmöglich selbst umbringen. Hinrichtungen waren staatliches Recht! Sie mussten auch den täglichen einstündigen Spaziergang im Hofe des Gefangenenhauses gemeinsam machen.

Erwähnenswert war auch, dass der Todgeweihte ein sogenannter Bastler war und ganz hübsches Kinderspielzeug anfertigen konnte. Er verfertigte, bevor ihm der Prozess gemacht wurde, den Kindern der Gefangenenaufseher nette kleine Wägelchen an. Die beschenkten Kleinen schauten dankbar für die schönen Gaben dem Mörder in die Augen. Als nun das Urteil gefällt wurde, sprachen die Aufseher daheim mit ihren Frauen über das Urteil und die bevorstehende Hinrichtung. Die Kinder hörten zu und ein kleiner Knirps, später ein bedeutender Beamter der Stadt Ried, meinte zu seinem Vater: „Geh‘ Vater, hängt lieber den Benno auf, der is eh so schiach; der Sepp kann so schöne Sachen machen und der Benno nöt!“ Auf einem Baume am Justisizierungsplatze hockend, sah dieser Knabe dem schnöden Scheiden des „Klarlsepp“ aus dieser Welt zu.

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