Manfred Hargassner
Mit 53 Jahren wieder zum Lehrling
„Ich finde keinen Job, weil ich bereits über fünfzig Jahre alt bin.“ Diesen Satz lässt AMS-Ried-Leiter Klaus Jagereder nicht gelten.
RIED. „Die veraltete Annahme der ‚Fünfzig – Jahre – Grenze‘ rührt noch aus einer Zeit, als das Pensionsalter bei sechzig lag. Das Alter allein ist nicht verantwortlich, den erneuten Jobeinstieg nicht zu schaffen. Erst, wenn Faktoren wie gesundheitliche oder sprachliche Einschränkungen, nicht mehr gültige Aus- und Weiterbildungen, strukturelle Veränderungen am Arbeitsplatz oder fehlende Mobilität hinzukommen, kann es zu Schwierigkeiten beim Wiedereinstieg in einen Job kommen. Das Arbeitsmarktservice bietet betroffenen Personen Unterstützung in den Bereichen Berufsorientierung, Vermittlung oder Ausbildung“, meint der Leiter des AMS Ried, Klaus Jagereder. Auch die Daten vom vergangenen März zeigen es deutlich. „Jeder jobsuchende Mensch, der arbeiten gehen möchte, hat aktuell die Auswahl aus rund 2000 Stellenangeboten“, fährt Jagereder fort. „Die Arbeitslosenquote liegt im Bezirk Ried momentan bei 2,9 Prozent, in Oberösterreich bei 3,8 Prozent. Von den 825 in Ried arbeitslos gemeldeten Personen sind 293 älter als fünfzig Jahre. Der Wert ist nicht auffällig“, berichtet er.
Vom Altenfachbetreuer zum Großhandelskaufmann
Ein gutes Beispiel, dass das Alter am Arbeitsmarkt keine Sackgasse ist, zeigt das Unternehmen Wagner Haustechnik KG mit Hauptsitz in Hohenzell. Dem Großhändler für Sanitärartikeln, Armaturen, Haustechnik und Installationswaren ist es ein großes Anliegen, Menschen, die sich aus den verschiedensten Gründen beruflich umorientieren möchten, bei ihrem Werdegang zu unterstützen. „Es spielt absolut keine Rolle wie alt jemand ist, ob Quereinsteiger oder ob man bereits mit der Branche Sanitär- und Heizungsinstallation vertraut ist“, erklärt die Assistentin der Geschäftsführung Karin Zauner-Mitter.
Um die 50+ Lehrlinge kümmern sich erfahrene Kollegen, die unmittelbar mit den jeweiligen Personen zusammenarbeiten. „Von der Chefetage bis hin zum Kollegium, wann immer man Hilfe benötigt, ist jemand zur Stelle“, berichtet Manfred Hargassner, der 2016 zu Wagner Haustechnik KG kam und seither ein wichtiges Mitglied der Heizungsabteilung ist. „Diverse Umstände, unter anderem meine Rückenprobleme, haben mich dazu gebracht, den Schritt zu wagen und nochmal in einem anderen Beruf anzufangen. Vor meiner Tätigkeit als Altenfachbetreuer, die ich zehn Jahre lang ausgeübt habe, hatte ich bereits Erfahrung als gelernter Maschinenschlosser gesammelt.“, erzählt Hargassner. Der damals 53-jährige absolvierte mit Unterstützung des AMS und der ALU Stiftung die eineinhalb Jahre dauernde Ausbildung zum Großhandelskaufmann via Abendschule. „Eine neue Lehre anzufangen war für mich das Beste, was ich in meiner damaligen Situation hätte machen können", so Manfred Hargassner. Er ergänzt: „Das AMS informierte mich über die Möglichkeit einer Umschulung. Diese wird auch mit einem gewissen Geldbetrag an das Ausbildungsunternehmen gefördert. Dann muss man sich eigenständig um einen Lehrbetrieb kümmern.“
Wo ein Wille, da ein Weg
Allen Personen, insbesondere Menschen im Alter über fünfzig, die gerade vor der Entscheidung stehen, sich beruflich neu zu orientieren, rät der Ü50-Lehrling: „Wenn das Interesse und der Wille da ist, etwas Neues zu lernen, dann machen Sie es unbedingt. Für mich war es am Anfang schon eine größere Herausforderung, da ich ja schon etwas länger vom Lernen weg bin. Aber am Ende ist alles zu schaffen!"
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