Landschaft mit Hirn bebauen

Reges Intresse gab es bei den Sunnseitn-Gesprächen in Haslach.
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BEZIRK (wies). ORF-Moderator Tarek Leitner hat bei den Sunnseitn-Gesprächen 2015 zum Thema "Verschandelt Österreich – Mut zur Schönheit" Ansätze aus seinem Buch präsentiert. Darin geht es um die Verschandelung Österreich. Leitner: "Wir lassen die Verschandelung der Lebensräume zu, weil wir uns im Rahmen der Wirtschaftlichkeit eine Menge gefallen lassen." Er kritisiert, dass sich die Menschen durch Argumten, mehr Arbeitsplätze zu bekommen, viele bauliche Unmöglichkeiten gefallen lassen würden. "Kreisverkehre, Autobahnüberführungen, Lärmschutzwände, Tankstellen, Bauhäuser am Ortsrand oder Fastfood-Ketten auf der grünen Wiese. "Derweil geht es um unser Leben in dieser Umgebung. Wollen wir an schiachen Orten leben?" fragt Leitner. Er glaubt, der Zersiedelung der Landschaft müssen Grenzen gesetzt werden."In einem Zeitalter, wo alles möglich ist, braucht es diese Grenzen."

Leerstände ein Problem

"Es kommt eine Welle an Leerständen in den Ortskernen auf uns zu. Da müssen wir schauen, dass wir wieder mehr Leben reinbringen", sagt Roland Spiller, Leiter des Amtes für ländliche Entwicklung in Niederbayern. Er brachte einige Beispiele aus Bayern, wie Nutzung und damit wieder Belebung in einen Ortskern kommt. Bei den deutschen Nachbarn widmet man sich diesem Thema schon seit vielen Jahren verstärkt.

Öffentliche Freiräume

"Das Land brauch Freiräume und Baukultur, um auch die jungen Menschen wieder zurückzuholen", sagt Ulrike Böker, Bürgermeisterin in Ottensheim. Baukultur werde die Gemeinden noch lange beschäftigten, so Böker. "Der Politik muss es gelingen, altes und neues zu verzahnen. Der öffentliche Raum ist wichtig für die Bevölkerung", sagt sie am Beispiel der Neugestaltung des Gemeindeamtes in Ottensheim. "Wir müssen die Zersiedelung eindämmen, die Baulandgrenzen einhalten und die Bauplätze verdichten", sagt Böker. Sie fordert außerdem, qualitative Mitarbeiter in der Bauberatung, die den Menschen beratend zur Seite stehen könnten.

Bauland nicht billig

Roland Spiller: "Es braucht bessere Regulative, um Leerstände zu vermeiden. Seien es höhere Kanalgebühren für freie Flächen. Zudem müsse aufgezeigt werden, was die Erschließung eines neuen Baugebietes koste: Das ist nicht billig."

Raumordnung Landessache?

In der Diskussion wurde auch angeregt, Entscheidungen, die die Raumordnung betreffen, weg von den Gemeinden, hin auf Kreis (Beziksebene) wie in Bayern oder auf die Zuständigkeitsebene des Landes zu verlegen. Ulrike Böker hält dies für sinnvoll, da Gemeindepolitiker bei Raumordungs-Themen oftmals in Interessenskonflikte kommen würden. Sie regt an, Nachzudenken, wie die politisch verantwortlichen Gemeinderäte besser geschult werden könnten, damit gute Entscheidungen in dieser Sache möglich seien.

Komunales Profil erarbeiten

Die Gemeindebevölkerung ist aufgefordert mitzuarbeiten: Welche Potentiale hat die Gemeinde, wo gibt es freie Baulücken oder leerstehende Gebäude. "Unsere Analysen haben gezeigt, man braucht kein Krebsgeschwür an ein Dorf dranhängen, es gibt genug freie, leerstehende Flächen im Ortskern, wo eine Nachnutzung braucht. Darauf müssen sich aber zuallererst die Bürgermeister einlassen." Die Gemeinden bräuchten ein Netzwerk und müssten sich ein komunales Profil erarbeiten – gemeinsam mit den Bürgern. "Der Staat muss in Sachen Bebauungen den Rahmen, die Leitplanken vorgeben, innerhalb derer man sich bewegen kann."

Aktive Bürger gefragt

Es braucht aktive Bürger, die sich einbringen und jeden Tag ihre Überzeugung verbreiten.

Protokoll der gesamten Sunnseitn-Gespräche 2015:

Moderator Helmut Eder: Im Namen der Wirtschaftlichkeit wird die Verschandelung der Landschaft akzeptiert. Tarek Leitner hat dazu ein Buch verfasst. Er spricht darin von „geballter Schiachheit“. Er sagt: „Ich bin durch Ö gefahren und habe gesehen, es gibt keinen Platz mehr, der mein Auge nicht beleidigt.“

Auch der Autor Franzobel spricht in einem aktullen Bericht in den SN von Lagerhallen-Architektur. Ebenso ist das Thema eines, das den Bezirk betrifft. Die Gebäude im Bezirk: Zum Beispiel ist in Putzleinsdorf ein neues Lagerhaus an der Glotzinger- Kreuzung geplant. Dort ist die Frage: Soll das neue Gebäude nicht besser ins Betriebsbaugebiet –>Muss das dort auf der grünen Wiese sein, kann das nicht am Standort des alten Lagerhauses im Ort vergrößert werden?

Standpunkte Leitner:

Viele könnten sich fragen: „Mein Gott, der Leitner. Was sind das für Themen, ob da a bissl was zersiedelt wird, ob eine schiache Lagerhalle kommt. Gerade jetzt, wenn man die Flüchtlinge sieht und andere gesellschaftspolitische Themen mit Tiefgang betrachtet. Eine Bildungsreform ist wichtig, doch kommt man bei Fragen darauf zurück: Wie sind wir als Gesellschaft verfasst? Welchen Charakter hat diese Gesellschaft, wie gehen wir miteinander um? Achtsamkeit, Sensibilität, wie wir uns diesen Menschen annehmen, egal welche Politik. Begegnung mit Menschen – zum Beispiel die ungarische oder die österreichische Art. Das alles hat mit der gleichen Verfasstheit zu tun, wie wir mit der Landschaft, Lebensumgebung umgehen. Es hat viel miteinander zu tun und ist kein Luxusthema. Die Lebensumgebung wirkt zurück auf Charakter, formt uns. Es ist eine Wechselwirkung, wie es rundum ausschaut.

Ich freue mich, dass einige politische Funktionäre hier sind. Landschaft macht die Gesellschaft aus, sie bildet die Gesellschaft ab. Man kann gut lesen, wenn man hinausschaut, wie es in uns drinnen ausschaut. Ich kenne die Gegend hier von früher. Als Kind bin ich ins Pfadfinderlager heraufgefahren. Als ich heute wieder hergefahren bin, habe ich mich gefreut. Ich weiß nicht ob ich den schönsten Weg genommen habe, aber trotz des langen Abstandes, wo ich herkomme, war es nicht so extrem schiach.

Das Wort „schiach“

Das Wort „schiach“ ist ein Austriazismus. Dieses Wort haben wir uns schon zurecht gelegt. Das sagen nur wir hier, vielleicht, weils anders nirgendwo so ist. Hässlich ist etwas anders. Hässlichkeiten, die in der Kunst wieder schön sind. Steinerne Fratze am Kirchturm, hässlich aber wieder schön. Schaich ist ungewollt, ist uns passiert. Eigenes Wort, bemerkenswert, dass wir diesen Begriff als Österreicher kreiiert haben. Wie gesagt, als ich hergefahren bin, war es garnicht so schiach. Wahrscheinlich bin ich an keinem Kreisverkehr vorbeigekommen. Der Kreisverkehr an sich ist nicht das Problem, sondern das was er anzieht.

Tarek Leitner liest das Eingangskapitel seines Buches vor und entführt die Besucher auf eine geistige Reise von Wien in das Salzkammergut – mit allen Schiachheiten, die diese Fahrt mit sich bringt.

Ich habe mir auf dieser Strecke oft die Frage gestellt beim Schauen in die Landschaft? Warum ist das so schiach? Man siehts nicht in der eigenen Umgebung. Wenn man jeden Tat vorbeikommt, sieht man die Schiachheiten nicht. Das ist ähnlich wie die Entwicklung von Kindern. Bei den eigenen sieht man die Fortschritte gar nicht so sehr. Vielmehr aber bei Nichten und Neffen, da sieht man dieVeränderungen: Da fehlt ein Zahn, da ist die Stimme plötzlihc tiefer, etc.. Bei der Landschaft ist es ähnlich. Wenn man wo länger nicht hinkommt, fallen einen bestimmte Dinge verstärkt auf. Manchen Gegend, verändern sich nur ein bisschen. Ein neuer Bau dort, das nächste Mal dort eine kleine Veränderung. Wenn man nur ab und zu dorthinkommt, ist es nicht weiter schlimm. Alles ist aber schlimm iin der Addition nebeneinander. Wenn sich das immer mehr und mehr hinaus in die Landschaft zieht und da bei jedem Besuch so weiter geht.

Warum lassen wir uns das gefallen?

Ich habe mir oft die Frage gestellt, warum lassen wir das in unserer liebsten Umgebung zu, weil wir leben ja dort, Warum lassen wir das zu, dass Birnbaumhain abgeholzt wird für ein Einkaufszentrum, der wie ein Magent dieses und jenes anzieht: Eine große Abfahrtsrampe, Überführung, eine Unterführung um uns Zeit zu sparen. Warum werden Gewerbebauten errichtet, die primär nicht jemand braucht, um Geschäft zu betreiben. Zuerst kommt ein Investor, der sagt: Das stellma da her, das werden wir schon vermakeln können, eigentlich braucht es da aber noch niemand. Und das alles passiert vor unserer Nase.

Im Namen der Wirtschaftlichkeit

Die Antwort darauf ist auch meine Kernthese: Wir lassen das zu, weil wir uns im Namen der Wirtschaftlichkeit eine ganze Menge gefallen lassen, Uns etwas einreden lassen, solange, bis wir es gut finden. Oftmals weil jemand zu uns sagt, das rechnet sich. Ob sich das aber für uns rechnet, ist fraglich? Wir sagen sehr schnell ja, wenn wir hören, dass sich etwas rechnet. Dann machma das. Das Wirtschaftlichkeitsargument ist uns sehr nahe gekommen und hat uns eingenommen. Uns wird damit ein Bedürfnis eingeredet und ein schlechtes Gewissen erzeugt, wenn wir sagen möchten, das gefällt uns nicht, das ist schiach. Wir trauen uns das nicht mehr zu artikulieren, weil wir vom wirtschaftlichen Denken sehr vereinnahmt worden sind.

überall ökonomisches Denken

All das bildet den Charakter der Gesellschaft, weil das alle Bereiche unseres Lebens eingenommen hat. Absurd ist zudem, wie manche Bereiche unseres Lebens unter ökonomische Sichtpunkte gestellt werden. Schule, Universitäten, können nicht nach Wirtschaftlichkeit ausgerichtet sein. Man kann sie nicht zusperren oder abschaffen. Die Wirtschaftlichkeit zieht auch in unserem Familienleben ein. Wir müssen alles nach Fakten und Zahlen organisieren. Das Freizeitleben wird gemessen, mittels Apps können sportliche Unternehmungen aufgezeichnet werden. Ales wird ökonomischem Denken unterworfen. Das ganze reicht bishin zum Gemeinwesen: Der Parteichef, der Bundeskanzler muss durch eiinen Manager ersetzt werden, weil das Land wie ein Unternehmen geführt werden muss. Dieser Gedanke ist uns so nahe.

Wirtschaftlichkeitsdenken in allen Bereichen:

Wirtschaftlichkeitsdenken hat in allen Bereiche Einzug gehalten. Ein Beispiel dafür habe ich auf der ORF-Startseite entdeckt. Die Meldung, dass der Strafvollzug in US-Bundestaaten wo die Todesstrafe nicht vollstreckt wird, ist billiger als dort, wo die Leute umgebracht werden. Ernsthaft haben Staaten überlegt, die Todesstrafe aussetzen, aufgrund eines wirtschaftlicher Überlegungen. Das ist die Perversion des Wirtschaftlichkeitsarguments. Wenn wir über das Leben von Menschen diskutieren. Mit dem Wirtschaftlichkeitsargument kann man nicht über die Todesstrafe reden.

Lebensumgebung: es geht um unser Leben, in dieser Umgebung, das kann man nicht über wirtschaftliche Argumetne führen. Wenn ein neuer Diskonter gebaut wird, dann bekommen wir Fisch billiger. Fisch kostet dann statt 3,20 nur mehr 3,18. Jeder denkt sich, gut, das ist auch Geld, das spar ich mir dann. Dann haben sie uns wieder überzeugt. Vielmehr sollen wir uns die Frage stellen, warum ist der Fisch dann um zwei Cent billiger? Oder das T-Shirt um ein paar Euro. Nicht wir sparen so Geld, sondern wir zahlen die Differenz oft an anderer Stelle, ohne das zu merken. Wir tun das als Gesellschaft, wir bauen alle Infrastrukturnetze größer, um Arbeitspläzte zu sichern. Arbeitsplätze ist das Todschlagargument. Die Realität ist aber, dass solche Pläne oft an anderer Stelle mehr auffressen als sie dort schaffen.

Schöne Bilder in Medien

Wir sehen das alles, nicht. Es ist nicht so, dass wir blind sind, obwohl wir schon in virtuellen Räumen leben. 2/3 schaut auf Display beim Gehen, im Zug beim Auto, beim Selberfahren. Es hat den Anschein, dass es eh wurscht ist, was rundherum ist. Es ist die Medienwelt, die uns schöne Bilder suggeriert. Schauen schon hin. Sehen das, aber wir sind Meister im Verdrängen. Denn das Leben ginge gar nicht, wenn wir das jedes Mal alles bewusst wahrnehmen könnten. Wenn wir uns jedes Mal ärgern beim Weg zur Schule, zum Arzt – da kriegen Sie ja ein Magengeschwür, das ist auch ungesund. Daher verdrängen wir vieles, sehen das nicht mal mehr. Wir legen die Scheuklappen an. Aber wir wissen auch aus der Psychologie, dass alles was verdrängt wird, wieder einmal anklopft. Das Problem ist nicht gelöst. Merkt man oft plötzlich: jässas,wie schiach ist es.

Flucht in schöne Bilderwelten

Wir flüchten uns sehr erfolgreich in schöne Bilderwelten auf Displays unserer Smartphones, auch in Zeitschriften,. Magazine mit Landschaft, Kochen, schöner Wohnen boomen, weil wir Sehnsucht danach haben, dass es schön ist. Die Zeitschrift Landlust hat eine höhere Auflage als das führende Nachrichtenmagazin (Profil). Die Menschen haben große Lust, das Schöne zu sehen, zurück zur Natur. Schöne Landschaften, liebe Leute, die was Schönes machen, Marmelade einkochen, schöne Sachen eben. Aber diese Welt gibt es nicht, die wird uns nur suggeriert. Schöne Bildbände, Fotos vom Land, Ecken und Enden des Landes, die es gibt, sind gut verkaufte Werke. Derweilen müssen wir im wirklichen Leben die Perspektive immer weiter einschränken, damit wir die Schönheiten sehen. Damit wir das Foto so sehen können und nicht anders. Fotografen brauchen immer längere Teleobjektive, höhere Brennweite um das Schöne zu sehen in der Landschaft. Der Rest ist zugebaut, verbaut, hinter Lärmschutzwänden. Menschen aber haben nicht immer Teleobjektiv, das Auge hat die normale Brennweite. Wir sehen alles. Ich sehe hier alle: die Schönen und die Schiachen. Bei der Landschaft ist es das Gleiche. Wenn wir an unsere Bundeshymne denken: begnadet für das Schöne. Man lernt das, glaubt das selber. Aber mann muss schon so genau hinschauen um das begnadet Schöne zu sehen. Mit einem normalen Blick ist es so, dass die kleinen Bereiche alles überlagen.

Ein Tropfen Gift

Der Blick in eine schiache Landschaft mit vielleicht nur einem schiachen Gebäude, der ist zerstört. Das ist, wie wenn ich in ein Glas Wasser 1 Tropfen Gift hinein gebe, das vernichtet das ganze Glas.So auch bei der Landschaft: Ein Tropfen reicht, um alles zunichte zu machen. Daran arbeiten wir mit großem Nachdruck. Wer sagt, das ist immer schon so gewesen, der irrt. Alte Mühlviertler Bauern haben nicht den Hof hingestellt und gesagt, „Wir haben eh nix, aber wir machen einen schönen lieben kleinen Hof. Den bauen wir eine schöne Senke oder auf einen Hügel, damit jemand, der sich mit Fotografie auskennt daraus etwas machen kann. Gemacht wurde, was gegangen ist. „Wir haben ein paar Steine, die schütten wir auf, machen großen Hof dorthin. Man hat immer das gemacht, was möglich ist, nicht das was lieb ist.

Können alles machen

Jetzt ist ein neues Zeitalter gekommen jetzt. Seit Mitte 20. Jahrhunderts. Es ist möglich geworden, alles zu machen. Es gibt keine natürlichen Grenzen mehr. Es ist nicht mehr so, dass man manche Dinge nicht mehr erreichen kann.
Ich nenne dieses Zeitalter das menschengemachte Zeitalter. Es ist so, dass wir als Menschen die gesamte Erdoberfläche nach unseren Vorschlägen gestalten möchten. Den Natur, Wind, Wetter – alles können wir beherrschen und formen. Natürlich auch die Gebäude. Die Folge ist klar: Hallen, Kubaturen, werden in kürzester Zeit errichtet. Vor 100 Jahren war das nicht möglich. Wenn jemand einen Stadel bauen wollte, hat er gewusst, was man braucht und was man machen will. Heuer geht alles viel schneller: ein Hochregallager, wird aufgestellt, einen Tag später ist der Tannenbaum oben, eine Woche später kann man das Gebäude abnehmen und in Betrieb nehmen. Heuzutage haben wir die Möglichkeiten dazu. Deshalb ist es heute notwendig, sich selber Grenzen zu setzen. Es muss auch Grenzen im machbaren selbst geben, was die Bearbeitung der Lebensumgebung betrifft.

Flugzeugabsturz und L'Aquila-Erdbeben

2 Beispiele: Der Absturz der Malyasia-Airline in Australien. Das Flugzeug war über Monate völlig verschollen. Das war für viele unglaubwürdig. Das konnten wir nicht verstehen, dass auf der Erde einfach etwas verschwindet. Wir meinen, wir können alles kontrollieren, das können wir eh auch. Im Vergleich zu früher: Wenn in den Alpen ein Flugzeug abgestürzt ist, wurde es jahrelang nicht gefunden. Heute dürfte das nirgendsmehr auf der Welt möglich sein.

2. Beispiel. Das schwere Erdbeben: 2009 in L'Aquila in Italien. Italienische Geodynamiker sind gekommen und wurden angeklagt, weil nicht vorhergesagt haben, dass ein Erdbeben kommt. Allein der Umstand, dass eine Gesellschaft es für möglich hält, Leute anzuklagen, weil sie vom Erdbeben, nichts gewusst haben. Die Geologen sind verurteilt worden in erster Instanz. Das sind Dinge von denen wir glauben wir können alles steuern und beurteilen. Aber es bleibt die Frage: Wo unser Grenzen selbst setzen, damit wir nicht immer weiter in die Landschaft bauen, Flächen verbrauchen und immense Kubaturen errichten.

Grenze zu Bayern

Man muss nur via Google-Earth über Oberösterreich fliegen und nur die Landwirtschaft sehen Zwischen OÖ und Bayern ist sehr schön ausmachen, wo die Grenze ist. Unterschied zwischen planlosen Ausbreitung der Zersiedlung dort und hier.
Es braucht rechtliche Konzeptionen. Behörden müssen sich auf verschiedenen Ebenen in die Lage versetzen. Bürgermeister sind oft einem großen Druck ausgesetzt. Manche kommen in die Gefahr des Wettlaufs um die Schiachheit. Manche gewinnen den. Im Waldviertel: Konzern wollte großes EKZ errichten und hat geschaut: wohin? Der Bürgermeister hat gesagt es gibt zwei Möglichkeiten, entweder auf dem Grundstück in unserer Gemeinde, oder 200 Meter weiter weg, auf einem Grundstück der Nachbargemeinde. Das gilt als Entschuldigung. Niemand kann ihn dann anklagen, so etwas Schiaches hierhergeschafft zu haben. Interessenlagen sind nachvollziehbar und schwierig. Wir sind politisch gefordert, im Namen der Schönheit Lösungen zu finden.

Beispiel Waldviertel

Eine Stadträtin im Waldviertel sagte einst: Sie mache sich keine Sorgen umd die Stadt und das neue Einkaufszentrum. In 50 Jahren kommen die Leute nicht zum barocken Kircherl, um sich das anzuschauen, sondern sie kommen wegen dem Einkaufszentrum. Die Zeiten ändern sich. Vielleicht fahren wir irgendwann nicht mehr nach Rom sondern in die SCS. Vielleicht schaut man sich einmal nicht mehr die Wiener Innenstadt sondern Vösendorf an.

Kein Bauherr mehr

Kumuliertes Kapital sucht heute Ausfluss in gebauter Anlage, Wertanlage. Es gibt nicht mehr einen Gestalter (Bauherr). Dieser wurde abgelöst von gewerblichen, von Investoren. Vielleicht sind sogar wir diese Investoren. Weil wir, zahlen monatlich ein, auch in Immobilienfond investierten, dann kriegen wir einmal mehr Pension. Wir sind oft selbst Täter und alles läuft über die Anonymität des Investors.
Beim Bauen heute gibt es keinen Chef, der gestalterisches Willen hat. Keinen, der hingeht und schaut: was passt da her. Dinge werden am Schreibtisch entscheiden, zugunsten jenen, die höchste Rendite bringen. Es gibt ein Architektenkollektiv, das von einem Investmentkollektiv, beauftragt wird, dazwischen gibt es das Rechtsanwaltkollektiv. Es sitzen Leute beeinander, von denen keiner selbst etwas erschaffen will. Die Version ABCD wird genommen, wo unten rechts in Excel-Tabelle die höchste Rendite herauskommt.

Widerstand abgekauft

In der Bevölkerung gibt es wenig Widerstand dagegen. Uns wurde der Widerstand abgekauft, weil der eingepreist ist in jedes große Vorhaben. Wir haben uns den Widerstand abkaufen lassen. Beispiel: Hainburg zB: ein Mechanismus in politischer Auseinandersetzung. Damals war klar, wo die Grenzen und die Konfrontationslinien verlaufen. Die einen sind dagegen und die anderen dafür. Jeder konnte sich entscheiden, ist er dagegen oder dafür? Diese Grenzen verschwimmen für alle die, die heute etwas errichten wollen. Klar ist: So wie damals kann man es nicht machen. Sonst ketten sich Gegner an die Wand, das kostet extra, führt zu Bauverzögerungen, etc. Wegen diesen paar Schwindlichen. Die paar Gegner, die kaufen wir uns vorher ist die Devise. Man kann sie in das Bauvorhaben einbinden, in dem man ihnen vorab einiges anbietet: einen Naturlehrpfad, ein Bankerl, geschottterte Wege, wo sie Infotafeln über das Sexualleben der Heuschrecke aufstellen dürfen, oder ein Biotop, das sehr lieb ausschaut. Das kostet den Investoren einen Pappenstiel, bevor sie die Auseinandersetzung habe. Man muss die Leute umarmen. Das funktioniert auf viel höherer Ebene und in intensivieren Art, zum Beispiel bei global agierende Umweltschutzorganisationen. Großkonzerne umarmen mit ihrem Geld. Darauf müssen wir achten und die andere Sicht der Dinge artikulieren.

Schönheiten unter Glassturz

Heute werden viele Dinge unter Glassturz gestellt, um an anderer Stelle noch brutaler umgehen zu können. Das ist keine Kritik am Naturschutz und Denkmalschutz. Das Denkmalamt schützt gewisse Dinge, dafür können wir an anderer Stelle noch gedankenloser agieren. Auffallend ist auch, dass die brauen Taferl auf den Straßen zunehmen. Sie weisen uns auf die Schönheiten hin, weil wir oft nicht glabuen , dass hinter der Lärmschutzwand nu was Schönes kommen könnte, ein historischer Altstadtkern, etc… Dieser Ort auf den sie uns hinweisen ist nicht mehr in normaler Lebensumgebung, durch die wir durchgehen. Sie sind nicht mehr auf unserem täglichen Lebensweg. Dort sind vielmehr Schiachheiten. wo wir nicht bleiben wollen und wir sind nur deshalb dort, weil wir schnell von A nach B müssen. Schnell durch, weil dort würden wir nicht bleiben wollen. Höchst unangenehm.
Zunehmend ist es in unserer Lebensumgebung so: Wir können keine angenheme Zeit haben auf diesem Weg sonder nur ein schnelles Durch und weg. Dasd führt dazu, dass wir etwas verlieren in unserem Leben: Nicht nur die Schönheit der gebauten Lebensumgebung sondern wir verlieren Glück. Lebensglück. Das besteht nicht in Abwesenheit von Schiachheit rund um Haslach, es ist nicht unwesentlich, wie es rund um uns ausschaut.

Urlaub machen, wo es schön ist

Urlaubsbeispiel: Will man eine schöne Zeit verbingen, dann sucht man sich einen schönen Ort. Ich kenne niemanden der sagt: Wir fahren wo hin, wo es richtig schiach ist. Umgebung muss schön sein, damit schöne Zeit entstehen kann. Zum Beispiel eine Großbaustelle im Hotel: die zerstört den Urlaub.
In unserem täglichen Leben mit den Mühen in der Arbeit, dem lästiger Chef,… all das kann man ein kleines Stück leichter ertragen, wenn man in angenehmer Lebensumgebung lebt. Viele Probleme, die wir als Gesellschaft haben, können wir dadurch lösen, wenn wir Schönheit sehen. Daher plädiere ist für die Forderung nicht nur 2-3 Wochen im Jahr zu verreisen sondern zu versuchen, die Schönheit auch an 340 Tagen im Jahr verwirklichen zu wollen.

Helmut Eder: Ist es in Bayern schöner, nicht so zersiedelt und warum ist es so?

Roland Spiller, Leiter des Amtes für ländliche Entwicklung in Niederbayern:
Das Wort „schiach“ gibt es auch bei uns. Aber des hört schon in Bayern auf. Bei uns gibt es ein Landesentwicklungsprogramm. Darin wird der Verdichtungsraum beschrieben. München, Nürnberg und der Rest ist ländlicher Raum. Ich komme aus so einem ländlichen Raum: in Niederbayern. Niederbayern hat so viele Einwohner wie München nur ist es dreißigmal so groß. Unsere Aufgabe ist es, den ländlichen Raum zu entwickeln. Für wen machen wir das? Für Kinder und Zukunft.

Leerstand als Problem

In der Realität kommt eine Welle an Leerständen in den Ortskernen auf uns zu. Unser Ziel ist es, dort Leben reinzubekommen. Es hilft nicht nur, die vielen Häuser zu sanieren, ich muss auch Leben reinbringen – neue Nutzung reinbringen.

Beispiel Oberschneiding: Dorferneuerung: Innenstadtentwicklung. Lagerhaus kaufen, sanieren, etc. Ziel war es, Leben reinbringen. Das funktioniert über einfache Dorferneuerung: die Gemeinde ist Bauträger und bekommt einen Zuschuss von der ländlich. Entwicklung
Turm steht noch: Rest ist Neubau. Ankauf gefördert, Abbruch, Neubau über Leader.IT- und Bürgerzentrum. Hochwertige Arbeitsplätze. 2700 EW. Wachsen mit Werten hat er raufgeschrieben.

Es gibt die umfassende Dorferneuerung mit einem Vorstand, Bürgermeister ist Pflichtmitglied und auch gewählte Bürger. Ein Kollege vom Amt für ländliche Entwicklung leitet das und der Bürgermeister hat auch nur eine Stimme.

Beispiel einer Ortskernsanierung wird vorgestellt. Mitte im Ortskern wurde ein 40 Jahre ungenutztes Gebäude renoviert.. Jetzt sind dort Firmen drinnen, hochwertige Arbeitsplätze sind entstanden, ein Zahnarzt hat sich angesiedelt, die Bank ist reingegangen, ebenso wie die Fahrschule und eine kleineSchneiderei, etc…
Leben im Ortskern. Verbinden von Arbeitsplätzen mit dem Leerstandsthema.

Vitalitätscheck

Das ist viel Bürgerarbeit und dafür gibt es bei uns den Vitalitätscheck: Welche Potentiale hat die Gemeinde an freien Baulücken, leerstehende Gebäude – wird erhoben. Es kam zB. heraus:
35 ha Potential hat die Gemeinde, gebraucht werden aber nur 5 Hektar. Man braucht also kein Krebsgeschwür ans Dorf dranhängen, weil man anderswo freie Flächen hat. Es müssen Ziele mit Bürgern definiert werden: Wo wollt ihr hin mit eurem Dorf? Darauf muss sich vor allem der Bürgermeister einlassen. Problem ist da oft, dass die Bürgermeister sagen: Die Bürger wollen etwas anders, als ich das haben will. Ein Beispiel ist auch ein Dorfladen, der vor Jahren aufgegeben wurde. Nun wurde wieder neuer Laden aufgemacht. Die Bürger haben aber erkannt, wir müssen dort einkaufen gehen, damit der Laden bleibt.
Die Gemeinde muss sich klar werden, welches Profil will ich haben und das muss in der politischen Arbeit umgesetzt werden. Es geht darum, nicht nur Anträge zu bearbeiten, sondern sich ein kommunales Profil zu erarbeiten. Dazu braucht man Netzwerk, Zusammenarbeit mit Bürgern und andere Akteure. Ziel muss sein, Leerstände zu nutzen, zuerst zu schauen, was wäre für diese und jene Belange geeignet, bevor man auf der grünen Wiese etwas baut.

Es braucht einen staatlicher Rahmen: Leitplanken, in denen man sich bewegt. Wichtig sind auch interkommunale Gewerbegebiet zu machen, über die Gemeindegrenzen zu denken. Zehn bis zwölf Gemeinden können zusammenarbeiten. Es braucht aber einen staatlichen Rahmen.

Ulrike Böker, Bürgermeisterin von Ottensheim (Bezirk Urfahr Umgebung):
Vor zwei Wochen habe ich ein E-Mail bekommen mit Bildern von der Eröffnung einer Tankstelle bei uns im Ort. Ich war selber nicht eingeladen, obwohl es in Ottensheim war. Als ich die Bilder gesehen habe, habe ich mich gefreut, dass ich nicht eingeladen war. Ich habe die letzen zwei Jahre versucht, die die dritte Tankstelle innerhalb von vier Kilometern zu verhindern. Das ist mir nicht gelungen, daher war ich froh, nicht eingeladen gewesen zu sein.

Ottensheim bietet Platz für Kreativität. Mit kleinen Veränderungen kann man großes bewirken. Wir liegen genau zwischen Stadt und Land. Die Leute gehen weg, kommen aber wieder zurück. Das ist generelle in Mühlviertel-Thema die Abwanderung, der Bevölkerungsschwund und wie wir die jungen Leute zurück holen können.

Baukultur als Thema

Baukultur spielt eine große Rolle. Es ist erlaubt zu experimentieren, Labore für Kultur schaffen. Das Land baucht Freiräume, lebendige Szene, innovatives Potential. Das müssen wir durch die Politik unterstützten, auch wenn nicht immer gleich etwas rausschaut. ZB:
Parkhotel Ottensheim. Bau(Kultur) ist Humus in einer Gemeinde. Das Kunstwerk „Stranded“ am Damm von Ottensheim, das dort schon lange steht, ist heute aktueller denn je. Es zeigt ein Flüchtlingsschiff, das von einem Künstler bunt bemalt und auf Damm aufgestellt wurde. Heute haben wir eine Baukultur in anderem Sinne. Seit vier Wochen Container haben wir Containerdorf für Flüchtlinge, das sehr herausfordernd ist. Es sind 100 Flüchtlinge, denen wir nur in Containern Schutz bieten können. 150 Ehrenamtliche sind beteiligt daran. Das ist eine Art Baukultur, die uns noch lange beschäftigen wird.

Offene Räume

Baukultur ist ein wichtiges Thema: Die Öffnung auf die Straße, öffentliche Räume, die offen und transparent sind. Die Politik muss Alt und neues verzahnen. Der öffentliche Raum ist wichtig für Bevölkerung. Das sieht man am Beispiel des Freitag-Marktes am Marktplatz von Ottensheim. Da ist viel Leben dort.
Wir versuchen schon lange mit Flächenwidmungen die Zersiedelung einzudämmen. Wichtig wäre, nicht mehr Einfamilienhäuser zuzulassen und Bauberatung für die Menschen anzubieten. Wir bräuchten qualitative Mitarbeiter in der Bauberatung, die den Menschen mit Rat und Tat zur Seite stehen können. Wichtig ist uns, Baulandgrenzen einzuhalten, um nicht die wunderschöne Landschaft noch mehr zu verschandeln.

Ich selbst bin aufgrund von Leerstand in die Politik gegangen. Ein Haus in der Gemeinde sollte 1997 weggerissen werden. Dagegen habe ich mich gewehrt. Was ist daraus geworden? Das weiße Haus von Ottensheim. Das hat viele Leute motiviert, leerstehendes wiederzubeleben. Die Menschen zu motivieren ist ganz wichtig. Man muss oft auch widerständig zu sein, etwas durchzusetzen. Es ist möglich.

Diskussion:

Helmut Eder: Leerstand kann auch eine Chance sein! Brauchen Mut etwas Neues zuzulassen. Erst wenn wir Neues zulassen, dann kann sich etwas ändern.

Josef Schütz, Architekt in Haslach: Ich hatte eine Kundschaft, die gesagt hat, sie möchte ein Haus, das für sie so schiach ist, wie sie alle Häuser schiach findet. Behörde und Bürgermeister haben das Haus abgelehnt, es waren viele Verhandlungen notwendig. Und es wurde gebaut und es ist
eines der schönsten Häuser geworden. Es geht also schiache Häuser schön zu bauen.

Gotthard Wagner: Frage: Wie kommen wir aus Marterl-Dasein heraus? Täglich werden 22 Hektar Land in Österreich verbaut. Das ist ungefähr ein kleiner Bauernbetrieb, der verbetoniert wird. Wir sind Wegbereiter für die Hässlichkeit und die Vernichtung von Zusatzpotential. Es gibt irgendwann keinen Humus mehr. Wenn diese Hässlichkeit erdrückend ist, und die Aktivität dahingehende ungebremst ist – wo führt das hin? Schönheit ist schon eine Überlebensfrage.

Tarek Leitner:
22 Hektar Land, die täglich verbaut werden. Das ist unvorstellbar für Österreich. Hochgerechnet heißt es, dass wir in 400 Jahren ganz Österreich komplett versiegelt haben, mit Ausnahme der Gebirge. Die Frage ist, wie man das rasch ändern kann, nicht wie man das macht. Ein Beispiel wären die Chinesen mit der 1-Kindpolitik, vielleicht sollen wir eine Ein-Hektar-Poltik einführen, aber davon sind wir weit entfernt. Wir müssen uns das zuerst deutlich machen und vor Augen führen. Quasi zuerst schrecken, dann überlegen.

Leerstände auffüllen

Die zweite Frage: Wo leben wir denn? Die durchschnittliche Größe von Einfamilienhäusern. Da wäre Potential vorhanden. Gebäude die 40 Jahre leerstehen, daran geht man vorbei und keiner denkt sich was. Wir sind achtlos, stattdessen kommt die Wirtschaftlichkeit ins Spiel: auf der grünen Wiese etwas auszurollen ist billiger als etwas Bestehendes neu aufzufüllen.

Beispiel Vösendorf: Ein Unternehmen hat eine Gewerbehalle gebaut. Die ist jetzt nicht mehr im Betrieb, rundherum verläuft ein rot-weißes Absperrband und das Hinweisschild Betreten verboten. Am Parkplatz sprießt schon das Gras. 1,5 Grundstücke weiter wurde die gleiche Halle mit gleichem Logo erneut gebaut. Das wirtschaftliche Verständnis, dass es billiger ist, das Gleiche anderswo zu errichten, anstelle Schraubenzieher in die Hand zu nehmen um bestehende zu sanieren und neu herzurichten.

Die echte Kosten, die das verursacht, sind nicht mit einrechnet. Daher ist es auch möglich, dass ein neu gebauter Diskonter viele Dinge billiger verkaufen kann. Aber der Unternehmen hat nicht Notwendigkeit gesehen. Arbeiter aufzutreiben, um bestehendes zu erhalten. Das schafft auch Wertschöpfung und Wachstum, zwar nach innen (= Qualität). Man muss die
Stellschrauben in der rechtlichen Ausgestaltung unsere Wirtschaftens neu drehen.

Ulrike Böker:
Kommunalsteuer: Das ist oft nicht so, dass jeder Euro der hereinkommt, auch wirklich ein Euro ist. Infrastruktur zu schaffen, ist oft ein Minusgeschäft. Beispiel Tankstelle: Arbeitsplätze-Argument. Sei froh, 3 bis 4 Halbzeitarbeitskräfte. Entscheidungen in politischen Gremien getroffen. Es braucht Leute, die sich trauen anders zu tun, dazu braucht es Menschen die sich trauen, in die Politik zu gehen. Man muss hineingehen, um Entwicklung zu ändern. Zum Beispiel das Flüchtlingsproblem: Da müssen wir weltweit Lösungen finden. Es braucht Querdenker, Spinner, gscheite Leute in die Politik. Und Bildung bei den ganz kleinen, um anzusetzen, etwas anderes zu sehen.

Roland Spiller:
Flächenverbrauch: 25 Hektar in Deutschland. Es gehen viele Anstrengungen ins Leere. Der Vitalitätscheck in den Gemeinden hilft, mit Zahlen aufzuzeigen, welches Potential ist da. Welche Leerstände in Zukunft sein werden. Viele neue Flächenwidmungen sind darin begründet, dass es auf bestimmte Grünstücke keinen Zugriff gibt. Manche Kommunen üben auch keinen Druck aus – um bei den Wahlen wiedergewählt zu werden.

Ein Steuerungsinstrumente wären höhere Beiträge für die Infrastruktur. Ein Kanal zum Beispiel muss eine bestimmte Belastung haben, damit er funktioniert. Wenn Leerstellen nicht genutzt werden, gibt es die Möglichkeit den Druck zu erhöhen, damit Private auch Baulücken zum Verkauf hergeben. Baugebiete sind größter Straßenverbrauch. Bei uns hat die Städtebauförder einen Folgekostenrechner: Was bedeutet das, was kostet neues Baugebiet – Das muss man den Menschen aufzeigen. Das ist nicht billig. Das führt zu einer Diskussion in der Bürgerschaft.

Helmut Eder: Beispiel von der Ökolog-Sommerakademie. Bei uns in Österreich sei es so, dass wenn wir alle leerstehende alte Gebäude nutzen, wir keine Neuen bauen müssten. Hans Holzinger fordert, es bedarf mehr Mutbürger, die gemeinsam auftreten.

Frau Kniewasser aus Ulrichsberg: Ich möchte Danke sagen für die heutige Diskussion. Alle drei haben mir aus dem Herzen gesprochen.

Publikum: Verbrauch von Land in den Städten passiert das umgekehrte: In Wien auf Kahlenberg zum Beispiel, da brechen Geschwüre auf, zB: der neue Bahnhof, Akh, schwarze Geschwüre in der Stadtlandschaft drinnen. Es ist erschreckend.

Tarek Leitner: Ein Gedanke dazu: Dieser Eindruck wird getrieben durch Wirtschaftlichkeit. Viele Projekte im urbanen Bereich, wo sinnvoller Weise durch behördliche Rahmenbedingungen und gesetzliche Grundlagen die Arten von Verwendungen durchgesetzt sind. Die Politik überlegt vorher, dort soll es so sein. Dann kommt Verkäufer, Käufer, kauft das und plant etwas, was dort nicht geht. Dann wird ein Käufer dafür gesucht und weiterverkauft. Der Preis ist gestiegen. Schließlich kommt jemand mit einer guten Idee, die den Regeln nicht entsprochen haben. Laut Bebauungsplan, Verwendungen, etc. ist diese Idee nicht vorgesehen. Am Ende steht der letzte Käufer der sagt: „liebe Politik. Jetzt müsst ihr mir das schon erlauben, damit ich das Geld wieder reinkrieg, das ich ausgegeben habe.“ Schließlich wird erlaubt, höher zu bauen, das Gebäude anders zu verwenden, etc. Die Politik ist Druck ausgesetzt.

Es gehört überlegt, ob Raumplanung, Baubehörde auf Gemeindeebne angesiedelt sein sollen. In Bayern auf Kreisebene (BH) wo nicht um fachliche Entscheidung geht. Man ist aus dem Interessenskonflikt draußen.
Ulrike Böker: Ich stimme als Bürgermeisterin zu, dass es hier manchmal einen Interessenskonflikt gibt. Die Raumordnung soll in großer Kooperation mit der Landesebene abgewickelt werden. Das Land OÖ muss Entscheidung treffen, aber hier ganz wichtig Experten darüber beiziehen. Das wäre sehr sinnvoll.

Roland Spiller:
Bayern: Gemeinde, Landkreis, regionale Planungsverbände als Dachorganisationen. Trotzdem kommt es auf die Menschen an. Es gibt unterschiedliche Ansätze. Oft Einzelinteressen, Bebauungspläne, die von der Gemeinde mühsam erarbeitet werden, dann kommt der erste Bauantrag und es gibt die erste Änderung dazu. Das nimmt überhand: Es muss sich jede Gemeinde ein Profil geben: erstreiten und erarbeiten und dann umsetzen.
Es soll einen Gestalungspreis geben: Ein gutes Beispiel wird ausgezeichnet. Wir wollen in diese Richtung gehen und Leerstände nutzen.

Gemeinde als Vorbild

Wichtig ist auch der Verbund: Eine Hochschule in Deggendorf wollte nicht in den Stadtkern. Oder das Finanzamt München oder die Stadt Grafenau. Der Staat will auf grüner Wiese bauen. Da musste der Bürgermeister stur bleiben, damit die Nutzung in den Ortskern zurückkommt.

Ulrike Böker:
Eine Einheit vor Ort ist wichtig. Wir müssen stärker an der Qualifikation der Gemeinderäte arbeiten und Entscheidung vor Ort lassen. Gemeinderäte haben Job, Familie und dann sollen sie nebenbei Entscheidungen treffen, wo Pakete von Dingen stehen, von denen sie oft nichts wissen. Das ist nicht einfach, da muss man sich Strukturen überlegen. Ich als Bürgermeisterin sitze hauptberuflich drinnen. Ich habe Zeit zum Nachdenken und wie wir qualitätsvollere Entschiedungen treffen können, darüber müssen wir nachdenken.
Sie selbst war als Bauherrinnen bei Amsthaus_neubau, nahe dran. Der Gemeinderat hat keine Chance, weil es zeitlich gesehen ein Problem ist. Hier muss man veränderungswürdig sein, um zu besseren Entscheidungen zu kommen.

Ludwig Kniewasser:
Schwere Verfehlungen in Ulrichsberg im Bezug auf die Alte Schule. Damals hat sich der Verein Alte VS gegründet und die Gemeinderäte haben im Wirtshaus Stimmung gemacht. Weg muss sie.! Die Volksschule muss weg, derweil wäre Bedarf der Nachnutzung gewesen. Ein Künstler hat angeboten das Haus zu kaufen. Nichts. Es wurde weggerissen, jetzt ist ein Betonplatzl dort. Ein Verweilplätzchen neben der Kirche. Wir hätten das Gebäude dringend gebraucht.
Schöneben: Dort wurde ein Waldkompetenzzentrum gebaut, weit weg vom Ort. Es hätte von der Notwendigkeit her im Ort gebaut werden sollen. Fußwege und kurze Fahrten wären wichtiger als 5 km zu fahren, um es anschauen zu können. Jetzt ist ein Hotel angeschlossen, die schöne Wiesen ist weg. Das Gebäude ist nicht zum Anschauen, es passt nicht in Landschaft. Problem bei uns ist, der Baumeister hat das Sagen, nicht der Bürgermeister.

Frage aus dem Publikum: Wie ist man in Bayern zu einem Raumordnungskonzept gekommen: Druck von oben, unten?
Es gibt ein Landesentwicklungsprogramm: Der Minister hat den Auftrag gegeben, das zu erarbeiten. In 70er Jahren. Dieses war in den letzten Jahre sehr stark in Diskussion, weil es die Gemeinden sehr stark einengen soll.
Horst Seehofer glaubt, ein Raumordnungskonzept auf ein paar Seiten genügt, um möglichst viel Freiraum geben zu können. Dieser Auftrag führt zu seinem sehr weichen Landesentwicklungsprogramm. Überall an Autobahn kann so ein Gewerbegebiet entstehen. Wer nach Straubing: reinfährt, sieht zuerst den Kreisverkehr. Vlrher war der Aldi vorm Kreisverkehr, jetzt ist er dahinter, ein anders Gebäude steht leer, Baumärkte gibt es auf der grünen Wiese. Fazit: Wir sind genauso schiach wie ihr.

Tarek Leitner: Beispiel Seewalchen: Österreich hat die höchste pro Kopfeinkaufsfläche in Europa. Es ist unverständlich, dass wir uns in Gemeinden noch immer mit dem Bau von Fachmarktzentren beschäftigen. Global Shopping Village: Noch immer wird in diesen Dimension gedacht. Besser wäre ausgeleerte Ortskerne zu nutzen, nicht unsere Landschaft zu zerstören. Wir müssen uns selber bei der Nase nehmen und kleine Strukturen schützen,die es in Ortskernen gibt.

Thomas Engleder: Plädiere für einfache Maßnahmen, wo wir Schirchheiten abmildern. In letzten Jahren viele Hallen, Gewerbehallen, Industriehallen, landwirtschaftliche Hallen stehen im Grünland. Einfache Maßnahmen wären: Bäume herumsetzen. Das hat jeder Bürgermeister in der Hand. Das kann man in jede Bauverhandlung und reinschreiben, 10 Bäume setzen. Zum Beispiel bei langen Fluchtlinien, wo Gebäude störend wirken. Ein Beispiel ist die Firma Cima in St. Peter. Das Unternehmen hat eine Gesamtfläche wie der ganze Ortskern, aber dort steht kein einziger Baum.

Gotthard Wagner: Wir müssen es schaffen, dass die Bauern nicht bis zum Waldrand ackern und bis zur Straße. Das sind kleine Maßnahmen, um die Artenvielfalt zu erhalten. Wir sind derzeit in einem riesen Irrenhaus, das uns alle Krank macht.

Mann aus dem Publikum: Jet-Tankstelle in Ottensheim: Immerhin haben sie es geschafft, ein altes Haus wegzureißen und nicht 100 Meter weiter in die grüne Wiese ein neues zu stellen.

Dame aus dem Publikum: Ortskerne soll man so gestalten, so wie früher die Plätze gestaltet waren. Öffentlicher Raum in alten Stadtkernen sind bestimmte Elemente, die einem als Touristen anregen und deshalb fährt man da hin. Italien oder Rom = Brunnen und Statuen, die das schön machen.

Ulrike Böker:
Platz öffentlicher Raum soll sein wie ein Wohnzimmer, wo man sich wohlfühlt, wo sich auch die Generationen wohlfühlen. Gasthaus und Kirche oft nebeneinander. Ist ein Grund. Wichtig: Ortskerne beleben – natürlich.

Resümee

Tarek Leitner: Man muss in sich selbst hineinhören, wie es an einem an einem bestimmten Ort geht. Was man da empfindet. Das ist ein erster Schritt, wo am Ende dann politisches Engagement stehen kann. Die Frage kann lauten: Finde ich es hier angenehm? Ich nenne das in meinem Buch: Latte-Magiatto-Zone: Will ich hier an diesem Ort einen Café trinken? Das führt uns zwangsläufig in Räume, die das Ausmaß des menschlichen Aktionsradius haben. Es ist die Kleinteiligkeit, die man da findet. Jeder muss entdecken, wo man blieben und sein will. Das hat auch etwas mit Bildung zu tun. Will man die Jugend in kommerziellen Kunstwelten der Einkaufszentren sehen. Wollen wir, dass das ein rein durchkommerzialisierte Raum ist oder gibt es Freiräume am Rande des Ackers. Nicht verstellte Räume, Plätze, wo wir leben können. Diese Charateristik hängt nicht allein an der Erhaltung alter Gebäude, wir müssen nicht in einem Museum von barocken Häuser leben. Wir haben heute mehr technische Möglichkeiten, als es sie jemals zuvor gegeben hat. Nur müssen wir diese Dinge wieder bauen, wo wir gerne hingehen möchten.Wir erschaffen solche Orte nicht mehr, obwohl wir es besser könnten als je zuvor. Die Kleinteiligkeit macht das aus. Ich Für Politiker ist es allerdings schwierg mit nichts Wahlwerbung zu machen. Es ist schwierg zu sagen, das habe ich für euch verhindert, Dank meines Einsatzes ist es soweit nicht gekommen. Aber es wäre nicht schlecht sich das durch überlegt zu haben und es den Leuten zu sagen, was sie uns alles erspart haben.

Ulrike Böker: Politiker müssen inne halten und zu ihrer Überzeugung stehen, egal was am Wahltag herauskommt. Viel kann man auf kommunaler Ebene für die Zukunft tun, wie Bebauungspläne gestalten, Grünräume definieren, Zersiedelung stoppen, der Landwirtschaft nicht immer nachgeben und die Ortskerne für die Bewusstseinsbildung wieder nutzen. Oftmals Zwischennutzungen in leerstehenden Gebäuen zulassen und Freiräume lassen. Man kann Geschichte und Gegenwart in Ortskernen schön zeigen. Alt und jung und kleine Strukturen eine Chance zu geben, das liegt an jedem einzelnen von uns.

Roland Spiller:
Wünscht sich aktive BürgerInnen einbringen und jeden Tag einen Bürger mehr überzeugen in ihrem Sinne. Abwägung ökonomisch, ökologisch, kulturell und sozial.

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