Erziehungsberater erklärt
Mit Kindern über aktuelle Situation in der Ukraine sprechen
Konrad Liebletsberger, psychoanalytisch-pädagogischer Erziehungsberater aus Rohrbach, erklärt, wie man mit Kindern und Jugendlichen über die aktuelle Situation in der Ukraine spricht.
BEZIRK ROHRBACH. Der Krieg in der Ukraine macht jeden betroffen. Die Bilder und Nachrichten, die um die Welt gehen, sind auch in den Köpfen der Kinder angekommen. Videos von Bombenangriffen, Bilder von Panzern und Gerüchte auf Social Media über den Ausbruch eines Dritten Weltkrieges schüren Ängste bei Kindern und Jugendlichen und lösen zahlreiche Fragen aus.
"In meiner Arbeit als Erziehungsberater wenden sich zunehmend mehr Eltern mit der Frage, wie sie mit den Ängsten und Sorgen der Kinder in Bezug auf den Krieg in der Ukraine umgehen sollen, an mich", sagt Konrad Liebletsberger, psychoanalytisch-pädagogischer Erziehungsberater.
Kindern die Angst nehmen
Wie sollen wir unserem Kind den Krieg erklären? Sollen wir unser Kind vor den Berichten der Medien schützen? Wie können wir unserem Kind die Angst nehmen? Mit diesen oder ähnlichen Fragen sehen sich Eltern konfrontiert. Aber auch in den Beratungsgesprächen mit den Kindern und Jugendlichen wird deutlich, dass der Krieg in der Ukraine sie sehr beschäftigt.
"Ein 10-jähriger Junge erzählte, dass er vor lauter Angst vor einem Krieg nicht mehr schlafen könne. Gemeinsam mit seinen Eltern versuchten wir dem Buben zu erklären, dass es im Moment ganz und gar nicht danach aussehe, dass der Krieg zu uns komme und er und seine Familie vor Gefahren sicher seien. Die Eltern nahmen sich viel Zeit für ihn zum Kuscheln und vermittelten ihrem Sohn, dass sie ein Anker der Sicherheit für ihn sind", so Liebletsberger.
Dieses Beispiel zeigt, wie wichtig es ist, Kinder und Jugendliche mit ihren Eindrücken und Ängsten nicht alleine zu lassen. "Kinder suchen bei ihren Eltern bzw. Bezugspersonen immer nach einem Gefühl der Sicherheit und Geborgenheit – besonders in Krisenzeiten", weiß der Erziehungsberater. Was Kindern Sicherheit vermittelt, ist individuell und je nach Alter sehr verschieden. Kleinen Kindern helfe alleine die Präsenz der Eltern, wenn sie in den Arm genommen und getröstet werden und ein Gefühl von Geborgenheit erleben. "Die Sprache jüngerer Kinder ist oft das Spiel und die Kreativität. Dementsprechend verarbeiten sie oft belastende Erfahrungen und Gefühle in Phantasiespielen oder Zeichnungen", erklärt Liebletsberger.
Kindergerechte Nachrichten
Kinder haben sehr feine Antennen und spüren ganz genau, was in ihrem Umfeld passiert und wie es ihren Bezugspersonen geht. Es ist wichtig, dass Eltern die Fragen der Kinder mit vertrauten Worten ehrlich, offen und altersadäquat beantworten, sagt der Erziehungsberater: "Es ist aber auch in Ordnung, wenn wir Erwachsenen nicht auf jede Frage eine Antwort haben."
Kinder unter zehn Jahren sollten, wenn möglich vor den Bildern vom Krieg im Fernsehen geschützt werden, da sie diese noch nicht so gut verarbeiten und einschätzen können. Internationale Organisationen wie die UNICEF, die Hilfsorganisation Rat auf Draht und auch andere bieten spezielle Kinder-Nachrichten an, die die Geschehnisse in der Ukraine kindgerecht erklären.
Thema Krieg sollte nicht dauernd präsent sein
Nicht nur Kinder, sondern auch Jugendliche sind sehr betroffen. "Schauen Sie gemeinsam mit ihnen die Berichterstattung an und tauschen Sie sich offen und ehrlich mit ihnen über ihre Gedanken und Gefühle aus." Jugendliche haben auch oft den Drang, aktiv etwas zu tun, damit sie sich nicht ganz so ohnmächtig erleben. Man kann hier gemeinsam überlegen, wie den Menschen in der Ukraine mit Spendenaktionen oder Ähnlichem geholfen werden kann.
"Einerseits ist sehr wichtig, dass wir die Gefühle der Kinder und Jugendlichen ernst nehmen und ihren Fragen zum Krieg Raum geben. Andererseits sollten wir jedoch auch dafür sorgen, dass der Krieg nicht dauernd präsent ist, wir ein Stück “Normalität“ in den Familien leben und gemeinsam Dinge tun, die uns gut tun."
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