Sturzhelm an den Nagel gehängt
Ein Leben auf der Überholspur

Beim German 100 Meilen Rennen auf dem Euro Speedway Lausitz Tri-Oval sind wir mit den Formel 3 Autos einen Schnitt von 250 km/h gefahren. Die Formel 1 ist 2020 beim GP von Österreich einen Schnitt von 202 km/h gefahren.
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  • Beim German 100 Meilen Rennen auf dem Euro Speedway Lausitz Tri-Oval sind wir mit den Formel 3 Autos einen Schnitt von 250 km/h gefahren. Die Formel 1 ist 2020 beim GP von Österreich einen Schnitt von 202 km/h gefahren.
  • hochgeladen von Werner Gattermayer

Im Jahr 1970 hat der 12-jährige Franz Wöss den Großen Preis von Deutschland in Hockenheim gesehen. Jochen Rindt hat auf Lotus gewonnen. Danach war er so begeistert, dass für ihn feststand: "Ich werde auch Rennfahrer."

SCHWARZENBERG. "Mich fasziniert die Technik, die Atmosphäre. Einen Rennwagen so einzustellen, dass ich damit schneller fahren kann, als meine Konkurrenten, der Kampf im Rennen, die Technik zu beherrschen – das macht mir Spaß“, schildert der gelernte Tischler den Beginn seiner Karriere. In den ersten Jahren seiner Rennlaufbahn habe es nur gekracht: "War auf der Rennstrecke irgendwo ein Unfall, war ich sicher dabei“, erzählt der 63-Jährige von den wilden achtziger Jahren in der Formel Ford.

„Bei grüner Ampel bin ich einfach losgefahren, ohne viel nachzudenken“,  wundert sich der Vollgasprofi noch heute, die „Crash-Phase“ ohne größere Schrammen überlebt zu haben: „Ich habe immer den anderen die Schuld gegeben. Irgendetwas läuft falsch“, war ihm bald klar: „Entweder, es geht dir das Geld aus und du musst aufhören, oder du änderst deine Einstellung“ folgerte er, dass „mit mehr Hirn zu fahren“ angesagt war. Schließlich  zeigte er dann daraufhin wieder die artgerechte Haltung seines Renngerätes.

Glücklich, erleichtert und stolz

1994 gab es das erste Mal Tränen bei einer Siegerehrung. Die Zuschauer wussten, die Rennsportlegende Wöss wurde nicht geschüttelt – er war nur gerührt: „Da spielen sie für ein Team aus Schwarzenberg die Bundeshymne“,  so geschehen nach seinem ersten Formel drei Sieg in Ungarn.

Pokal oder Spital

„Vor einem Rennen gehe ich die Strecke zu Fuß ab. Der PC gibt dann die Schaltpunkte vor, nachdem wir das Streckenprofil und die Getriebeübersetzung hineingeladen haben. Die richtigen Gänge lerne ich dann auswendig. Nervös bin ich nur, wenn ich den Helm aufsetze. Sobald ich angeschnallt bin, werde ich ganz ruhig. Ich bekreuzige mich und gebe Vollgas“, beschreibt der ehemalige Gemeinderat die ersten Phasen eines Rennens. 220 PS beschleunigen den 560 Kilogramm schweren Dallara F308 Mercedes und den 65 Kilogramm schweren Fahrer wie das Katapult eines Flugzeugträgers in 3,1 Sekunden auf 100 km/h,  nach 7,7  sec wird der Asphalt mit 200 km/h unter der Formel 3 Rakete durchgezogen. Je nach Rennstrecke und Übersetzung endet der Vorwärtsdrang dann bei 260 km/h. „ Diese Beschleunigung ist ein einzigartiges Gefühl, das Leute, die nie einen Rennwagen gefahren haben, auch nie gefühlt haben.“

Die Angst bleibt an den Boxen

Angst vor dem Start hatte er nie: "Ich bin ja hierher gekommen um ein Rennen zu fahren und da weiß man, was einen erwartet. Im Laufe der Zeit und mit den vielen Starts und der Routine, hat die Anspannung nachgelassen. Ich kann mich in der Startaufstellung vor dem Start so konzentrieren und abschalten, dass ich rundherum nichts mitbekomme." Erst das Ein-Minuten Signal vor dem Start rüttelt den "Master of Vollgas" wieder wach. "Auch im Rennen habe ich keine Angst, da bin ich viel zu beschäftigt mit dem Fahren (Schalten, Bremspunkte finden, Ideallinie suchen, Rückspiegel schauen, die Gegner vor- und hinter mir beobachten, Überholmanöver vorzubereiten, oder Angriffe von Gegner abzuwehren). Da kommt kein Gedanke von Angst auf.“

„Die Füße sind ins Freie gestanden“

Den schlimmsten Unfall seiner Karriere überstand der Organisator der Formel drei Rennserie und „Alpen-Bernie“ (Ecclestone) am Salzburgring: „In der Fahrerlagerkurve hatte ich bei 246 km/h hinten rechts einen Reifenplatzer. Ich habe mich fünfmal gedreht, bin aber nirgends angeschlagen: Glück gehabt, dachte ich, aber da habe ich mich zu früh gefreut. Der Schweizer Frank Landeck ist dann mit seinem Rennwagen voll in mein Auto hinein geflogen und hat es aus dem Stand wieder auf 170 km/h beschleunigt und 70 Meter weit weggeschleudert. Dann kam es zur Massenkollision. Als sich der Staub gelegt hat, habe ich die Folgen gesehen: Mein Auto war vorne um 50 cm kürzer.“

Viel Arbeit für „Schraufer“ Arnold Graier. Die Vorderachse mit den Rädern war weg, die Füße sind ins Freie gestanden. Nur Prellungen waren die Folge. "Im Unfallkrankenhaus Salzburg habe ich meinen Unfallgegner wieder getroffen: „Was tust du denn hier?“, hat er mich gefragt, weil er durch den Unfall sein Kurzzeitgedächtnis verloren hatte.“ 2009 war der Gaspedalartist wegen einer schweren Erkrankung ein ganzes Jahr lang außer Gefecht. „Seitdem genieße und nütze ich das Leben intensiver als vorher. Ich ärgere mich auch fast nicht mehr.“

Erfolge als Fahrer und als Teamchef

Am Mount Everest des österreichischen Motorsportes war der Bleifußpilot nach dem Gewinn der Formel drei Staatsmeisterschaft und 2015 als FIA Zone Formel dreifacher Europameister.
„Ich habe die Rennen nicht gezählt, die ich gefahren bin, aber von 1980 bis 2020 werden es wohl einige hundert gewesen sein. Wie viele Rennen meine Fahrer gefahren sind, habe ich auch nicht gezählt. Aber ich weiß, dass von 1983, als ich mein Team gegründet habe, bis 2020 insgesamt 102 Fahrer aus 23 verschiedenen Nationen für mein Team gefahren sind.“ Die Ränge eins bis drei belegten seine Fahrer im Vorjahr in der FIA Zone Formel drei Europameisterschaft. Franz Wöss steuerte seinen Dienstwagen auf den dritten Platz. Zum Drüberstreuen gab es noch Spitzenplätze in der Internationalen Österreichischen Formel 3 Staatsmeisterschaft, in der tschechischen und in der italienischen Formel 3 Meisterschaft

Als Rennfahrer in Pension, als Teamchef weiter aktiv

„Mit fast 63 Jahren von denen ich 40 Jahre  lang Rennen gefahren bin, war beim Großen Preis der Slowakei im Vorjahr ein perfekter Zeitpunkt, um aufzuhören: zweimal Trainingsbestzeit, zwei Siege und zweimal schnellste gefahrene Rennrunde. So ein Erfolg kommt nicht mehr und ich kann als Sieger aufhören. Ich habe mir nie zuvor Gedanken gemacht, wann ich aufhöre, aber am Samstag nach dem ersten Rennen, abends beim Duschen, habe ich mir gesagt: Wenn ich dass morgen noch einmal so hin bekomme wie heute, höre ich auf. Es war dann am Sonntag auch so. Schon in der Startaufstellung spürte ich den Siegeswillen.

Ich sagte mir: Heute springt für dich zum letzten Mal die Startampel auf grün. Als ich dann mit 0,3 Sekunden Vorsprung als Sieger über die Ziellinie raste, sagte ich mir: Das war deine letzte Zielflagge. Im Parc Ferme stieg ich aus den Rennwagen." Als er seinem Team mitteilte, dass er sein letztes Rennen gefahren ist, waren sie sehr verwundert und meinten: "Das kannst du nicht machen. Du führst jetzt in der Österreichischen Formel drei Meisterschaft und bist an zweiter Stelle in der Formel drei Zentral Europameisterschaft. Du kannst das alles gewinnen." Der Gaspedalstreichler erwiderte: „ Ich war schon Staatsmeister und Zentral Europameister, es ist vorbei.“ Nach der Siegerehrung schenkte ich den Siegerpokal dem Chefmechaniker Peter Hoffmann und meinen Sturzhelm meinem langjährigen persönlichen Mechaniker Siegfried Grobauer. Sie konnten es noch immer nicht glauben und es gab auch Tränen“, schildert der „Rennrentner“ seinen Abschied.

Sport als Lebensschule

„Ich möchte keine Minute, die ich in den vergangenen 40 Jahren im Rennsport verbracht habe, missen. Ich durfte wunderschöne Momente, wie auch nicht so schöne und traurige Momente erleben. In dieser Zeit habe ich viele Leute getroffen, die mir etwas beigebracht haben und die mich geprägt haben. Habe unvergessliche Erfahrung gemacht. Ich bin in viele Länder gereist. Bin gesund geblieben und konnte meinen Traum leben. All das war es wert.“

Fotos: gawe

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