Episoden aus meinem Leben - Der Iran ist anders
Episoden aus meinem Leben
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Der Iran ist anders. Dabei geht es nicht um die Regierungsform oder die Religion. Es geht um einige Eigenheiten wie jenen, die sich mir bei meinen Geschäftsreisen in Länder wie beispielsweise nach Saudi Arabien, Syrien oder den Jemen, wo der Islam zuhause ist, eingeprägt haben.
Von der CEBIT, der jährlichen Messe für Büroartikel, weiß ich, dass die Verhandlungen mit den Persern am schwierigsten sind und von meiner Seite großes Geschick erfordern. Dabei gelingt es mir im Jahr 1996, in den Iran an nur zwei Kunden 1250 Tonnen Papier zu liefern. In dieser Zeit beziehen die zirka 50 Kunden aus jenen zehn Ländern, die dem Mittleren Osten verbindlich zuzuordnen sind, etwa 5000 Tonnen.
Allein daran ist ersichtlich, wie wichtig meine Konzentration auf die Lieferungen nach Teheran ist.Das veranlasst mich dorthin zu reisen, um unsere Geschäfte zu intensivieren. Unser persischer Vertreter ist begeistert, dass ich seinem Land und damit ihm so viel Aufmerksamkeit schenke.
Bei meinen Reisen in die Länder des Mittleren Ostens macht der Dienstpass, der mir für meine oftmaligen Reisen im Interesse eines gewichtigen österreichischen Industriezweiges genehmigt wurde, wenig Eindruck. Er bewirkt eher, dass ich noch aufmerksamer beobachtet werde. Bei meiner Ankunft in Teheran jedoch verblüfft mich, dass mein Dienstpass von einem Einreisebeamten zum Anlass genommen wird, mich an der Zollstelle vorbei bis vor den Flughafen zu geleiten. Empfangen werde ich dort von unserem Repräsentanten für den iranischen Markt.
Nach dem Einchecken im Hotel führt er mich in sein Büro. Dort überrascht mich ein weiteres Detail. Die Sekretärin arbeitet in dem von Kunden und damit auch von mir zugänglichen Raum. Sie trägt keinen Schleier, sie ist nicht in Schwarz gekleidet. Ihr Kopftuch ist grün, nachlässig aufgesetzt und nicht einmal unter dem Kopf zugeknotet. Ungeniert redet sie mit mir in Englisch und genießt es offensichtlich, ihre Kenntnisse verwenden zu können. Sie ist nicht auf die Landessprache Farsi begrenzt.
Am Abend lädt mich unser Vertreter in ein eher kahles Restaurant ein. Die Speisen sind für mich etwas ungewohnt und exotisch, aber außerordentlich köstlich. Was mich aber tatsächlich frappiert ist die Tatsache, dass mein Gastgeber sein Sakko etwas zur Seite schiebt, sich vorbeugt und mir aus einem Flachmann Whiskey in die Limonade gießt. Wir prosten uns zu.
Anderntags besuchen wir den ersten Kunden. Jetzt können wir uns - im Gegensatz zu unseren Treffen auf den Messen - für unsere Verhandlungen ausreichend Zeit nehmen. Das erleichtert meine Aufgabe keineswegs. Wir reden über die Auswahl von Qualitäten, Liefer- und Zahlungskonditionen. Die detaillierte Festlegung des endgültigen Preises verlangt von mir ungeteilte Aufmerksamkeit und enormes Einfühlungsvermögen, um den so wichtigen Kunden nicht zu verlieren. Andererseits ist Härte erforderlich, um die Interessen meiner Firma zu wahren.
Iran Auch bei diesem Kundenbesuch begegnet mir eine Sekretärin, die sich ähnlich verhält wie die Frau im Büro unseres Vertreters. Beide vermitteln mir den Eindruck, mich in der Türkei und nicht in einer streng islamisch geführten Nation zu befinden.
Zu meinem Abschied aus dem Iran nach dem Besuch des zweiten Kunden am nächsten Tag vermittelt mir mein Mittelsmann seine Befriedigung über die Ergebnisse dieser Gespräche. Er bringt mich im eigenen Auto zum Flughafen und überreicht mir als Abschiedsgeschenk eine wunderschöne Intarsie, die mich tief beeindruckt.
Die Unterschiede zwischen dem schiitischen Persern und Arabern, die sich als Sunniten bekennen, sind nicht nur auf die Religion zurückzuführen. Der Iran ist tatsächlich anders.
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