Episoden aus meinem Leben - Jugendrotkreuz
Episoden aus meinem Leben
75 Splitter - Ich bitte um einen aussagekräftigen Titel
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JUGENDROTKREUZ Voll Enthusiasmus gründe ich eine Jugend-Rot-Kreuz-Gruppe. Unser Englischprofessor, verantwortlich für die Belange des Roten Kreuzes in unserer Schule, hat mich dazu angestiftet. Ich verstehe seine Aufforderung als
Anreiz, den Ideen von Henry Dunant zu folgen und sie weiterzutragen. Etwa die Hälfte der 6a-Klasse unseres Gymnasiums kann ich davon begeistern. Wir nennen uns vollmundig „Jugend der Tat“. Als Leiter dieser Gruppe bin ich höchst motiviert, auch anderen dieses philanthropische Gedankengut zu vermitteln.
Analog zu Dunants Denkschrift „Eine Erinnerung an Solferino“ beschließen wir, eine Zeitschrift ins Leben zu rufen. Wir nennen sie „Stimme der Jugend“.
Ich fühle mich verpflichtet und befugt, die hehren Ziele, die unsere Überzeugung ausmachen, diesem vierteljährlichen Blatt voranzustellen. Damit jedoch das Heft einerseits zustande kommt und andererseits gelesen wird, nehmen wir auch andere Inhalte darin auf. Die Mitglieder der „Jugend der Tat“ haben unterschiedliche Begabungen. Dementsprechend werden sie auch eingesetzt. Einer von ihnen stellt seine Adresse für schriftliche Anfragen zur Verfügung, da die Anschrift des Klosters zu Irritationen oder Fehlleitungen führen könnte. Ein anderer ist, künstlerisch begabt, für die graphische Gestaltung verantwortlich. Die übrigen sind entweder themenbezogene Redakteure oder zuständig für den Vertrieb der „Stimme der Jugend“.
Einer von uns schreibt über die Vereinbarkeit der verschiedenen Weltreligionen im Rahmen des Roten Kreuzes. Bei mir freilich stellt sich heraus, dass mir die gezielte und fordernde Werbung für den eigentlichen Zweck unserer Gazette relativ schwer fällt. Umso lieber schließe ich mich der Themenvielfalt meiner Kollegen an, die aktuelle oder ihrem persönlichen Interesse entsprechende Beiträge leisten.
Ein Kollege beispielsweise ist bewandert in Mythologie, die nicht einmal am Gymnasium gelehrt wird. Er schreibt über die Welten-Schöpfung bei den Griechen, Römern und Germanen. Uranus und Latinus sind uns gerade noch Begriffe, aber der germanische Gingulgap?
Andere teilen sich Themen wie die Biographien von Berühmtheiten, Buch- und Filmkritiken, Beiträge in und zu verschiedenen Fremdsprachen. Etwas ganz Besonderes ist ein Artikel, betitelt „Europa“, mit Gedanken zu den geplanten europäischen Gemeinschaften wie EWG und anderen. Das Besondere daran: der Text ist in Latein mit deutscher Übersetzung; eine Meisterleistung!
Ich schreibe einen Beitrag in mehreren Fortsetzungen über eine Österreichrundfahrt, die ich mit einem Aufsatz gewonnen habe. Was mir vorbehalten bleibt, ist das Ersinnen von Kreuzwort-Rätseln und Ähnlichem.
Auch der technische Herstellungs-Prozess der Zeitschrift verbleibt hauptsächlich bei mir. Ich schreibe die Wachs-Matrizen, verbessere Fehler mit einem Korrekturlack und hektographiere meist allein und in Eigenregie 700 Exemplare auf Vervielfältigungspapier. Dazu muss ich manchmal die Nacht im Büro des JRK in der Hofburg durcharbeiten. Einmal vergesse ich zuhause eine Matrize, ohne die ich nicht weiterarbeiten kann.. Nachdem ich für die Hofburg keinen Schlüssel habe, nütze ich die Tatsache, dass sich das Büro im Hochparterre befindet, öffne ein Fenster, klettere hinaus und anschließend wieder hinein. Ich finde mich sehr mutig.
Wie finanzieren wir das Ganze? Vom JRK erhalten wir Sachspenden in Form von Matrizen, Papier und Tinte und die Möglichkeit, die Hand-Druckgeräte kostenfrei zu benützen. Unmittelbare kleine Spesen steuern wir aus unser eigenen Tasche bei.
In diesem Zusammenhang ist ein Ereignis für mich besonders erwähnenswert. Wir treffen uns in einem kleinen leerstehenden, von einem Sponsor zur Verfügung gestellten Raum für unsere Redaktions-Sitzungen. Ich fahre mit meinem Fahrrad dorthin, lade das mitgebrachte Material ab und ärgere mich grün und blau, als mein Rad, das ich gerade absperren will, verschwunden ist - und bleibt. Der finanzielle Schaden ist beachtlich.
Da kommt es uns sehr gelegen, dass wir von Förderern auch Spenden bekommen. Die bewegen sich normalerweise zwischen zehn und fünfzig Schilling. Von meinem Vater, einem armen behinderten Pensionisten, der selbst Geld brauchen würde, erhalte ich für diesen Zweck zwanzig Schilling und - was ich ihm besonders hoch anrechne - Altsilber-Bestände aus seinem Besitz, für die ich mehr als dreihundert Schilling erlöse. Das nütze ich natürlich dafür, andere dazu zu bewegen, ebenfalls einen kleinen Beitrag zu leisten.
Aufgrund all dieser meiner Initiativen werde ich zu einem Internationalen Jugend-Rot-Kreuz-Lager nach Hohenlehen eingeladen. Das beflügelt mich in meinen Bestrebungen und bewirkt, dass ich anschließend für die „Stimme der Jugend“ 56 Seiten brauche und neben unseren eigenen Redakteuren zwanzig Gastautoren habe. Darunter sind Lehrpersonen für praktische Rot-Kreuz-Arbeit, sodass wir jetzt auch mit einschlägiger Literatur zur konventionellen Schulung für Mitglieder des JRK aufwarten können. Die angesprochenen Gastautoren sind nicht nur aus Österreich, sondern auch aus der Schweiz, Westdeutschland und sogar Ostdeutschland. Das ist in der aktuellen Situation der Berlin-Krise besonders eindrucksvoll.
Ich finde, unser Enthusiasmus, den wir auf die „Jugend der Tat“ und die „Stimme der Jugend“ verwendet haben, hat sich tatsächlich gelohnt.
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