Türkisch-Kurs beim Kaffeetratsch: Rudolfsheimer helfen sich gegenseitig
Bei dem Projekt "AktivlotsInnen" treffen sich ältere Bezirksbewohner zum Austausch im Nachbarschaftszentrum. Aber auch praktische, gegenseitige Hilfe steht auf dem Programm.
RUDOLFSHEIM-FÜNFHAUS. Wenn Türktekin Servet (67) spricht, glänzen ihre Augen. Dass die Türkin bisher kein leichtes Leben hatte, merkt man ihr nicht an. Vor 38 Jahren kam sie nach Wien. Die Anfänge waren schwierig. "Vor allem, neue Kontakte zu knüpfen." Vier Jahre lang war Servet bettlägrig, hatte Probleme mit der Wirbelsäule. Ihr Mann verließ sie. "Aber ich habe mich zurückgekämpft", sagt Servet. Ihr Geheimnis: positives Denken – und tägliche Besuche im Nachbarschaftszentrum. "Das ist meine zweite Familie hier."
Doch Servet serviert hier nicht nur türkischen Kaffee, besucht Bastelkurse und bringt anderen Besuchern ihre Muttersprache bei. Seit Oktober ist sie eine von neun "AktivlotsInnen". Die Aufgabe dieser ehrenamtlichen Helfer: Andere Rudolfsheimer ab 55 Jahren zu animieren, Sport- und Gesundheitsangebote auszuprobieren, sich zu unterstützen und gemeinsam Zeit zu verbringen.
"Je älter Menschen werden, desto wichtiger wird das direkte Umfeld. Hier setzen wir an", so Elisabeth Kausek vom Nachbarschaftszentrum, die das Projekt mit Karin Kienzl-Plochberger von den Wiener Sozialdiensten leitet.
"Voneinander lernen"
"Wir machen alles gemeinsam: turnen, spazieren, Bibliotheken besuchen", so die gebürtige Türkin Yildiz Nurdogan (65), ebenfalls "Aktivlotsin". Sie kam vor 42 Jahren nach Österreich. "Alleine lernt man nur schwer neue Leute kennen. Da helfen die Treffen im Nachbarschaftszentrum."
Eine von Nurdogans neuen Freundinnen ist Ursula Kastner (74): "Von Yildiz habe ich ‚Türkisch für Dummies' gelernt", so die gebürtige Deutsche stolz. Auch Kastner engagiert sich ehrenamtlich als "Aktivlotsin": "Das tut mir gut. Wir lernen voneinander, aber nicht nur die Sprache. Das ist gut für meine kleinen grauen Zellen." Und die grauen Zellen werden auch so richtig gefordert. Immerhin wird im Nachbarschaftszentrum neben Deutsch auch Türkisch, Serbokroatisch, Farsi, Tschechisch, Afghanisch und Russisch gesprochen. Wer Hilfe benötigt, davon erfahren die "AktivlotsInnen" meistens durch Mundpropaganda. "Dass ich Aktivlotsin bin, wissen etwa meine Nachbarn und auch meine Hausärztin", so Kastner. Ja, herausfordernd sei die Aufgabe als "Aktivlotsin" schon. "Vor allem, wenn man die Sprache gar nicht versteht. Dann versucht man es halt mit Händen und Füßen." Oder die Kolleginnen Nurdogan und Servet helfen – wie man es unter Freunden eben so macht.
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