Buchrezension Lucia Leidenfrost
Auf der Flucht vor den Kindern
Diese Kinder sind vieles: jung, verlassen, unerfahren, aber beileibe nicht unschuldig. Mit "Wir verlassenen Kinder" legt die österreichische Autorin Lucia Leidenfrost ihren ersten Roman vor, der zwischen Gewalt und Sehnsucht nach festen Strukturen im Alltag wechselt.
SALZBURG. "Wir verlassenen Kinder" erzählt von einem abgeschiedenen Dorf, leeren Bauernhöfen, einer aufgelassenen Schule. Die Erwachsenen haben nach und nach das Dorf verlassen, ein nicht näher beschriebener Krieg scheint rundherum zu herrschen. Zurückgeblieben sind die Kinder im Dorf und ein paar Großeltern, die aber passiv die Kinder sich selbst überlassen. Die zurückgelassenen Dorfkinder jedoch verhalten sich alles andere als traurig. Sie stellen ihre eigenen Regeln und Gesetze auf.
"Wir bauen uns auf. Wir verschränken die Arme vor unserer Brust, wir schauen auf die Kleine herab. Sie liegt auf dem Boden. Wir stellen unsere Füße auf ihren Körper. Wir werden es nicht dulden, wenn unsere Regeln missachtet werden. Wir haben beschlossen, dass den Älteren nicht widersprochen wird"
, liest man im Buch.
Angst vor den Kindern
Auf 192 Seiten schildert Lucia Leidenfrost in ihrem Roman Vorgänge, die furchteinflößend sind ob der Gleichgültigkeit, mit der die Kinder Gewalt anwenden. Man fragt sich unwillkürlich, ob die Erwachsenen im Buch nicht Recht hatten, als sie gingen, und was man selbst angesichts des Machtgefüges der Kinderbande tun würde. "Wir verlassenen Kinder" ist ein Roman, der einen nach dem Lesen noch lange beschäftigt. Einzelne Fragmente gehen einem nicht mehr aus dem Sinn. Das Buch erinnert in seiner sprachlichen Nüchternheit und den scharfen Worten vereinzelt an Jane Tellers "Nichts". Abseits von Bullerbü entwirft die Autorin Leidenfrost hier eine Kindheit auf dem Land, die nicht erlebt zu haben man froh ist.
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