Grenzgänger Podcast
Über das Tabuthema Sex und Rollstuhl sprechen
Monika Schmerold tritt für Menschen mit Behinderung ein. Sie stellt der Stadt Salzburg ein mittelmäßiges Zeugnis aus.
SALZBURG. Täglich kann man in Salzburg Menschen mit Behinderungen begegnen, die in der Stadt manchmal vor große Hürden gestellt werden. Sei es die Stufe, die im Weg ist, der abgesenkte Bordstein, der immer noch zu hoch und damit unüberwindbar ist oder die schlechte Akustik im Pegasussaal im Schloss Mirabell. Und auch in der Gesellschaft ist der Umgang mit Menschen mit Behinderungen noch etwas unbedarft. In der Regel wird der Blick auf den Rollstuhl oder die Krücken gerichtet oder aus Unsicherheit weggeschaut. Betroffene haben dabei oft das Gefühl, auf ihr Hilfsmittel reduziert zu werden.
"Menschen mit Behinderung wird von vornherein abgesprochen, dass sie etwas leisten können. Ich erlebe es heute noch, dass mich Menschen herablassend behandeln" Monika Schmerold
Schmerold ist Mutter zweier Kinder und gründete den Verein "knack:punkt". Damit berät sie in Salzburg Menschen mit Behinderungen. Sie fordert mehr Barrierefreiheit beim Bauen und das Abbauen von Barrieren im Kopf.
Nach dem Unfall ist plötzlich alles anders
Für jemanden, der nicht mit einer körperlichen Behinderung geboren wurde, kann die Welt eine andere werden, wenn man durch eine Krankheit oder einen Unfall auf Hilfsmittel angewiesen ist. "Jemand, der erst vor kurzem verunfallt ist und sich im Rollstuhl wiederfindet, der findet sich in der Rolle vielleicht noch nicht so gut zurecht – das ist eine Lernerfahrung", sagt Schmerold und erklärt, dass Verunfallte meist in eine Spezialklinik kämen, wo sie das Umgehen mit dem Hilfsmittel, wie einem Rollstuhl, lernen.
Im Internet finden Menschen mit Behinderung Hilfe
Die Vereinsobfrau Schmerold, die selbst einen Rollstuhl als Hilfsmittel benützt, weiß, dass viel „Learning by Doing“ ist und man sich die Dinge selbst aneignen muss. Hilfe können hier das Internet und Foren bieten, in denen man sich austauschen kann. Schmerold selbst ist in den sozialen Netzwerken mit Menschen vernetzt, die Ähnliches wie sie erlebten. "Heute kann man sich gut austauschen, damals hat es das nicht gegeben“, sagt die Mutter, die sich vor etlichen Jahren mit ihrem Gendefekt ziemlich alleingelassen fühlte.
Salzburg hat Nachholbedarf beim Thema Barrierefreiheit
"Für die Festspiele wird alles getan", meint Monika Schmerold. Sie kennt Länder, die, was Barrierefreiheit betrifft, schon viel weiter sind als Salzburg. Etwa Schottland oder die USA. In Salzburg gebe es immer noch Stufen, die entfernt werden müssten, weil sie eine Diskriminierung von Menschen mit Behinderung seien – man komme so nicht in ein Museum oder eine Galerie.
Das taktile Leitsystem in der Stadt ist in den Augen der Expertin zwar sinnvoll, aber die Sonderlösung mit den Kopfsteinpflastern gefällt der Frau im Rollstuhl nicht besonders. Dabei diene die Barrierefreiheit allen Menschen. Nicht nur Menschen mit einer Behinderung profitieren davon, sondern auch Menschen mit Kinderwägen, Rollatoren, Gehhilfen und auch Kinder und Menschen mit Gleichgewichtsstörungen oder Menschen mit Koffern oder Einkaufswägen.
Ein Kind mit Behinderung kostet Kraft
Bei der Kindererziehung erlebt Schmerold nicht selten, dass Männer die Frau mit dem behinderten Kind zurücklassen und gehen. Die Frauen seien es auch, die den größten Teil der Kindererziehung tragen. „Nach zwanzig Jahren sind sie ausgepowert“, weiß Schmerold, die aber auch Familien kennt, in denen man das Kind mit Behinderung beinahe zu sehr behütet.
Menschen mit Behinderung und das Tabuthema Sex
Laut Schmerold ist die "Sexualität die Grundlage unseres Daseins", und trotzdem sei es in der Gesellschaft, gerade in Hinblick auf Menschen mit Behinderungen, ein Tabu, darüber zu sprechen. "Sexualität wird dem Menschen mit Behinderung abgesprochen. Es gibt Eltern, die den Sexualtrieb ihrer Kinder mit Tabletten ruhigstellen." Dabei komme es auf die Behinderung an, was im Sexuellen möglich sei und was nicht.
"Es gibt kaum Häuser mit Sexarbeit, deren Räumlichkeiten barrierefrei gestaltet sind", sagt Schmerold und würde es begrüßen, wenn man die "Sexualassistenz" zulassen würde. Schließlich sei Sexualität für jeden etwas anderes. Und manche seien schon mit Berührungen äußerst zufrieden.
Frauen und Mädchen mit Behinderungen gesucht
Ausgehend vom Verein "knack:punkt" werden laufend Teilnehmerinnen mit Behinderung für das Projekt "weil ich eine Frau bin" gesucht. Einmal im Monat trifft man sich hier mit anderen Mädchen und Frauen und unternimmt etwas, kocht gemeinsam oder besucht den Landtag.
So wichtig sind Behindertenparkplätze
Behindertenparkplätze sind besonders groß und befinden sich meist in der Nähe des Eingangsbereich. Die Parkplätze sind deswegen so groß, da Person im Rollstuhl viel Platz neben dem Auto brauchen. Die Autotür muss für das umsetzen von Rollstuhl ins Auto ganz aufgemacht werden. Wer auf einen Behindertenparkplatz ohne Ausweis parkt, bekommt eine Strafe von mindestens 50 Euro.
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