Thermen. Warmes Wasser und kalte Hintergründe…

Angesichts der Anzahl defizitärer Thermalbetriebe stellt sich mir dieser Tage die wichtige Frage: Wer springt zuerst?… nicht ins warme Wasser sondern viel mehr in die finanzielle Bresche.

Thermenprojekte wie Bad Blumau, die weststeirische Therme Köflach sowie die aktuell betroffene Therme Fohnsdorf liegen im Rennen um Zuschüsse aus Landes- und Gemeindetöpfen, EU-Geldern und beim Erlass von Darlehen weit vorne. Langfristig steht die Finanzlage vergleichbarer Betriebe immer auf den gleich wackeligen Beinen. Darlehenszahlungen werden unter wirtschafts- und arbeitsmarktpolitischem Druck erlassen um die Leitbetriebe zu halten. Zeitgleich erhalten die Thermalgesellschaften kurz nach Eröffnung finanzielle Zuwendungen um Engpässe in der Liquidität zu mildern.

Plausible Erklärung? Ja… Es mangelt schlicht und einfach an Besuchern. Laut Studienautor Oliver Fritz könne man von einer Marktsättigung in Österreich ausgehen. Diese wird bewirkt durch das steigende Angebot neuer Thermenprojekte, die den bestehenden Wellnesstempeln das Geschäft zwar nicht wegnehmen, jedoch sich selbst und ihre Geldgeber in finanziellen Zugzwang bringen.

Warum wird trotzdem gebaut? In der Projektierungsphase bzw. bei der Aufstellung der nötigen Gelder neuer Thermen findet sich auf Platz 1 das Totschlagargument der Arbeitsplatzbeschaffung und Umwegrentabilität für die ganze Region. Grundsätzlich gar nicht falsch. Betrachtet man jedoch das immanente Kurzzeitgedächtniss politischer Entscheidungsträger dieser Regionen wird bald klar, dass es sich hierbei um langfristig subventionierte Arbeitsplätze handeln muss, denn der Zeitraum zwischen Eröffnung und ersten Finanzspritzen ist kurz. Politisch betrachtet, könnte man unterstellen, dass schon vor 15 Jahren jeder Bürgermeister „seinen eigenen“ Golfplatz wollte – also einen für die eigene Gemeinde. Mit der Zeit entdeckte man das Geschäft mit dem warmen Wasser und die findigsten Politiker sorgten für neues Investitionsvolumen und Wählerstimmen in den betroffenen Gemeinden. Jene mit viel politischen Ambitionen sorgen heute mit wenig Innovationsgedanken für den Bau neuer Thermen um den Kollegen im Nichts nach zu sein. Mancher würde es mit politischer Eitelkeit betiteln.
Anmerkung: Gekoppelt mit dem politischen Überlebenswillen, entdecken findige Gemeinden und Tourismusverbände das Kongress- und Veranstaltungswesen. Sie vermuten darin neue Potentiale auf Basis hochmoderner Kongress- und Veranstaltungszentren. Aber das ist eine andere Geschichte…

Zurück zu den Erfolgserwartungen im Thermengeschäft. Gesättigte Märkte brauchen eben noch bessere, größere und spektakulärere Attraktionen um Besucher anzulocken. Investoren planen deshalb überdimensionierter und sorgen für Betriebskosten die in empfindliche Höhen klettern.

Touristischer Mehrwert „nur“ durch Hotels zu erreichen. Auch diese Aussage ist im Grunde korrekt – hätte sie vor 10 oder mehr Jahren stattgefunden. Hotels wie jene rund um die steirische Therme Loipersdorf wirken sich auf deren Besucherzahl freilich positiv aus. Die Therme gilt als größte des steirischen Thermenlandes und kann die Gäste aus Pensionen und Hotels rund um ohne weiteres beherbergen. Die Betriebe wie zB im steirischen Fohnsdorf oder Köflach gelten für Hotelbetreiber jedoch nicht als interessant. Im weststeirischen Köflach gliederte man der Thermengesellschaft mangels Hotelinfrastruktur auch gleich ein Hotel ein, welches nach jahrelangen Schwierigkeiten seit einiger Zeit als Kurbetrieb geführt wird. Hotels die der Thermengesellschaft angehören, werden oftmals als Cashcow gesehen um Lücken bei Fixkosten und Einnahmeausfällen in Nebensaisonen auszugleichen. Werden die Hotels jedoch mit gleicher Aufmerksamkeit geplant und positioniert wie es die dazugehörigen Thermen wurden, darf man sich nicht wundern warum zuletzt öffentliche Subventionsgeber den Rettungsring auswerfen müssen.

Es ist ein Spiel mit Pro & Contra. Zum einen müssen Thermen die hohen Ansprüche ihrer Gäste befriedigen, zum Anderen sind kostendeckende Tageseintritte schwer zu rechtfertigen wenn Angebot und Nachfrage nicht in einem gesunden Verhältniss zueinander stehen. Der Thermenhype half dabei ganze Destinationen aufzuwerten und schuf durch neue Leitbetriebe hohe Identifikation zwischen Bewohnern und Gemeinden. Ein Pro für Regionen die mit diesem Thema gut umgingen. Denn die Abwanderung aus jenen ländlichen Regionen konnte zum Teil verhindert werden.

Überspitzt und trotzdem klares Fazit. Die dadurch generierten direkten und indirekten Steuereinnahmen durchfluteten die Gemeindekassen ungebremst wie starker Durchfall und rissen letztendlich mehr Geld mit, als sie jemals bringen konnten. Nährstoffarm und Infusionshungrig stehen sie nun da und werden nicht mal mehr vom eigenen Bürgermeister geführt. Im steirischen Fohnsdorf stellt sich nun die Frage ob das Konzept am Bierdeckel stand und tatsächlich auf die Bedürfnisse des Marktes zugeschnitten war. Vielleicht galt der Stammtisch beim Wirten nebenan als Entscheidungsfaktor Nr. 1? Die Gemeinde traf es in jedem Fall schlimm, denn für die nächsten Monate wird sie von einem Regierungskommisär geführt.

Wo: Therme, Fohnsdorf auf Karte anzeigen
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