Jedes zweite Hotel ist im Minus

Petra Nocker-Schwarzenbacher ist WK-Bundesspartenobfrau für Tourismus und Freizeitwirtschaft und führt in St. Johann das Hotel "Brückenwirt" mit 30 Mitarbeitern und 60 Betten.
  • Petra Nocker-Schwarzenbacher ist WK-Bundesspartenobfrau für Tourismus und Freizeitwirtschaft und führt in St. Johann das Hotel "Brückenwirt" mit 30 Mitarbeitern und 60 Betten.
  • hochgeladen von Stefanie Schenker

Für den Tourismus verantwortliche Politiker präsentieren stets Zuwächse bei den Nächtigungen. Zuletzt gab es ein Plus für die Wintersaison mit 15.132.108 Nächtigungen, das sind 5,2 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum. Kommt das auch bei den Hoteliers an?
PETRA NOCKER-SCHWARZENBACHER:
Leider nicht. Personalkosten haben früher 25 Prozent des Budgets ausgemacht, heute sind es 40 Prozent. Das liegt daran, dass wir unseren Service stark verbessert haben. Wir haben mehr Mitarbeiter als früher – Fitnesstrainer, Animateure, Sommeliers oder Wellness-Mitarbeiter. Früher haben wir mit zwei Mitarbeitern einen 50er-Bus betreut, heute braucht man dafür vier. Wir haben die Fünf-Tage-Woche eingeführt, wir zahlen bessere Löhne. Daneben bindet die überbordende Bürokratie viel Arbeitszeit.

Welche Rolle spielt der Übernachtungspreis, den der Gast zu zahlen bereit ist?

PETRA NOCKER-SCHWARZENBACHER: Die Buchungsplattformen sind Fluch und Segen zugleich. Sie bringen neue Gästeschichten, die Buchungskommissionen liegen aber zwischen zwölf und 30 Prozent. Die Gäste vergleichen nicht nur die Preise sehr genau, sondern auch die Leistungen. Früher war Halbpension gefragt, heute braucht es auch eine Nachmittagsjause, Poolgetränke etc. Wir erweitern ständig unser Service, um den Gast zu überzeugen.

Mehr Nächtigungen bringen nicht mehr Ertrag?
PETRA NOCKER-SCHWARZENBACHER: Nein. Der Ertrag sinkt sogar, während die Nächtigungen steigen. Der Ertrag liegt in der Hotelbranche bei zwei Prozent des Umsatzes. Jeder zweite Hotelier oder Gastronomiebetreiber bilanziert negativ.

Wie kann das gutgehen?

PETRA NOCKER-SCHWARZENBACHER: Das geht nur deshalb gut, weil vier Fünftel der Betriebe familiengeführt sind – und die Familienmitglieder das durch ihre Mitarbeit kompensieren. Ich selbst bin sieben Tage die Woche im Hotel. Wenn ich meinen Stundenlohn ausrechnen würde – die Gewerkschaft ginge auf die Barrikaden. Aber ich muss sagen: Ich würde es wieder tun.

Führt das Wettrüsten im Wellness-Bereich nicht zwangsläufig zu einer totalen Überschuldung der Hoteliers?
PETRA NOCKER-SCHWARZENBACHER: Das Wettrüsten fand in den 90er-Jahren statt und ist jetzt vorbei. Klar, man investiert noch in die Qualität, aber insgesamt stehen unsere Hotels durch die Millionen-Investitionen der letzten Jahrzehnte sehr gut da. Andere, vor allem in Deutschland und Italien haben dieses Geld nicht in die Hand genommen. Deshalb sind wir jetzt Infrastruktur-Weltmeister.

Von den Gastwirten und Hoteliers wird verlangt, möglichst viele heimische Produkte auf der Karte zu haben. Ist das ein Preis-Problem oder ein Image-Gewinn?

PETRA NOCKER-SCHWARZENBACHER: Man kann nie den gesamten Food-Bereich mit lokalen Produkten abdecken. Ich glaube aber, jeder Hotelier ist gut beraten, auf lokale Produkte zu setzen. Das Ansehen steigt dadurch und die Bauern kommen dafür auch gerne zu uns essen. Es ist ein Gegengeschäft. Dass das auch etwas kostet, muss sich erst in den Köpfen der Gäste durchsetzen.

In welchen Nischen ist noch Platz?
PETRA NOCKER-SCHWARZENBACHER: Diese Nischen suchen viele ständig, und manchmal ergeben sie sich auch. Vielleicht gibt es auf Geocaching spezialisierte Hotels? Mein Cousin ist begeisterter Triathlet und führt ein Triathlon-Hotel. Da gibt es tausend Möglichkeiten. Es muss aber authentisch sein, am Reißbrett lässt sich keine Nische einrichten. Hotelbetreiber müssen sich fragen: Bin ich das? Passt diese Nische zu mir?

Hotellerie und Gastronomie haben als Arbeitgeber einen schlechten Ruf. Gibt es Pläne, das zu ändern?
PETRA NOCKER-SCHWARZENBACHER: Wir versuchen das ständig. Ich glaube, oft ist das schlechte Image noch in den Köpfen der Eltern verankert. Oft werden auch falsche Bilder vermittelt, ich denke zB an den Arbeitsklimaindex. Denn, ja, es gibt schwarze Schafe – wie überall – aber: Bei dem Fachkräftemangel, den wir haben, findet jeder Mitarbeiter, der gehen möchte, sofort zehn neue Stellenangebote. Wir haben also selbst ein Interesse daran, unsere Mitarbeiter gut zu behandeln. Mitarbeiter, die sich wohl fühlen, machen nicht nur die tägliche Arbeit am Gast, sie sind auch die beste Werbung fürs nächste Jahr.

Interessiert an mehr Chefinnen-Gesprächen? Hier geht es zur Interview-Reihe "Chefinnen-Gespräch".

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