Slow Cooking in der Kiste

Alois Eisl und Gerlinde Egger haben der "Garkiste" unserer Urgroßmütter neues Leben eingehaucht.
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  • hochgeladen von Stefanie Schenker

Zur Zeit des Ersten Weltkrieges waren sie weit verbreitet, und auch noch nach dem Zweiten Weltkrieg waren sie in Mode: sogenannte Kochkisten. Damit ließ sich kochen, ohne Strom und ohne viel Brennholz zu verbrauchen.

Aus der Not entstanden

Mahlzeiten wurden auf dem Herd in einem Topf kurz aufgekocht und dann in eine meist mit Stroh gedämmte Holzkiste samt Deckel gesetzt. Dort garte das Essen in der eigenen Wärme und ohne weitere Energiezufuhr – stundenlang. Das erlaubte Frauen das Arbeiten am Feld, in der Fabrik oder anderswo, und es sparte Ressourcen. Mit dem Siegeszug der Elektroherde und dem wirtschaftlichen Aufschwung verschwanden die Garkisten nahezu ganz von der Bildfläche. Daran änderte auch die Berücksichtigung der garkiste in der ersten Einbauküche der Welt, der von der Wiener Architektin Margarete Schütte-Lihotzky 1926 entworfenen "Frankfurter Küche" nichts. Letzterer widmet übrigens das MAK in Wien eigenen Raum.

Kiste spart Zeit und Strom

In Fuschl haben Alois Eisl und Gerlinde Egger diese alte Garmethode jedoch wiederentdeckt und wiederbelebt. "Sie passt so gut in unsere Zeit, sie erlaubt Slow Cooking – ohne Schnickschnack", findet Gerlinde Egger. Natürlich müsse man vorausdenken, denn "man muss sich am Vorabend oder in der Früh überlegen, was man abends essen möchte. Das kostet Kraft und Anstrengung, spart aber Zeit. Und Strom." Genau genommen seien es – etwa bei Tafelspitz oder Rindsgulasch – 560 Wattstunden bzw. 75 Prozent der Energiekosten eines konventionellen Kochvorgangs am E-Herd. Aber bei Gerlinde Egger und Alois Eisl steht weniger die tatsächliche Stromersparnis im Vordergrund als vielmehr die Begeisterung für die praktische und nachhaltige Garmethode an sich.

Das Geschäft kam von allein

Aus der eigenen Begeisterung ist ein kleines Geschäft geworden: Die "Garwerkstatt" in Fuschl ist eine eingetragene Marke und etwa jede Woche geht eine "Fuschler Garkiste", die es in drei Größen gibt, weg. In der kleinen Kiste (rund 280 Euro) hat ein 1,6-Liter-Topf Platz, in der mittleren ein 3,5-Liter-Topf, in der großen (knapp 400 Euro) ein 4,5-Liter-Topf.

Wie man in der Kiste kocht

Und wie kocht man in einer "Garkiste"? "Ganz besonders eignet sich die Zubereitung von Gulasch, Kartoffeln, Getreide jeder Art – aber auch Jogurt machen wir nur mehr in der Garkiste", verrät Gerlinde Egger. Weil mit der Garkiste im Lauf des 20. Jahrhunderts auch die Rezepte dazu fast verschwunden sind, hat sie ein eigenes Rezeptheft herausgebracht, das zur "Fuschler Garkiste" dazugehört.

Und: Es gibt noch eine Wirtin im steirischen Sölktal, die in ihrem Wirtshaus "Sölkstubn" in Garkisten kocht: Agnes Lemmerer. Rezepte von ihr findet am in Margot Fischers Buch "Kochen einst und jetzt ... mit der Kochkiste. Zu Besuch bei Agnes im Sölktal." Sie kocht nicht nur fünfgängige Menüs in Kochkisten, sondern bietet auch Seminare an. "Außerdem habe ich ein 'Grabnerhof-Kochbuch für Land und Stadt' (aus der Landwirtschaftsschule in Bad Aussee, Anm.) aus dem Jahr 1950 gefunden, in dem die Hauswirtschaftslehrerin Betty Hinterer beschreibt, dass die Garkiste nicht nur für die Bäurin vonnutzen ist, sondern auch für die Fabriksarbeiterin", schildert Gerlinde Egger. Richtig berührt sei sei jedoch gewesen, als sie das Heftchen "Kocht in der Kochkiste. Zeitgemäße Ratschläge" aus dem Jahr 1915 durchgeblätter habe. "Das haben Kriegsfrauen für andere Kriegsfrauen herausgebracht – wenn man das liest, dann wird einem vor Augen geführt, durch welchen schlimme Zeit diese Frauen gehen mussten."

ÜBER DIE FUSCHLER GARKISTE
Gerlinde Egger und Alois Eisl – er ist Elektrotechniker – haben lange am Garkisten-Konzept getüftelt und probiert, bis die "Fuschler Garkiste" entstanden ist. Sie ist ein nachhaltiges Produkt durch und durch, aus heimischem Buchenholz (in der Werkstatt von Cousin Virgil Eisl gefertigt, der in St. Gilgen Tischler ist und an der Produktentwicklung mitgewirkt hat). Eine patentierte, nur zwei Millimeter dünne Holzwand trennt in der Kiste auf hygienische und ästhetische Weise den heißen Topf vom Dämmmaterial. Unter dem Deckel sorgt ein mit Baumwolle überzogener Vliespolster für langanhaltende Wärmedämmung. Die passgenauen Email-Töpfe stammen aus dem Hause Riess und wurden so wie Pölster und Plakette am Deckel von Gerlinde Egger entworfen. Der Ledergriff kommt aus der Stadt Salzburg – von der Buchbinderei Gleichweit.

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