Christoph Ferch: "Ich muss den Herbert Fux vertreten, denn die Bürgerliste tut das längst nicht mehr"

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Bei der Abstimmung im Gemeinderat haben Sie ja doch über das Cassco-Projekt am Rehrlplatz mitgestimmt. Sie hatten doch einmal angekündigt, nicht abzustimmen, wenn Befangenheitsgründe vorliegen sollten.
CHRISTOPH FERCH:
Wissen Sie, nach dieser Ankündigung von mir habe ich eine Flut von E-Mails bekommen. Von Bürgern, die mir gesagt haben, sie hätten mich wegen meiner Ablehnung gegenüber diesem Projekt gewählt und jetzt würde ich kneifen. Deshalb habe ich es juristisch ganz genau prüfen lassen, mit dem Ergebnis, dass ich mit abstimmen kann, weil ich nicht beteiligt bin an dem Projekt und folglich dort auch keine eigenen Interessen vertreten könnte.

NEOS hatte ja auch Bedenken, stimmte dann aber für das Projekt. Waren Sie da enttäuscht?
CHRISTOPH FERCH:
Ich hatte unsere Bedenken NEOS-Klubobmann Christoph Starzer dargelegt – und er teilte diese Bedenken. Weil er und Lukas Rösslhuber aber dann im Planungsausschuss ausgefallen waren, saß dort NEOS-Abgeordnete Cornelia Thöni. Und die hat zugestimmt.

Das heißt, das "Ja" von NEOS war ein "Unfall"?
CHRISTOPH FERCH:
Ausgemacht war etwas anderes. Nachdem die NEOS sich intern nicht einigen konnten, wurde das Monster-Projekt am Rehrlplatz im Gemeinderat beschlossen. Das ist traurig für Salzburg. Wir werden jetzt jedenfalls den Rechtsweg gegen dieses Projekt beschreiten.

Wie wird das aussehen?
CHRISTOPH FERCH:
Zuerst müssen wir den Wortlaut der Kundmachung prüfen. Aus unserer Sicht verstößt das bereits viermal umgeplante Rehrlplatz-Projekt noch immer eindeutig gegen das Altstadt-Erhaltungsgesetz. Das heißt, wir werden hier weiterkämpfen, auch wenn es mühsam ist.

Sie sind wegen des Rehrlplatz-Projektes in den Gemeinderat gekommen. Was beschäftigt Sie stadtpolitisch außerdem?
CHRISTOPH FERCH:
Wir interessieren uns auch für den Sozialbereich, das Bettlerthema, wo viel zu wenig hingeschaut und gemacht wird. Wenn sich der Verdacht weiter erhärtet, dass einige Menschen zum Betteln gezwungen werden, dann muss jeder einzelne Fall genauer geprüft und die Erpresser, die den Ärmsten der Armen das erbettelte Geld abnehmen, auch bestraft werden. Solange man nicht den Einzelfall prüft, malen alle nur schwarz-weiß. Die einen sagen die Bettler sind organisierte Kriminelle, die anderen behaupten, das gibt es nicht. Die Wahrheit wird irgendwo in der Mitte liegen. Daher muss genauer hingeschaut werden. Zurück zu Ihrer Frage. Als kleinste Fraktion können wir uns nicht um alle Themen kümmern. Kernthema bleibt der Schutz unserer schönen Stadt vor Bauprojekten, die völlig falsch ablaufen. Das Projekt in der Riedenburg ist für mich so ein Beispiel für strukturelle Verschandelung. Nicht weil wir gegen den sozialen Mietwohnbau sind, sondern weil drei Viertel der Gebäude in der Umgebung mit einer Erhaltungspflicht belegt sind. Wenn da ein Eigentümer auch nur eine Dachgaupe erhöhen möchte, dann darf er das nicht. Aber daneben wird jetzt acht Stockwerke in die Höhe gefahren. Es ist diese Ungleichbehandlung und der Gier-Index, der uns so stört.

Der Gier-Index?
CHRISTOPH FERCH:
2012 war von 200 Wohnungen und drei Geschoßen die Rede, 2013 von 300 Wohnungen und fünf Geschoßen, jetzt sind es 360 Wohnungen und acht Geschoße. Ich frage Sie: Wo sind wir dann 2015? Die Schönheit unserer Stadt wird immer gierigerer Geschäftemacherei geopfert.

Ist das die Form von politischem "Bazar", von der Christoph Starzer jüngst gesprochen hat?
CHRISTOPH FERCH:
Eigentlich ist es viel ärger als ein Bazar, weil man schaut einfach, wie weit man gehen kann, bevor der Aufschrei der Bürger zu laut wird.

Die Stadt Salzburg braucht aber dringend Raum für mehr Wohnungen, vor allem leistbare Wohnungen. Das wird nur mit dichten Bebauungen funktionieren, die auch in die Höhe ragen dürfen. Die vielen Wohnungssuchenden sind auch Bürger dieser Stadt.
CHRISTOPH FERCH:
Ich sehe zig Supermärkte in der Stadt, die mit großen Parkflächen ausgestattet sind. Dieses Potenzial wird überhaupt nicht genutzt, darüber könnte man Wohnraum bauen.

Im Gewerbegebiet?
CHRISTOPH FERCH:
Wenn es eine gemischte Nutzung ist. Wo ist das Problem, wenn ich unten ein Geschäft drinnen habe? Es geht nicht so sehr nur um die fehlende Fläche für den Wohnbau, sondern mehr um den kreativen Umgang mit den vorhandenen Ressourcen. Salzburg ist weltweit bekannt für seine Musik und seine schöne Architektur. Und so leid es mir tut: Ich bin überzeugt davon, dass Touristen nicht wegen des Stadtwerkeareals nach Salzburg kommen werden, sondern nur wegen unserer Altstadt. Diese gilt es besser zu schützen – auch vor Johann Padutsch.

Ihnen wäre es also am liebsten, wenn die Altstadt museal konserviert würde?
CHRISTOPH FERCH:
Es geht mir nicht um eine museale Erhaltung, sondern um Authentizität und Integrität. Die behält man nur, wenn man nicht zu viel neues Make-up darüber legt oder neue Duftmarken setzen will. Aus dem Hut gezauberte Geschäftsflächen in Richtung 2.000 Quadratmeter wie beim neuen Sternbräu sind für mich ein No-Go. Ich bin gespannt, was die UNESCO dazu sagen wird. Die war nämlich nicht eingebunden, obwohl dies vorgeschrieben ist. Während das Sternbräu aus unserer Sicht komplett misslungen ist, gibt es auch sehr gelungene Sanierungen, die die Altstadt nicht kompromittieren. Zum Beispiel das Altstadtwirtshaus Goldene Kugel in der Judengasse.

Wie viel Moderne verträgt Salzburg Ihrer Meinung nach außerhalb der Altstadt?
CHRISTOPH FERCH:
Die Art der Diskussion über Projekte ist das eigentliche Problem. Nehmen wir das Projekt neben dem Nellböck-Viadukt. Dort sah der Bebauungsplan 42 Meter Maximalhöhe vor. Dann hieß es vom Gestaltungsbeirat, nein, 59 Meter, weil das genauso hoch wie das Hotel Europa ist. Dann kam der Aufschrei der Bürger, jetzt sind es 52 Meter – und der Projektbetreiber freut sich, weil es immer noch zehn Meter mehr sind als ursprünglich vorgesehen. Das ist schädlich für Salzburg und diesen Vorwurf muss sich der Langzeit-Planungschef dieser Stadt, Johann Padutsch, gefallen lassen.

Um der Wohnungsnot zu begegnen, muss Padutsch aber zwangsläufig nachverdichten und höher bauen. Warum sollte Salzburg nicht ein urbanes Gesicht auch haben dürfen?
CHRISTOPH FERCH:
Wenn Sie sich einen Straßenzug in Paris neben dem Stadtwerkeareal anschauen, werden Sie erkennen, was die einen unter "urbanem Bauen" verstehen, und was die anderen darunter verstehen. Dr. Christian Walderdorff mit seiner Aktion „Rettet Salzburg“ hat sehr anschaulich demonstriert, was richtige Baugesinnung ist und was nicht. Das, was Padutsch darunter versteht, ist eine Katastrophe. In Salzburg wird so gebaut wie nicht einmal im ehemaligen Ostblock. Ich habe dazu ein Bilderrätsel ... (siehe Bilddatei im Beitrag, Anm. der Redaktion)

Wie frustriert sind Sie eigentlich jetzt nach den ersten Monaten Realpolitik?
CHRISTOPH FERCH:
Wegen des Rehrlplatzes muss jeder Bürger unserer Stadt frustriert sein. Aber ansonsten: Wir beginnen erst so richtig und es gibt genügend Themen, um die wir uns kümmern wollen. Wir können als Ein-Mann-Fraktion halt nicht alle Bären erschlagen, die es gibt.

Mit einer Stimme können Sie auch im Gemeinderat nicht viel ausrichten.
CHRISTOPH FERCH:
Ich sehe meine Aufgabe darin, den Gemeinderat zur Diskussion zu zwingen – so wie Herbert Fux das früher bei der Bürgerliste gemacht hat. Ich bin zwar kein polternder Schauspieler wie er, aber auf meine Art muss ich ihn vertreten, weil die Bürgerliste tut das schon längst nicht mehr.

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