Corona in Salzburg
"Das Virus selbst bereitet nicht die größten Sorgen"

St. Johanner Dom
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Salzburgs Bürgermeister bangen um den sozialen Frieden in der Pandemie. "Unsicherheit, Existenzängste und umgangene Schlupflöcher in den Gesetzen erzeugen Unzufriedenheit", sagen Gemeindeverbandspräsident Günther Mitterer und der Vorsitzender der sozialdemokratischen Gemeindepolitiker, Hansjörg Obinger. 

SALZBURG. Die Corona-Pandemie hat die alltägliche Arbeit der Salzburger Bürgermeister grundlegend verändert. "Man ist permanent gefordert, die sich ständig ändernden Vorgaben umzusetzen und daneben das Funktionieren der Gemeinde zu garantieren", sagt Hansjörg Obinger, SPÖ-Bürgermeister in Bischofshofen und Salzburgs Vorsitzender der sozialdemokratischen Gemeindepolitiker. "Auch eingespielte Prozesse werden in der Pandemie zur Herausforderung – z.B. Kinderbetreuung, Pflege oder Unterricht. Neben Massentestung, Contact Tracing, Organisation der Impfung usw. muss auch ‚Normales’ wie die Trinkwasserversorgung, die Abfallwirtschaft und der Straßenerhalt funktionieren", sagt St. Johanns ÖVP-Bürgermeister Günther Mitterer, Präsident des Salzburger Gemeindeverbandes. 

Bgm. Günther Mitterer: "Viele suchen Schlupflöcher in den Gesetzen. Daher kommt es z.B. zu Zweitwohnsitzen für Skiurlauber. Eigentlich dürfte es für uns alle nur um die Bekämpfung der Pandemie gehen." | Foto: Helge Kirchberger
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Schlupflöcher finden und ausnutzen

Bei all diesen Herausforderungen erhalte man als Bürgermeister zum Teil nur wenig Unterstützung, sind sich Obinger und Mitterer einig. "Es muss eine Vielzahl an Notwendigkeiten spontan vor Ort geregelt werden, weil es nach den einzelnen Erlässen eine geraume Zeit braucht, bis deren juristische Auslegungen gefunden werden", sagt Obinger. "Viele Menschen suchen mittlerweile die Schlupflöcher in diesen Gesetzen. Darum kommt es auch zu Zweitwohnsitzen für Skiurlauber oder Skilehrerkursen inmitten der Pandemie. Mit so einem Verhalten haben wir nicht gerechnet", sagt Mitterer. "Eigentlich dürfte es für uns alle nur um die Bekämpfung der Pandemie gehen."

"Ein großer Dank gilt dabei allen politischen Fraktionen im Rathaus und vor allem auch den Mitarbeitern, die mich sehr konstruktiv in der Bewältigung der Problemstellungen unterstützen."
Hansjörg Obinger, Bürgermeister in Bischofshofen

Bgm. Hansjörg Obinger: "Das Wissen der Gemeinden über die örtlichen Besonderheiten ist in Krisenzeiten unersetzlich und sollte viel besser genutzt werden."  | Foto: Arne Müseler
  • Bgm. Hansjörg Obinger: "Das Wissen der Gemeinden über die örtlichen Besonderheiten ist in Krisenzeiten unersetzlich und sollte viel besser genutzt werden."
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Sozialer Friede macht Sorgen

Die größte Sorge bereiten den Bürgermeistern aber die psychischen Auswirkungen in der Gesellschaft und der soziale Friede: "Das Virus selbst macht mir am wenigsten Sorgen, eher seine Auswirkungen auf unsere Gesellschaft. Ich fürchte, dass über Generationen und Jahrzehnte hart Erarbeitetes zerstört wird – z.B. Zusammenhalt, Solidarität und Eigenverantwortung", sagt Mitterer. Das sieht auch SPÖ-Bürgermeister Obinger so: "Speziell als Bürgermeister sind wir hautnah mit gesundheitlichen und wirtschaftlichen Betroffenheiten vieler Bürger konfrontiert. Das bedarf besonderer Aufmerksamkeit und eines hohen Einfühlungsvermögens."

Neue Strukturen aufbauen

Alle Ortschefs seien stets bemüht, das wirtschaftliche und finanzielle Level in den Gemeinden zu halten – "aber die Auswirkungen der Pandemie werden uns noch in den nächsten Jahrzehnten beschäftigen. Ich sehe aber auch eine Chance, jetzt neue Strukturen aufzustellen, um das Zusammenleben in der Gesellschaft effektiver gestalten zu können. Vielleicht kommen wir mit mehr Zufriedenheit und Genügsamkeit aus der Krise", hofft der St. Johanner Stadtchef. 

"Die Pandemie hat mir gezeigt, dass man Entscheidungen treffen muss. Alles andere führt zu allgemeiner Verunsicherung. In raschen Entscheidung wird man zwar nicht immer alles 100 Prozent richtig entscheiden, aber es ist wichtig, eine Richtung vorzugeben."
Günther Mitterer, Bürgermeister in St. Johann

"Wir sind keine Partner" 

Jetzt gelte es aber erst einmal, die aktuellen Herausforderungen zu meistern, und "dazu sollten Land und Bund anfangen, die Gemeinden endlich als Partner zu sehen und konstruktiv in die Erarbeitung von Lösungsansätzen miteinzubinden", sagt Hansjörg Obinger. Aktuell empfinde man sich nicht als Partner in der Krise. "Erst wenn der Hut brennt und die Situationen von Bund und Land nicht mehr bewältigt werden können, wie z.B. bei den Massentests, werden wir einbezogen", kritisiert Obinger. "Das Wissen der Gemeinden über die örtlichen Besonderheiten ist in Krisenzeiten unersetzlich und sollte viel besser genutzt werden." 

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"Wir orten Kommunikationsstaus"

Die von der SPÖ immer wieder kritisierten "Kommunikationsstaus" zwischen Bund, Land und Gemeinden würden laut Obinger ein zusätzliches Hindernis beim Bewältigen der Aufgaben bedeuten. "Über den Gemeindeverband werden alle Informationen gleichzeitig an alle 118 Bürgermeister in Salzburg verteilt. Wir müssen hier aber natürlich immer auf gesicherte Informationen warten. Außerdem versuchen wir die Gesetzestexte so zu kommunizieren, dass sie verständlich sind", sagt Günther Mitterer, als Präsident des Salzburger Gemeindeverbandes Interessensvertreter aller 118 Bürgermeister.

Bürgermeister-Bashing

Dass bei all diesen Aufgaben der Bürgermeister jetzt ein "inszeniertes Bürgermeister-Bashing beim Impfthema" – wie es Hansjörg Obinger nennt – losgetreten wurde, ist aus Sicht beider Ortschefs unberechtigt.

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