Sommergespräch
"Zu investieren ist ein wichtiger Schlüssel"

Landeshauptmann Wilfried Haslauer im Sommergespräch.
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Landeshauptmann Wilfried Haslauer (ÖVP) zu Gast im Bezirksblätter Sommergespräch.  

SALZBURG. Heuer stellen die Bezirksblätter die Sommergespräche unter das Motto „Träum dein Salzburg“. Mit den Salzburger Parteichefs sprechen wir über deren Träume und Visionen für unser Bundesland. 

Herr Landeshauptmann sind Sie privat eher Träumer, oder Realist?
WILFRIED HASLAUER:
Ich bin ein Realist, der seinen Träumen Platz lässt.

Welchen Traumberuf hatten Sie als Kind?
WILFRIED HASLAUER:
Ich habe mit acht Jahren den Film "In den Schuhen des Fischers" gesehen. Danach stand für mich fest: Ich möchte Papst werden. Jetzt möchte ich fast sagen: Gott sei Dank hat sich dieser Wunsch nicht erfüllt, denn der Papst ist ein sehr einsamer Mann, der große Verantwortung trägt.  

Landeshauptmann Wilfried Haslauer im Sommergespräch mit BB-Chefredakteurin Julia Hettegger.
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Was ist der größte Traum, den Sie sich je erfüllt haben?
WILFRIED HASLAUER:  Als junger Mann wollte ich unbedingt Fallschirmspringen. Das habe ich mir mit 18 Jahren erfüllt.

Haben Sie einen Lebenstraum?
WILFRIED HASLAUER:
  Ein freies und selbstbestimmtes Leben zu führen. Bisher habe ich das Glück gehabt, das auch wirklich leben zu dürfen, auch durch viel persönlichen Einsatz.

Was hätten Sie sich nie erträumen lassen?
WILFRIED HASLAUER: Dass wir ein so blühendes Land wie Salzburg wegen eines blöden Virus so runterfahren müssen und dass wir in unserem gesellschaftlichen und sozialen Umgang so auf Distanz gehen müssen.  

Video online:

Der Landeshauptmann als Fallschirmspringer

Wie geht es der Salzburger Wirtschaft durch diesen "blöden Virus" aktuell?
WILFRIED HASLAUER:  Nicht so gut, wie ich es mir wünschen würde, aber besser als ich gefürchtet habe. Die Arbeitslosigkeit ist doppelt so hoch wie im Vorjahr, aber immer noch viel geringer als im Österreichschnitt. Der Tourismus läuft in den Ferienregionen und im Gebirge gut. Bei der Industrie werden wir sehen, wie sich der Herbst entwickelt. Das hängt auch davon ab, wie sich unsere Exportmärkte entwickeln.  

Ein wichtiges Standbein Salzburgs ist die Industrie: Annähernd 5.400 industriell produzierende Unternehmen sorgen für mehr als 60.000 Arbeitsplätze. Das Land Salzburg und die Industriellenvereinigung haben ein gemeinsames Abkommen unterzeichnet. Darin sind Maßnahmen zusammengefasst, die eine Stärkung der Industrie in Stadt und Land bewirken sollen. Welches sind die wichtigsten Maßnahmen darin?
WILFRIED HASLAUER:
  Wir haben uns angeschaut, was die Weichenstellung für eine zukünftig gute Entwicklung sein muss. Es hat sich gezeigt, dass die Bildung in den technischen und digitalen Bereichen von entscheidender Bedeutung sein wird. Wir wollen gut entlohnte, intelligente Arbeitsplätze schaffen, und dazu braucht es technische Fähigkeiten. Die Digitalisierung überhaupt ist ein Schwerpunkt.  

Landeshauptmann Wilfried Haslauer im Sommergespräch.
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In dieser Vereinbarung hab ich gelesen, dass das Land zwei IT-Kollegs in Salzburg etablieren möchte. Worum handelt es sich dabei?
WILFRIED HASLAUER:
  Das ist nach der Matura ein zweijähriger Ausbildungslehrgang in Innovationstechnologien. Das erste IT-Kolleg starten wir in Saalfelden. Wenn das positiv läuft, wird es einen zweiten Standort in Salzburg geben.

Der durch die Corona-Krise beschleunigte digitale Wandel führt dazu, dass sich der Arbeitsmarkt verändert. Wir haben gesehen, wie gut Homeoffice funktionieren kann, Firmen haben neue Tools implementiert und Arbeitsplätze wurden „mobiler“. Wie kann sich Salzburg das zu Nutzen machen?
WILFRIED HASLAUER:
  Wir haben vor einem Jahr den Auftrag zu einer Studie gegeben, ob Salzburg sich als "EduTech Hub"* (Bildungstechnologie-Zentrum) positionieren könnte. Die Forschung hat ergeben, dass Salzburg beste Chancen dafür hätte. Wir haben das Programm jetzt verabschiedet. Wir wollen ein "EduTech Hub" werden. Dafür brauchen wir auch die technischen Möglichkeiten, die von Start-ups entwickelt werden. Auch für sie wollen wir einen Raum schaffen. 
* (Anm. der Red.: EduTech Hub = Educational technology – dt.: Bildungstechnologie und Hub = Zentrum; als Zentrum für Bildungstechnologie; meint die kombinierte Verwendung von Computerhardware, -software sowie pädagogischer Theorie und Praxis zur Erleichterung des Lernens. Also eine Verknüpfung von Bildung und
Digitalisierung) 
 

Landeshauptmann Wilfried Haslauer mit seiner Traumcollage.
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Bei jungen Arbeitskräften bis einschließlich 24 Jahre haben die Arbeitslosenzahlen mit einem Plus von 79 Prozent überproportional zugenommen. Was kann man für die jungen Salzburger tun?
WILFRIED HASLAUER:  Wir fahren unser Programm weiter, um Salzburg zum lehrlingsfreundlichsten Bundesland zu machen. Wir versuchen, die Unternehmen zu bestärken, auch jetzt, wenn das Geschäft schlecht läuft, Lehrlinge auszubilden, damit sie eigens ausgebildetes Personal haben, wenn es wieder besser geht. Wir sehen auch, dass trotz Kurzarbeit und hoher Arbeitslosigkeit die Betriebe keine Mitarbeiter bekommen – vor allem im Tourismus und in den technischen Bereichen. Ein neues Phänomen ist, dass insgesamt junge Leute auch nach der Ausbildung schlecht beschäftigt sind. Ich hoffe, dass sich die Lage mit zunehmender Konjunktur verbessert. 

Geld und Unterstützungsprogramme sind das eine, das andere ist das Gefühl der Unternehmer. Wie kann man sie trotz Angst vor der Zukunft dazu motivieren, zu investieren?
WILFRIED HASLAUER:
  Die Wirtschaft ist sehr rational, aber auch unglaublich emotional. Wenn eine gute Stimmung, Mut und Zuversicht herrschen, passiert auch etwas. Wenn Unsicherheit gegeben ist, schrecken die Leute vor Investitionen zurück. Daher haben wir viele Unterstützungsprogramme geschnürt. 

Auch Sie selbst versuchen immer wieder positive Stimmung zu verbreiten. Sie haben im Frühling gesagt, Sie würden mit einer ordentlichen Sommersaison rechnen. Wie „ordentlich“ schaut es aktuell aus?
WILFRIED HASLAUER:
  Resümierend können wir sagen, dass Juli und August zumindest in den Ferien- und Gebirgsregionen besser laufen als wir ursprünglich gefürchtet haben. In der Stadt ist es schwieriger. Hier fehlen die internationalen Festspielgäste. Immerhin konnten dort dennoch die Nächtigungen auf 50, vielleicht 60 Prozent angehoben werden. Das ist insgesamt aber viel zu wenig. 

Durch die Urlauber, die ja wegen der Natur kommen, ist auch viel los am Berg und im Wald. Zunehmend hört man auch von Wildcampern und viel Müll. Gilt es da Maßnahmen zu setzen, oder ist man heuer toleranter?
WILFRIED HASLAUER:
  In der Natur gibt es Grenzen, die man respektieren muss. Es braucht Achtung vor dem Wild, der Flora und Fauna. Trotzdem gibt es Freiräume in denen man den Urlaub schön verbringen kann. Das Feiern ist schwieriger geworden, die Bars sperren früher zu. Da passiert schon mal sowas wie mit einem Sofa, das im Wald zum Chillen aufgestellt wird. Mit Maß und einem Augenzwinkern sollte man dem begegnen, aber insgesamt sollte das keine Dauerentwicklung sein.  

Wird es sich touristisch und wirtschaftlich für die Stadt Salzburg lohnen, die Salzburger Festspiele durchzuführen?
WILFRIED HASLAUER:  Wirtschaftlich hat es positive Auswirkungen, aber der Hauptgrund, warum wir die Festspiele abhalten, ist, dass wir ein Widerstandszeichen setzen wollen. Kunst und Kultur dürfen sich nicht unterkriegen lassen. 

Neben der Berichterstattung über die Aufführungen wird international auch viel über das Corona-Konzept bei den Festspielen berichtet. In der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" schreibt man z.B. von einem "gespenstischen Leichtsinn und dickfelligen Bequemlichkeitsegoismus"; Das "Hamburger Abendblatt" schreibt von einem "Versuchsballon mit Absturz-Risiko“ – aber immerhin schreiben alle über die Festspiele. Ist auch Kritik „gute Werbung“ für Salzburg?
WILFRIED HASLAUER:
  Ich mache mir da keine Illusionen. Die Kübel mit Häme sind zu Dutzenden gefüllt und wenn etwas schiefgeht, werden sie ausgeschüttet werden. Aber wenn man sich überhaupt nichts mehr traut und wenn man trotz Abwägung aller Umstände nur defensiv an die Probleme herangeht, wird nichts mehr geschehen. 

Im Sommer hat also das Innergebirg und die Seenregion touristisch profitierte. Wie unsicher ist die Lage hingegen, wenn man Richtung Wintersaison blickt? 
WILFRIED HASLAUER:  Jetzt müssen wir erst einmal in den Herbst kommen. Momentan gefällt mir die Entwicklung nicht. Die eigenen Leute, die aus dem Urlaub zurückkommen, bringen Infektionen mit. Das hatten wir nicht so erwartet, weil wir die Reisebewegung aus Österreich hinaus nicht so intensiv eingeschätzt hatten. Jetzt müssen wir konsequent die Infektionsketten unterbrechen. Dann wird im September und Oktober die Reisetätigkeit abnehmen und die Situation wird sich beruhigen. Mit dem Wintertourismus wird es wieder stärker werden. Ich bin nicht so skeptisch, was den Wintertourismus betrifft. Wir werden das eben alles anders organisieren. Die Lifte werden längere Öffnungszeiten haben, es wird einen reduzierten Apres Ski geben, auf den Hütten wird der Ablauf anders praktiziert werden, aber insgesamt wird es eine Wintersaison geben. 

Landeshauptmann Wilfried Haslauer mit seiner Traumcollage.
  • Landeshauptmann Wilfried Haslauer mit seiner Traumcollage.
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Laut Gemeindebund fehlt unseren Gemeinden in Österreich heuer eine Milliarde Euro. Der Bund hat die Investitionsförderung „Gemeindepaket 2020“ geschnürt. Es soll den Gemeinden eine Milliarde Euro in Form von Zweckzuschüssen zur Verfügung stellen. Für Salzburger Gemeinden gab es bisher noch kein Geld und mit Stand 22. Juli wurden überhaupt erst 19 Anträge auf Unterstützung aus Salzburg gestellt. Insgesamt könnte sich unser Bundesland aber bis zu 61,9 Millionen Euro aus dem „Gemeindepaket 2020“ abholen. Geht es uns doch nicht so schlecht?
WILFRIED HASLAUER:  Die Gemeinden haben Mindereinnahmen wegen der Ertragsanteile bei einem geringeren Steueraufkommen verzeichnen müssen. Die Hälfte dieser Mindereinnahmen ersetzt das Land den Gemeinden über den Gemeindeausgleichsfonds. Das ist eine gute Sache. Dazu gibt es das Gemeindepaket vom Bund, das bürokratisch hätte einfacher aufgesetzt werden können. Wir haben der Bundesregierung vorgeschlagen, dass wir das über unsere Landesdienststellen abwickeln. Weil wir dort ganz genau wissen, was jede Gemeinde investiert. Dass noch nicht so viele Anträge gestellt wurden, hat administrative Gründe und es ist Sommerzeit. Die Anträge kommen schon noch. Beim Abholen von Geld waren die Gemeinden immer sehr tüchtig. 

Traumcollage:

Symbol Forschung: Auf Forschung basiertes Wissen zu erweitern und daraus neue Beschäftigungsmöglichkeiten zu schaffen, ist eine Notwendigkeit für Salzburg. Wir wollen hier noch stärker und auf der Landkarte noch sichtbarer werden.

Vor allem in Ihrem Ressort „Forschung “ braucht man visionäre Köpfe, um Salzburg voranzubringen. 3.546 Personen arbeiten in Salzburg in der Forschung. Welches sind die Träume/Visionen, die Sie über dieses Ressort gerade unterstützen?
WILFRIED HASLAUER:
  In den verschiedensten Bereiche – in der Biologie und der medizinischen Wissenschaft, in der Vernetzung unterschiedlicher Wissenschaften. Ein Beispiel ist der selbstfahrende Bus. Dieser wäre ohne Digitalisierung nicht umsetzbar. Hier kämpft man noch mit einzelnen Problemen, aber wenn diese ausgebügelt sind, bietet das tolle Möglichkeiten für die Zukunft z.B. in kleinen Orten. 

Symbol Familie: Die Familie ist für mich ein Kraftspender und Hafen und ist der Sinn des Lebens überhaupt. Die Familien stehen vor großen Herausforderungen. Ihnen ein Umfeld zu bieten, ist die Aufgabe der Politik. 

Symbol Lebensmittel: Das Bild steht für mich für Regionalität und die Wertschätzung für die Bauern. Es ist eine Absage für langer Verkehrswege und gedankenloses Konsumverhalten. 

Landeshauptmann Wilfried Haslauer mit seiner Traumcollage.
  • Landeshauptmann Wilfried Haslauer mit seiner Traumcollage.
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Für diese Ideale steht auch der Salzburger Bauernherbst, der heuer ein Jubiläum feiert und klein aber fein stattfinden soll. Womit rechnet man hier touristisch? 
WILFRIED HASLAUER:
  Wir haben normalerweise 500.000 Besucher beim Bauernherbst, darauf müssen wir heuer verzichten. Aber wir bieten viele kleine Veranstaltungen. Wir rechnen mit vielen "Ausweichbuchern", die im Frühjahr ihren Urlaub stornieren mussten. Insgesamt ist es wieder eine gute Gelegenheit herzuzeigen, was unsere Bauern leisten. 

Symbol Feuerwehr:
 Das Symbol steht für mich für die Freiwilligkeit und Solidarität. Wir könnten unser Leben ohne die vielen Freiwilligen nicht so leben, wie wir es gewohnt sind. Die Freiwilligkeit gibt uns ein Netz von Sicherheit. Ich bin voll Dankbarkeit, dass so viele Menschen bereit sind, ihre Freizeit zu opfern. Mein Traum ist, dass die Grundeinstellung der Hilfsbereitschaft
ganz selbstverständlich ist.

Alle Videos der Sommergespräche online:

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