Interview
"Frauen sind die Verliererinnen am Arbeitsmarkt"

Jacqueline Beyer, Geschäftsführerin des Arbeitsmarktservice Salzburg. | Foto: AMS Salzburg
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Jacqueline Beyer, die Geschäftsführerin des Arbeitsmarktservice Salzburg spricht über die Verlierer der steigenden Konjunktur.

SALZBURG. Seit bald einem Jahr ist Jacqueline Beyer Geschäftsführerin des Arbeitsmarktservice (AMS) Salzburg. Sie kam in wirtschaftlich positiven Zeiten vom AMS Gmunden nach Salzburg. In ihrem ersten Jahr hat Beyer eine historisch hohe Beschäftigung im Bundesland, mit einer Arbeitslosenquote, die sich bundesweit sehen lassen kann, mitgetragen. Dennoch gibt es  Herausforderungen am Salzburger Arbeitsmarkt.

Seit drei Jahren sind wir in einer Hochkonjunktur. Gibt es auch Verlierer dieses Wachstums?
JACQUELINE BEYER:
Ja. Die große Verlierer der steigenden Konjunktur sind Salzburger im Alter von 50 Plus und dort vor allem die Frauen. Grund ist, dass im Handel kaum noch ältere Frauen eingestellt werden. Junge Arbeitskräfte sind günstiger. Besonders schwer haben es Menschen, die als höchste Ausbildungsform lediglich einen Pflichtschulabschluss vorweisen können. 2018 waren das 43 Prozent unserer AMS-Kunden.

Warum sind diese Menschen am Arbeitsmarkt nicht gesucht?
JACQUELINE BEYER:
Diese Menschen sind häufiger und länger arbeitslos, weil es immer weniger Hilfsarbeiten gibt. Es gibt keine Tankwarte oder keine Ticketverkäufer mehr, weil es Automaten dafür gibt.

"Hilfsarbeiten gibt es immer weniger, aber die Menschen, die diese Arbeit übernommen haben, gibt es nach wie vor", Jacqueline Beyer.

Aber in bestimmten Branchen haben es die Arbeitgeber noch in der Hand, ob sie ältere Mitarbeiter einstellen oder nicht.
JACQUELINE BEYER: Das stimmt, wir appellieren an die Arbeitgeber nicht nur nach einem jungen, männlichen Team, mit Arbeitserfahrung, guten Deutschkenntnissen und ohne Behinderung zu suchen. Ihnen muss klar sein, dass nur 8 Prozent unserer Kunden unter diese Kriterien fallen. Sie berauben sich den vorhandenen Potentialen. Das AMS hat genügend Programme, um diese Potentiale für die Wirtschaft wieder sichtbar zu machen.

Bleiben wir noch bei den Frauen am Arbeitsmarkt. Liegt die höhere Arbeitslosenquote bei Frauen auch daran, dass Frauen in einem gewissen Alter nicht Vollzeit arbeiten gehen können oder wollen?
JACQUELINE BEYER:
47,7 Prozent der Frauen in Österreich arbeiten in Teilzeit. Bei uns sind das 77 Prozent der Frauen, die Kinder bis 15 Jahre haben. Das Problem hängt auch mit der Berufswahl von Frauen zusammen. Sie arbeiten häufiger in schlechter bezahlten Berufen als Männer, was auch zur eklatanten Einkommensschere von 473 Euro führt, die Frauen im Schnitt monatlich weniger verdienen – und das ist der teilzeitbereinigte Betrag.

Was kann das AMS dagegen tun?
JACQUELINE BEYER: Wir bemühen uns intensiv darum, Frauen auch in technische Berufe zu bekommen. Bei unserer Wiedereinsteigerinnenberatung legen wir den Damen auch einen Lehrabschluss in dieser Richtung ans Herz.

Wir haben über Frauen und ältere Menschen am Arbeitsmarkt gesprochen. Sind das die größten Probleme des Salzburger Arbeitsmarktes?
JACQUELINE BEYER
: Nein, das größte Problem ist die Integration von Asylberechtigten. Ich verorte dort großes Potential für die Salzburger Wirtschaft. Da wir von der Bundesregierung aber keinen Cent Budget für Asylberechtigte bekommen haben, können wir deren Ausbildung nicht finanzieren. Zudem wurde die Finanzierung für die Deutschkurse und damit die Anzahl der Kurse selbst reduziert. Das Land Salzburg fängt das aber auf. Damit haben wir es geschafft, 2018 60 Prozent der Asylberechtigte einen Arbeitsplatz zu vermitteln.

Der Fachkräftemangel schwebt wie ein Damoklesschwert über der Wirtschaft. Woher sollen all diese fehlenden Fachkräfte kommen?

JACQUELINE BEYER: Das Land Salzburg, die Wirtschaft und das AMS unterstützen die Offensive Erwachsenenlehre für Menschen mit Pflichtschulabschluss. Der Betrieb bezahlt dem Lehrling den Hilfsarbeiterlohn und AMS zahlt 700 Euro im ersten Lehrjahr auf. Damit sollten sich auch Menschen am zweiten Bildungsweg ihr Leben weiterhin leisten können. Das ist der Schlüssel. Wir treten damit dem Fachkräftemangel entgegen, erhöhen die Qualifikation unserer Kunden, können Asylberechtigte eingleidern und kommen der Nachfrage von Lehrlingen nach. 555 Lehrlinge werden salzburgweit gesucht. Das können wir nicht mehr nur mit den Jungen abdecken. Der Erfolg der Aktion wird sich erst im zweiten Jahr zeigen. Aber das Budget ist reserviert und vorhanden.

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