Pfarrer wollte helfen und "sitzt" auf 200.000 Euro Schulden

Foto: Kerstin Müller
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ALTMÜNSTER. Sichtlich zerknirscht erzählte Pfarrer Franz Benezeder, wie es passieren konnte, dass er auf einem Schuldenstand von 200.000 Euro sitzt. Er sei auch erleichtert, dass alles "raus" ist und der "Knoten nun gelöst" ist.

"Pfarrer hat Überblick verloren"

In den vergangenen vier Jahren hat der Altmünsterer Pfarrer und Seelsorger in Traunkirchen einem jungen Mann mit dieser hohen Geldsumme unterstützt. "Der junge Mann hat den Pfarrer um Unterstützung gebeten und er hat geholfen. Er hat dabei den Überblick verloren, es war auch kein Ende mehr in Sicht", erklärt Michael Kraml, Sprecher der Diözese Linz. Das Geld kam aus Krediten und Gehaltsvorschüssen, auch Mitglieder der Pfarre borgten Benezeder Geld. Vor Weihnachten gab es die ersten Gerüchte, Fragen aus der Pfarrgemeinde blockte der 61-Jährige ab. "Wir haben gemerkt, dass es unserem Pfarrer nicht gut ging, schließlich gestand er, in welcher ausweglosen Situation er sich befindet", erklärt Karl Gstöttenmeier, 1. Pfarrgemeinderatsobmann.

"Du glaubst wohl, du kannst jeden retten!"

Benezeder wollte einem jungen Mann helfen, der in einer auswegslosen Situation sei. Die Kindheit des Mannes sei traumatisch gewesen, der Vater 2010 verstorben, danach kamen Gefängnis und damit verbundene Schulden. Dazu komme noch, dass der Mann illegal als Leasingarbeiter beschäftigt war und einen schweren Arbeitsunfall im Vorjahr hatte. "Ich wollte dem jungen Mann helfen, da er mir immer wieder den Eindruck vermittelt hat, dass er in die Normalität zurückkehren möchte. Ich bin hier in eine Co-Abhängigkeit gekommen. Meine Haushälterin hat auch einmal gesagt, dass ich wohl glaube, jeden retten zu können. Ich weiß jetzt, wie sich Eltern fühlen, die ihre Kinder um keinen Preis fallen lassen wollen und dadurch selber in Schwierigkeiten geraten. Es ist ein Drama, das ist mir bewusst. Ich frage mich immer wieder, wie das alles passieren konnte. Ich kann aber nichts rückgängig machen und stehe zu diesem Fehler. Ich weiß, dass ich das Vertrauen in mich gebrochen habe!"

Pfarrgemeinderat steht hinter Benezeder

Der Pfarregemeinderat beschloss in einer Sondersitzung, auch weiterhin mit dem Pfarrer zusammenarbeiten zu wollen. "Wir haben zehn gute Jahre mit dem Pfarrer hinter uns und das Vertrauen mancher Mitglieder wurde erschüttert. Wir werden das aber Schritt für Schritt wieder aufbauen", so Gstöttenmeier. Der Pfarrgemeinderat steht hinter Benezeder, hat aber verlangt, dass er alles lückenlos aufklärt und den Schaden wieder gut macht.

Keine Kirchenbeitragsgelder verwendet

Die Diözese wurde eingeschaltet, die Finanzkammer prüfte die Finanzen der Pfarre. Sie war es auch, die die Kredite Benezeders bei den Pfarrmitgliedern tilgte. "Wir verwenden dazu keine Kirchenbeitragsgelder", betont Kraml. Benezeder müsse alles zurückzahlen, das Gehalt des Pfarrers wird auf das Mindesteinkommen gekürzt. Das "Abstottern" wird wahrscheinlich bis zu 20 Jahre dauern, außer der junge Mann kann zumindest einen Teil der Schulden begleichen.

Geld wurde nicht zweckentfremdet

Auch aus den Sozialtöpfen der Pfarren Altmünster und Traunkirchen bekam der Schützling Benezeders Gelder. "Das stimmt – man muss aber sagen, dass das Geld nicht zweckentfremdet wurde. Der Sozialtopf ist für Menschen, die Hilfe benötigen und das war bei dem jungen Mann auch der Fall", so Kraml. Der Sozialtopf in Altmünster wurde bei der Pfarre Altmünster durch die Diözese wieder "aufgefüllt", in Traunkirchen zumindest einmal die Hälfte der Summe.

"Ich möchte betonen, dass Spendengelder, die wir zum Beispiel für unsere Umbauarbeiten bekommen haben, niemals vom Pfarrer angegriffen wurden. Diese wurden von unserer Sekretärin lückenlos dokumentiert und wir haben das geprüft", betont Hans Schögl, Obmann des Finanzausschusses der Pfarrgemeinde.

An der Seite des Pfarrers

Am Sonntag wird Pfarrer Benezeder in der Kirche noch einmal dazu Stellung nehmen und sich bei den Menschen entschuldigen. Dabei hat er Unterstützung durch Gstöttenmeier: "Ich werde, wenn das gewünscht ist, dabei an der Seite des Pfarrers stehen!" Weiters werden die Kirchenmitglieder durch das Pfarrblatt informiert, das ab Freitag ausgetragen wird.

Auf Pfarrer Benezeder kommen finanziell "magere" Zeiten zu, er wird auch psychologisch betreut. Dabei denkt er an den heiligen Franziskus: "Der heilige Franziskus entschied sich für ein Leben in Armut, das muss ich jetzt auch tun."
Die Pfarregmeinderatswahl, die am 19. März stattfindet, wird in Altmünster um ein Jahr verschoben.

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