Menschenkette gegen die 110kV-Freileitung Ried-Raab

Stiller Protest und Menschenkette gegen die geplante 110kV-Hochstromleitung von Ried nach Raab am 12. August 2018. | Foto: Kerstin Musl
15Bilder
  • Stiller Protest und Menschenkette gegen die geplante 110kV-Hochstromleitung von Ried nach Raab am 12. August 2018.
  • Foto: Kerstin Musl
  • hochgeladen von Kathrin Schwendinger

BEZIRKE SCHÄRDING UND RIED (ska). Zur Erinnerung: 86 Grundbesitzer sind von der geplanten 110kV-Hochstromleitung von Ried nach Raab betroffen. 66 davon haben den Optionsvertrag der Netz OÖ GmbH – eine Tochter der Energie AG – nicht unterschrieben. Gegen sie wird nun ein Zwangsrechtsverfahren eingeleitet. Die Schutzgemeinschaft, die sich seit Jahren für eine Erdkabelvariante einsetzt, spricht von "Massenenteignung". 

Deshalb haben sich nun rund 350 Menschen zu einem stillen Protest entlang eines Teilstücks der geplanten Freileitung zusammengefunden. Sie haben eine Menschenkette gebildet, um auf die bevorstehenden Zwangsrechtsverfahren aufmerksam zu machen. Mit dabei waren auch die Bürgermeister Johann Weirathmüller aus Taiskirchen und Matthias Bauer aus Zell an der Pram sowie Gemeinderäte. 

"Grund für die Aktion war die Ankündigung des Landeshauptmanns bei der letzten Landtagssitzung, dass es Gespräche mit den Liegenschaftseigentümern auf Augenhöhe geben wird – verschickt wurden Anträge zur Enteignung", zeigen sich Bettina und Herbert Wagneder aus Taiskirchen von der Schutzgemeinschaft verärgert.

„Es wird uns immer unterstellt, dass wir gegen eine ordentliche Stromversorgung sind. Das stimmt so überhaupt nicht. Wir wollen aufzeigen, dass die Stromleitung der Zukunft unter die Erde gehört. Große Gasleitungen werden ebenfalls in den Boden verlegt und das muss auch bei einer Stromleitung nach neuestem Stand der Technik so gemacht werden“, fordert Johann Zahlberger, Befürworter der Erdkabelvariante.

Was das Zwangsrechtsverfahren für die Grundbesitzer heißt, lesen Sie unten. 

Bericht vom 2. August 2018: 

Dreiviertel der Grundbesitzer verweigern Unterschrift


66 von 86 Grundeigentümer unterzeichnen den Optionsvertrag der Netz Oberösterreich GmbH nicht. Die Konsequenz: Zwangsrechtsverfahren. Die Schutzgemeinschaft Innviertel spricht von der "ersten Massenenteignung seit dem dritten Reich".

BEZIRKE SCHÄRDING UND RIED (ska). Am 30. Juni 2018 ist die von der Netz OÖ gesetzte Frist verstrichen. Bis dahin konnten die Grundbesitzer den Optionsvertrag über die von der Landesregierung bereits beschlossene 110kV-Freileitung von Ried nach Raab unterschreiben. Wie Landeshauptmann Thomas Stelzer in der Landtagssitzung am 5. Juli 2018 mitgeteilt hat, haben allerdings nur 20 von 86 betroffenen Grundeigentümern das Angebot angenommen. Die anderen 66 beharren weiterhin auf ihrer Forderung nach einer Erdkabel-Variante anstatt des Hochstromkabels. 

Und was bedeutet die Verweigerung der Unterschrift nun für die betroffenen Grundbesitzer? "Bei diesen müssen wir nun ein Zwangsrechtsverfahren zur Einräumung der Dienstbarkeit einleiten", teilt Wolfgang Denk von der Energie AG auf Anfrage der BezirksRundschau mit. (Anmerkung der Redaktion: Die Netz OÖ ist eine Tochter der Energie AG) "Leider sind wir aufgrund des Nicht-Zustandekommens der Vereinbarungen zu diesen Schritten gezwungen, weil wir sonst den gesetzlichen Auftrag der Stromversorgung nicht erfüllen können." Bei einem Zwangsrechtsverfahren sei die Höhe der Entschädigung deutlich geringer als bei einem einvernehmlichen Dienstbarkeitsvertrag. Zudem verliere der Grundbesitzer einige Vorteile, wie etwa umfangreichere Bestimmungen in Haftungsfragen. 

Für die Grundbesitzer ist das "Massenenteignung", wie Markus Helml aus Peterskirchen, Bezirk Ried, es formuliert. Er ist Teil der "Schutzgemeinschaft Innviertel", die sich für das Erdkabel einsetzt, und sagt: "Schreibt das Innviertel jetzt Geschichte? Kommt die erste Massenenteignung seit dem dritten Reich?" Kommenden Mittwoch werde sich die Schutzgemeinschaft mit einem Anwalt beraten.

"Auf spätere Regressmöglichkeiten bei gesundheitlichen Schäden oder Entwertung von Liegenschaften möchten wir nicht verzichten", sagt Helml.

Bericht vom 3. Mai 2018:

110kV-Freileitung Ried-Raab: Kommt jetzt die "Massenenteignung"?

Der Konflikt im Pramtal um die geplante Hochstromleitung von Ried nach Raab spitzt sich zu: Ein Großteil der 85 betroffenen Grundbesitzer kündigt an, den Optionsvertrag der Energie AG nicht zu unterschreiben. Die Konsequenz: Zwangsrechtseinräumung.

BEZIRKE SCHÄRDING UND RIED (ska). "Wir lassen uns enteignen", verkündet Markus Helml aus Peterskirchen im Namen der Schutzgemeinschaft Innviertel. Jene Grundeigentümer, über deren Grund und Boden die geplante 110kV-Hochstromleitung führen soll, haben sich am 29. April zu einem Informationsabend getroffen. Laut Helml hat sich dabei ein Großteil der 85 Grundbesitzer – "mehr als 70 Prozent" – dazu entschlossen, den Dienstbarkeitsvertrag der Energie AG nicht zu unterzeichnen. "Wir lassen es auf eine Massenenteignung ankommen", sagt er. 

Zur Erinnerung: Nun schon seit fast 20 Jahren wird in der Region Pramtal Süd um eine nachhaltige Stromversorgung gerittert. Die Schutzgemeinschaft Innviertel kämpft gegen die von der Netz Oberösterreich – eine Tochter der Energie AG – geplante 110kv-Freileitung Ried-Raab. Sie fordert eine Erdkabel-Variante. Die Netz OÖ bezieht sich auf den künftigen Stormbedarf in der Region, der eine Leistung von 110kV nötig mache.
Die 110kV-Freileitung soll eine Gesamtlänge von 20,5 Kilometern haben und durch die Gemeinden Hohenzell, Peterskirchen, Taiskirchen im Innkreis, Zell an der Pram, Andorf und Raab laufen.

Das Projekt "Stromversorgung Pramtal Süd" hat die oberösterreichische Landesregierung im Stromnetzmasterplan bereits beschlossen. Auf die angekündigte Unterschriften-Verweigerung sagt Energie AG-Pressesprecher Michael Frostel: "Alle erforderlichen Bescheide liegen rechtskräftig vor und wir haben den gesetzlichen Auftrag der Landesregierung." Die Netz OÖ GmbH sei bemüht, bis zum Schluss einvernehmliche Lösungen zu finden. Zudem handle es sich nicht konkret um Enteignungen: "Es geht um Zwangsrechtsverfahren zur Einräumung der Dienstbarkeit."

Frostel erklärt: "Dabei stellt die Behörde einen Gutachter, der die Höhe der Entschädigung festlegt. Diese ist deutlich geringer als bei einem einvernehmlichen Dienstbarkeitsvertrag." Zudem verliere der Grundbesitzer einige Vorteile, wie etwa umfangreichere Bestimmungen in Haftungsfragen. "Der Dienstbarkeitsvertrag enthält klare Regelungen, die in der Regel zum Vorteil des Grundeigentümers sind." 

All das nimmt die Schutzgemeinschaft in Kauf, wie Helml sagt. "Auf spätere Regressmöglichkeiten bei gesundheitlichen Schäden oder Entwertung von Liegenschaften möchten wir nicht verzichten", erklärt er.

"Massenenteignungsverfahren" im Fernsehen

Unsere Frage ist: „Die Landesregierung schaut offensichtlich zu, wie mit einer Gesetzeslage, die im Wesentlichen auf den 30er-Jahren des letzten Jahrhunderts fußt, der Mehrheitseigentümer, sprich das Land OÖ, Vertretung durch den Landeshauptmann, mit den eigenen weisungsgebundenen Behörden die eigene Bevölkerung enteignet.
Will man das wirklich durchziehen?“

Das "Massenenteigungsverfahren" wird die Schutzgemeinschaft publik machen, kündigt Helml an. "Wir sind bereits in Kontakt mit einem namhaften TV-Sender. "Auch wenn es uns nichts mehr hilft, es werden neue Projekte kommen. Und wenn es denen hilft, dann haben wir etwas erreicht." 

Bericht vom 25. April 2017: 

110kV-Freileitung Ried-Raab: Landesgericht bewilligt den Bau


Die Causa "Hochstromleitung im Pramtal" geht in die nächste Runde: Die Alternativvorschläge der Grundbesitzer seien unzureichend, heißt es aus dem Landesverwaltungsgericht – jetzt geht der Fall vor den Österreichischen Verwaltungsgerichtshof.

BEZIRK SCHÄRDING (ska). Dass die betroffenen Grundeigentümer im Pramtal Revision beim Österreichischen Verwaltungsgerichtshof einlegen, sei bereits fix. "Wir hoffen, dass der lange Arm des Landes hier nicht hinreicht", sagt Bernhard Wiesinger von der Schutzgemeinschaft und bezieht sich auf einen Beschluss des Landesverwaltungsgerichts.

Dieser hat am Freitag die Bewilligung der Oberösterreichischen Landesregierung für den Neubau der 110kV-Freileitung von Ried nach Raab bestätigt. Zuvor hatten mehrere Bürger – inbesondere die Grundbesitzer, die sich zur Schutzgemeinschaft Innviertel zusammengeschlossen haben – Beschwerde gegen die Bewilligung eingelegt. Mit dem Gerichtsbescheid dürfte die Freileitung nun gebaut werden. Die Schutzgemeinschaft möchte das mit einer Revision beim Verwaltungsgerichtshof noch verhindern.

Zur Erinnerung: Nun schon seit fast 20 Jahren wird in der Region Pramtal Süd um eine nachhaltige Stromversorgung gerittert. Die Schutzgemeinschaft Innviertel kämpft gegen die von der Netz Oberösterreich – eine Tochter der Energie AG – geplante 110kv-Freileitung Ried-Raab. Sie fordert eine Erdkabel-Variante. Die Netz OÖ bezieht sich auf den künftigen Stormbedarf in der Region, der eine Leistung von 110kV nötig mache.

In der Medienmitteilung des Landesverwaltungsgerichts heißt es: Die Beschwerdeführer haben keine subjektiv-öffentlichen Rechte, wie etwa die Gefährdung der Gesundheit oder des Eigentums, geltend gemacht. "Zudem haben sie die Prüfung von Alternativprojekten verlangt, insbesondere eine Erdverkabelung statt Freileitung, ohne dabei jedoch konkrete Alternativtrassen vorzulegen und ohne eine Darstellung, warum das Eigentum dadurch geringer berührt wird", teilt Präsident Markus Kitzberger mit.

"Das ist lächerlich", sagt dazu Wiesinger aus Raab. "Wir sind nicht Antragswerber. Man kann nicht von den Grundbesitzern verlangen, dass sie die Trasse planen." Der wesentliche Punkt, um den es der Schutzgemeinschaft gehe: "Wie haben genügend Beweise, dass die jetzige Lösung nicht die kostengünstigste ist. Und darauf wird überhaupt nicht eingegangen", erklärt Wiesinger die Revision. Die 110kV-Leitung sei völlig überdimensioniert für das Gebiet.

Land OÖ plant Inbetriebnahme für 2019

Die 110kV-Leitung und das Umspannwerk sind bereits im Stromnetzmasterplan von Wirtschaftslandesrat Michael Strugl berücksichtigt, wie einer aktuellen Pressemitteilung vom 25. April zu entnehmen ist. Die Inbetriebnahme beider Projekte sei für 2019 geplant.

Zur Sache:
Die 110kV-Freileitung soll eine Gesamtlänge von 20,5 Kilometern haben und durch die Gemeinden Hohenzell, Peterskirchen, Taiskirchen im Innkreis, Zell an der Pram, Andorf und Raab laufen.

Mehr Berichte über die 110kV-Hochstromleitung Ried-Raab

19. Mai 2016: Gutachten gegen Gutachten bei mündlicher Verhandlung 25. März 2014: Widerstand gegen 110kV-Freileitung wächst

25. Februar 2014: Web-Angriff auf 110kV-Leitung 12. Februar 2014: Grünes Licht für Alternativlösung Raab-Ranna

Anzeige
1:46
1:46

WKOÖ Maklertipp
Rechtsschutzversicherung: Sichern Sie Ihr Recht!

Eine Rechtsschutzversicherung schützt Sie vor den Folgen von vielen möglichen Konfliktfällen – vor allem finanziell.  Es gibt viele Gründe für einen Streit vor Gericht: Angenommen, Ihr Vermieter erhöht den Mietzins in ungerechtfertigter Weise, Ihr Hund läuft einem Biker vor das Rad, Ihnen wird nach einem Verkehrsunfall das Schmerzensgeld verwehrt oder Ihr Arbeitgeber zahlt die Überstunden nicht. Von all diesen Fällen haben Sie schon gehört oder Sie haben sogar schon selbst eine solche oder eine...

Kommentare

?

Du möchtest kommentieren?

Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.

UP TO DATE BLEIBEN

Aktuelle Nachrichten aus Schärding auf MeinBezirk.at/Schärding

Neuigkeiten aus Schärding als Push-Nachricht direkt aufs Handy

BezirksRundSchau Schärding auf Facebook: MeinBezirk.at/Schärding - BezirksRundSchau

ePaper jetzt gleich digital durchblättern

Storys aus Schärding und coole Gewinnspiele im wöchentlichen MeinBezirk.at-Newsletter


Du willst eigene Beiträge veröffentlichen?

Werde Regionaut!

Jetzt registrieren

Du möchtest selbst beitragen?

Melde dich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.