"Schlechtes Image? Es wird viel geredet."

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SCHÄRDING. Was sie von zwangsbeglückten Turneinheiten und von miesen Gerüchten über das schlechte Image ihrer Schule hält und wieso sie hinter dem Modell der Ganztagsschule steht, erzählt Elisabeth Zauner im Interview.

Das neue Schuljahr hat einige Neuerungen gebracht. So etwa, dass die Schüler für die ersten drei Jahre nun zwischen zwei und vier Jahre Zeit haben. Sinnvoll?
Elisabeth Zauner: Für manche Schüler mag diese Möglichkeit sinnvoll sein, für die Mehrheit glaube ich nicht. In den ersten zwei Jahren werden wesentliche Grundlagen und Kompetenzen für die nächsten Jahre erworben. Diese sind Voraussetzung für den weiteren Aufbau. Fehlen wesentliche Bausteine können diese nur schwer in der 3. Schulstufe nachgeholt und individuell gefördert werden.

Gibt's noch weitere Neuerungen aufgrund der Bildungsreform?
Für die Volksschule interessant ist die Schuleinschreibung Neu. Sie verfolgt das Ziel, allen Kindern einen guten Start in das Schulleben zu ermöglichen. Zu diesem Zweck soll, wie es bisher von unserer Schule schon jahrelang praktiziert worden ist, ein Austausch zwischen Kindergarten und Schule erfolgen. Die Kinder werden im November zur formellen Schuleinschreibung gebracht. Im April erfolgt ein zweiter Besuch, bei dem die Kinder ihre Fähigkeiten unter Begleitung von Lehrerinnen der Schule zeigen können. Dies ist ein Schritt in die Richtung, auf das Potenzial der Schüler noch besser einzugehen.

Digitalisierung macht ja auch vor der Volksschule nicht halt. Klassen werden mit Tablets ausgestattet. Braucht's die tatsächlich schon in der Volksschule?
Das Land Oberösterreich hat das Jahr der digitalen Bildung zum Thema gemacht. Ich halte sie für sinnvoll, da sie zeitgemäß ist. Sehr viele Lerninhalte können digital besser, anschaulicher, abwechslungsreicher vermittelt werden. Das Erlangen einer gewissen Grundkompetenz fördert den sinnvollen Umgang mit Medien. Computer, Laptop und Tablets können, richtig eingesetzt, die Freude am Lernen, am Üben, am selbständigen Lernen und Wissenszuwachs fördern. Es wird hier auf das Maß des Einsatzes ankommen, dann befürworte ich den Einzug in unsere Klassenräume. 

Heuer wurden in vielen Schulen Österreichs die täglichen Bewegungseinheiten (T-Bus) eingeführt, auch bei einigen Schulen im Bezirk. In der VS Schärding nicht. Was halten sie davon?
Die Volksschule Schärding hat bewusst auf T-Bus verzichtet. Das bedeutet nicht, dass wir gegen eine tägliche Turnstunde sind. Wir sind davon überzeugt, dass Bewegung ein wichtiges Element im Schulalltag ist, nur nicht auf diese Weise und mit Reglementierung. Die Stadt Schärding ist Heimat vieler Sportvereine, die individuell gewählt werden können. So ist es möglich, dass die Eltern entscheiden können, wie oft und in welcher Form ihre Kinder Sport und Bewegung durchführen. Unsere Schule bietet zwei bis drei Turnstunden pro Woche für jede Klasse an. Dazu kommen die bewegten Pausen, die wir dank des neuen Spielplatzes vor unserer Haustüre und vieler motorischer Geräte in einem freieren Rahmen durchführen können. Seit vier Jahren nimmt unsere Schule am Projekt der bewegten Schule teil. Wir stehen somit zur Bewegung, jedoch abgestimmt auf die Bedürfnisse unserer Schüler und im Hinblick auf die räumlichen Ressourcen.

Was sagen Sie zu den Gerüchten über das schlechte Image der Schärdinger Volksschule und dass manche Eltern sogar Nebenwohnsitze in Brunnenthal und St. Florian anmelden, um ihre Kinder dort zur Volksschule schicken zu können?
Wie Sie anmerken, sind es Gerüchte. Diese Aussagen treffen nicht nur die Schärdinger Volksschule, ich höre genauso Negatives über die umliegenden Schulen. Es steht jedem frei, seine Meinung zu äußern. Leider bilden sich oft Meinungen aufgrund mangelnder Informationen. Die Mehrheit der Eltern und Schüler. die unserer Schule angehören, sind sehr zufrieden. Diese Meinung zählt, da sie ein Feedback geben können, das der Realität entspricht. Beim Blick auf die Leistungen, die unsere Schüler erbringen, kann objektiv festgestellt werden, dass die Lehrer der Schule eine ausgezeichnete Arbeit leisten. Betrachten wir die Ergebnisse der letzten Standard-Überprüfung Deutsch, durchgeführt vom bifie 2015, so kann nachgelesen werden, dass unsere Schule über dem Österreichschnitt und auch über dem OÖ-Schnitt liegt. Das ist kein Gerücht, das ist eine Tatsache. Die Rückmeldungen aus dem weiterführenden Schulen zeichnen ebenfalls ein positives Bild. Unsere Schüler erfüllen die Kompetenzen, die die Standards verlangen.

Wenn Sie sich an Ihre Anfänge in der Volksschule zurückerinnern. Was hat sich seitdem am Drastischsten geändert?
Das kann man nicht mehr vergleichen. Schule hat sich ebenso verändert wie die Gesellschaft. Die Freiräume sind für alle kleiner geworden, der Leistungsdruck für die Schüler und Lehrer sowie Eltern ist, wie allgemein, größer geworden. Die drastischste, zugleich aber positive Veränderung, ist im Umgang miteinander zu verorten. Eltern, Schüler und Lehrer sind Partner. Es erfolgt ein Austausch auf gleicher Augenhöhe. Die Lehrer sind als Experten Ansprechpartner für alles, was Schule betrifft. Bei vielen Veranstaltungen, wie Elternabende, Schulfeste, Projekte, steht das Miteinander im Vordergrund.

Immer mehr Volksschüler haben heute schon Handys. Wie wird das in der VS Schärding gehandhabt?
Das stellt noch keine Herausforderung dar. Es steht in unseren Schulregeln, dass das Handy erst außerhalb der Schule benützt wird. Die Schüler halten sich daran. Auch die Eltern sind hier sehr vernünftig.

Wie sehen Sie die Entwicklung der Schüler generell. Es heißt ja oft, die Kinder werden immer schlimmer, haben kein Benehmen mehr, viele sind hyperaktiv. Würden Sie dem mit Blick auf ihre lange Erfahrung zustimmen?
Es gab immer schon "schlimme" und "brave" Kinder. Früher hatten Kinder oft größere Freiräume, zum Beispiel Spielen im Freien, auf Bäume klettern, ohne Eltern im Wald spielen, gemeinsam zur Schule gehen, miteinander streiten und so weiter. Ich vermute, dass die ständige Beobachtung und Fokussierung auf die Kinder den Willen zu Grenzüberschreitungen anregt. Zu beobachten ist allerdings, dass die Zahl der Schüler, die einer Betreuung bedürfen, angestiegen ist. Das Ausmaß an Gewaltbereitschaft hat meinen Erfahrungen zufolge etwas zugenommen. Es werden manchmal die eigenen Bedürfnisse so sehr in den Vordergrund gestellt, dass dies zu Lasten anderer geht. Es gibt hyperaktive Kinder, es gibt Kinder, die schlechtes Benehmen zeigen, aber es sind die Ausnahmen.

Wie schwer tun sich Flüchtlingskinder oder andere Kinder mit nicht-deutscher Muttersprache als Schulanfänger? Gibt's da spezielle Förderungen?
Wir haben sowohl Flüchtlingskinder als auch Kinder aus verschiedenen EU-Ländern integriert. Die Schulanfänger haben die besten Chancen, da sie von Anfang an in unser Bildungssystem hineinwachsen. Schwieriger haben es die Flüchtlingskinder, die später einsteigen. Unsere Schule leistet hier mit unseren Sprachförderlehrerinnen hervorragende Arbeit. Sie unterrichten die Kinder in Kleingruppen mehrmals wöchentlich in der deutschen Sprache. Die Klassenlehrer fördern die Kinder ihrem Entwicklungsstand entsprechend und versuchen, die Schüler an die Standards der jeweiligen Schulstufe heranzuführen.

Und funktioniert das gut?
Wir haben Schüler aus dieser Gruppe, die nach zwei Jahren die AHS-Kriterien erfüllt haben. Das ganze Team der Volksschule leistet hier eine hervorragende Arbeit, die Kinder zu befähigen in unserer Gesellschaft Fuß zu fassen. Die Mitschüler gehen positiv auf die neuen Schüler zu. Alle unsere Schüler werden durch das Miteinander der verschiedenen Kulturen gestärkt. Neben den kognitiven Fertigkeiten lernen unsere Schüler vor allen Dingen Toleranz und Akzeptanz. Sie erfahren, Anderssein als nicht bedrohlich zu sehen. Wir sehen hier das Problem eher bei Erwachsenen, die oft Vorurteile haben.

Thema Ganztagsschule (GTS): Wird das Angebot von den Eltern angenommen? Wie stehen Sie selbst zu dem Angebot?
Vor vier Jahren habe ich die Leitung der Schule übernommen und den Aufbau der GTS initiiert. Seit dieser Zeit wächst die GTS stetig. Das Angebot wird von den Eltern angenommen. Wir wollen die Eltern entlasten und die Schüler am Nachmittag schulisch sowie mit einem breit gefächerten Freizeitangebot fördern. Unsere GTS ist schultypenübergreifend. An zwei Tagen pro Woche begleiten uns auch sechs Schüler der im selben Haus ansässigen Sonderschule. Wir starten immer wieder verschiedene Projekte am Nachmittag. Voriges Jahr war das zweisprachige Lesen in der Stadtbibliothek. Heuer freue ich mich, dass einer Gruppe einmal wöchentlich pantomimisches Theater angeboten wird. Als Leiterin der Volksschule und GTS stehe ich hinter unserem Angebot und achte auf Qualität, die den Unterschied zu herkömmlichen Nachmittagsbetreuungen bildet. Lehrerinnen der Schule sind jeden Nachmittag zur Lernbetreuung der Schüler anwesend. Sie stehen in regelmäßigem Austausch mit den Klassenlehrerinnen. Freizeit findet in einem bewegten, kreativen Rahmen statt.

Wo sehen Sie die Vor- und Nachteile der GTS in der jetzigen Form?
Ich sehen überwiegend Vorteile in der jetzigen Betreuungsform. Vorstellen könnte ich mir aber auch eine verschränkte Form, bei der Unterricht und Freizeit, wie in vielen Ländern üblich, über den Tag verteilt sind. Dieses Angebot wird von den Eltern zur Zeit nicht in ausreichender Anzahl angenommen und kann somit nicht umgesetzt werden.

Als Kritikpunkt wird unter anderem die geringe Flexibilität der GTS angeführt. Einige Eltern suchen deshalb Alternativen, etwa weil sie ihre Kinder nicht früher rausnehmen können oder sie mal tageweise daheim lassen können. Gibt es da keine Möglichkeit als Schule flexibler zu agieren?
Ein Nachteil ist die oft angeführte, mangelnde Flexibilität. Sie müssen zum einen bedenken, es werden Stunden vergeben, die langfristig eingeplant werden müssen. Zum anderen ist eine qualitätsvolle Betreuung nicht mehr gegeben, wenn Kinder nach dem Essen, der Aufgabenbetreuung etc. abgeholt werden. Hier wird die Betreuung zur Aufbewahrung degradiert. Dies entspricht nicht dem Gedanken der Ganztagesform und auch nicht den gesetzlichen Grundlagen, die ich als Leiterin zu befolgen habe.

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