Hinter den Mauern der "EVG-Festung" startet die Krebsrevolution

Die EVG-Geschäftsführung: Paul Lindner, Executive Technology Director, Werner Thallner, Executive Operations & Financial Director und Hermann Waltl, Executive Sales & Customer Support Director.
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ST. FLORIAN AM INN (ska). „Es ist das mit dem abgebissenen Apfel drauf“, antwortet der EVG-Chef etwas widerwillig, aber mit einem Schmunzeln auf die Frage, welches Smartphone er denn besitze. Sicherheitshalber fügt Werner Thallner mit einem Augenzwinkern hinzu: „Ich habe aber alle anderen genauso lieb.“ Denn die meisten großen Smartphone-Konzerne produzieren auf EVG-Anlagen. Rund 15 Teile im Handy des Chefs wurden mithilfe von Maschinen aus St. Florian am Inn hergestellt.

Seiner Zeit mindestens fünf Jahre voraus zu sein – diese Anforderung stellt sich das Unternehmen selbst. Schon jetzt arbeiten Forscherteams daran, welche Features Smartphones und Co. in Zukunft haben sollen. Das Handy in der Brille, Anzeige von dreidimensionalen Objekten im Raum und holographische Displays sind nur einige Stichworte, die Technology Director Paul Lindner verrät. „Zu sagen, wir wissen, was kommt, wäre übertrieben. Aber wir müssen erahnen, was möglich sein kann“, erklärt er. „Jeden Tag stellen wir uns die Frage: Was sollen wir morgen haben? Was hätten wir gestern schon haben sollen?“ Möglich macht diese Innovationskraft die Partnerschaft mit den Kunden. „Sie sind es, die über einen so langen Zeitraum denken müssen und mit ihren Ideen zu uns kommen“, erklärt der Forschungschef.

SmartNIL: Kostengünstiges System, um Krebs zu erkennen, wenn er noch heilbar ist

Weltweit für Aufsehen sorgt EVG zur Zeit mit ihrer SmartNIL-Technologie, für die sie mit dem Staatspreis für Innovation ausgezeichnet wurde. Diese wird etwa in der Krebsforschung eine zentrale Rolle spielen. "Ziel in der Biotechnologie ist, Krebs in dem Stadium zu erkennen, in dem er noch heilbar ist", erklärt Hermann Waltl, Sales & Customer Support Director. "Solche Checks durchzuführen ist technisch bereits möglich, sie werden aber durch SmartNIL erst leistbar", fügt Thallner hinzu. Denn: Mikroskopisch kleine Nanostrukturen – kleiner als ein Tausendstel eines menschlichen Haares – können auf ein Substrat übertragen werden.

Bis die Gesellschaft von der neuen Technologie profitiert, dürfte es aber noch dauern. „Es kommt auf die Freigabe der Untersuchungsmethode an. Diese wird erst in Universitätskliniken getestet", erklärt Thallner.

Die Forschung an der Nanoimprint-Technologie beschäftigt EVG seit 20 Jahren. Angefangen hat es mit zwei Ingenieuren. "Jetzt sind's rein in der Entwicklung 50 Mitarbeiter", berichtet Lindner. Und: Mit SmartNIL hat EVG die Position des weltweiten Markführers eingenommen.

Geheimhaltung, nicht nur was SmartNIL, sondern die gesamte Forschung im Unternehmen betrifft, ist oberste Priorität. Die Verschwiegensheitsklausel der Mitarbeiter gilt aber nicht nur gegenüber Außenstehenden, sondern auch innerhalb der EVG-Mauern: "Die Forschungsteams dürfen untereinander nicht über ihre Projekte sprechen", berichtet Lindner. "Um den Kunden vollkommene Individualität zu garantieren." Doch kopiert jemand die Idee, könne EVG doch klagen, richtig? „Es geht weniger um die Technologie, als vielmehr darum, wo sie eingesetzt wird", sagt Thallner. "Das ist oft hinterher nicht mehr nachvollziehbar.“

Waltl zur "Kündigungswelle": "Die Gerüchte im Vorjahr waren mehr als übertrieben"

Die enormen Sicherheitsvorkehrungen tragen wohl dazu bei, dass das Firmengebäude in St. Florian wie eine "High-Tech-Festung" erscheint. "Zuerst waren wir das Computergeschäft neben Farben Bauer. Jetzt sind wir ein Mysterium“, bringt es Thallner mit einem Schmunzeln auf den Punkt. Dabei verstehe sich das Unternehmen als "klassischer Maschinenbauer", der mit lokal ansässigen Mitarbeitern wachsen möchte. Scheu vor einem Job bei EVG brauche niemand haben. "Uns ist klar, dass wir keinen SmartNIL-Experten bekommen. Aber das lernt man alles bei uns hier im Haus", macht Waltl deutlich.

Personal rekrutiert die EVG vorwiegend in der Region. "Die HTLs im Umkreis bringen gute Fachkräfte hervor. Und wir pflegen eine Partnerschaft mit der Uni Linz." Rund 750 Mitarbeiter sind es inzwischen weltweit, 600 alleine in St. Florian am Inn. Sich als langfristig sicherer Arbeitergeber zu positionieren, ist ein großes Ziel der Geschäftsführung – auch wenn dieses Image im Vorjahr etwas gelitten hat. Angesprochen auf die vielen Kündigungen 2016 sagt Waltl: "Die Gerüchte waren mehr als übertrieben. Es handelte sich um einen normalen Fluktuationsprozentsatz von fünf Prozent." EVG habe auf eine Marktsättigung reagieren müssen. "In den letzten 15 Jahren sind wir stets kontinuierlich um 15 Prozent gewachsen", sagt er und spricht von einem Kuriosum: "Das Vertrauen unserer Kunden weltweit haben wir. Die Innviertler als potentielle Mitarbeiter müssen wir wohl erst überzeugen, uns zu vertrauen.

Als Arbeitgeber habe EVG einiges zu bieten, sagt Waltl. "Die Möglichkeit an neuen Technologien mitzuarbeiten ist nur ein Teil davon. Die Betriebskantine, der Kindergarten und vieles mehr sind die anderen Teile."

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