Brauchtum mit Showelementen – Moderne Perchten: Der Stoaodler Pass aus Münster

Perchten, Läufer und Hexe: Dieses Gespann will die bösen Geister vertreiben. | Foto: Stoaodler Pass
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Anfang Dezember ist es wieder so weit, die Perchtengruppen besonders des Tiroler Unterlandes machen sich auf, um von einer Veranstaltung zur nächsten zu fahren und mit ihren Shows die bösen Geister auszutreiben. Der „Stoaodler Pass“ aus Münster ist ein Verein, der diesen Brauch in die Moderne führt und dabei auf Showelemente genauso setzt wie die Gemeinschaft, die Sorgfalt und das Brauchtum.

Kleine Kinder krallen sich verängstigt an das Hosenbein des Vaters, Teenager kreischen und laufen mit rußverschmierten Gesichtern davon. In der Ferne hört man schon die Trommeln schlagen, die Glocken klingen und die Hupen tröten: Es ist wieder Perchtenzeit. Dieser Brauch ist besonders im Tiroler Unterland geläufig und ist – weltweit gesehen – ein einzigartiges Phänomen. Sogar in Amerika sind die grausig anmutenden Larvenmasken, die schweren Eisenketten und die voluminösen Kostüme berühmt-berüchtigt. Einer der Vereine, die sich dem Perchtenlaufen verschrieben haben, ist der „Stoaodler Pass“ aus Münster. Aber die 25 Mitglieder treffen sich nicht nur am 5. und 6. Dezember, um kostümiert ihre Show abzuliefern. Es steckt viel mehr dahinter. Die Münsterer Jungs haben uns exklusiv einen Einblick in ihr Vereinshaus gewährt, wo bereits seit Wochen die Vorbereitungen für die kommende Perchtensaison laufen.

Stoaodler Pass

Der Verein wurde 2005 gegründet. Nach mehreren Standortwechseln befindet sich das Hauptquartier der Perchten, Läufer, der Hexe und der Helfer in einem aufgelassenen Bauernhof in Münster, den sie vor fünf Jahren gepachtet haben. In purer Handarbeit haben sie den Hof für ihre Zwecke umgebaut, das Dach gedeckt und die Vereinsräumlichkeiten erschlossen. „Es ist nicht einfach, für so einen Verein wie uns ein geeignetes Zuhause zu finden. Wir brauchen viel Platz und sind oft mit vielen Leuten bis spät in die Nacht hier. Aber hier ist es ideal und wir sind jetzt sehr happy“, erklärt Rene Ludl, die Hexe des Vereins. Viele der Mitglieder sind schon seit über 10 Jahren dabei. „Bei uns kann man ab 18 Jahren mitmachen. Wir nehmen nur Münsterer auf. Es ist ein sehr zeitintensives Hobby. Da muss man mit Leib und Seele dabei sein“, so Ludl weiter. Der Verein ist nicht nur Anfang Dezember unterwegs, sondern veranstaltet auch ein Sommerfest, das „Münsterer Summalumpen Fest“. Außerdem nehmen sie als Verein bei zahlreichen Veranstaltungen im Dorf teil. „Diese Veranstaltungen machen wir, damit wir die zwei Tage im Dezember finanzieren können. Der Aufwand ist riesig, wir brauchen einen Bus, die Pyrotechnik, da kommt einiges zusammen“, so die Mitglieder unisono.
Das Wichtigste im Verein für alle Mitglieder ist der Zusammenhalt. Im Vereinslokal trifft man sich, zweimal die Woche wird geprobt, da sind immer fast alle dabei. Das gehört einfach dazu.
Die meisten sehen die 25 Männer an den zwei Tage, doch da hängt viel mehr dran. Seit Wochen schon treffen sich die Jungs, um – ohne ihr Kostüm – die Show einzuproben. Außerdem werden jedes Jahr ein bis drei neue Kostüme angefertigt – und zwar alles in Handarbeit. „Das Gewand der Tamperer stellen wir aus den Blättern von Maiskolben her. Diese holen wir uns extra aus Italien, da hier die Maiskolbenblätter nicht schon am Feld geschreddert werden. Aus den Maiskolbenblättern fertigen wir dann Bündel an, die wir dann durch ein Nagelbrett ziehen, damit alles schön gleichmäßig aussieht. Für ein Kostüm benötigen wir in etwa 500 Bündel. Die Arbeitsstunden, die für ein Gewand aufgewendet werden, kann man gar nicht in Geld aufwiegen. Und hier sind immer alle voll dabei und stehen hinter dem, der das neue Gewand erhält“, erklärt Ludl. Die anderen Gewänder werden in der Scheune fein säuberlich aufbewahrt, nach jeder Saison wieder aufbereitet und hergerichtet. „Wir passen darauf sehr gut auf, weil wir wissen, dass das sehr viel Arbeit ist“, so die Vereinsmitglieder, die gerade dabei sind, ein neues Gewand an einen ihrer Freunde anzupassen. Dafür muss er im Kostüm stehen. Die Bündel werden dann an eine dicke Jacke angenäht. Damit erhält jedes Mitglied sein ganz eigenes Gewand, das eigens auf ihn zugeschneidert ist. An den beiden Auftrittstagen haben die Perchten ihr Kostüm von früh bis spät an, das sind immerhin an die 100 kg, die sie tragen müssen. Das Kostüm, dazu eine bis zu 12 kg schwere Maske – die „Larve“ – sowie die eigens angefertigten Trommeln aus Blech. Alles in allem, wahrlich kein „leichter“ Job.
Die Stoaodler sehen sich selbst als Darsteller von Brauchtum mit Showelementen. Dadurch führen sie ganz bewusst die alte Tradition in die Moderne. Mit von der Partie sind immer Pyrotechnik, viel Feuer, Rauchbomben und bengalische Feuer. „Manche sagen, das hat nichts mehr mit Brauchtum zu tun, aber für uns steht einfach die Show im Mittelpunkt“, so Ludl. Und so darf man sich schon auf den 5. und 6. Dezember freuen, wenn die Stoaodler mit ihren Perchten und Läufern und Hexe Rene durch Münster und Umgebung ziehen.

Stoaodler Pass Münster
gegründet:
2005

Obmann: Raphael Schmied
Veranstaltungen:
5./6. Dezember im Raum Münster, besonders am 6. Dezember am Abend beim Reha-Zentrum Münster großer Hexentanz

Kontakt: Facebook: www.facebook.com/stoaodlerpassmuenster

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