RMagazin Schmuckstück: Volksschule Jenbach – markanter Clemens-Holzmeister-Bau

Das Gebäude ist ein markanter Punkt im Jenbacher Ortszentrum. | Foto: Anton Prock
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Der markante Bau der Volksschule in Jenbach ist eines der Meisterwerke von Clemens Holzmeister – von Anton Prock.

Das Ortsgebiet von Jenbach wird vor allem von zwei markanten Bauwerken beherrscht, der Pfarrkirche und der Volksschule. Gehört die Pfarrkirche mit ihrem steilen Dach, dem spitzen Turm, den Spitzbogenfenstern mit Maßwerkdekoration im oberen Bereich der Spätgotik um 1500 an, so handelt es sich bei der Volksschule um ein Werk der Neuen Sachlichkeit aus den Jahren 1927/28.

Der Architekt dieses großen Gebäudes ist Clemens Holzmeister, 1886 in Fulpmes im Stubaital geboren und 1983 in Salzburg gestorben. Holzmeister zählt zu den großen österreichischen Baumeistern des 20. Jahrhunderts mit Weltruhm. Er hatte drei Professuren gleichzeitig inne und wickelte rund 700 Bauprojekte ab. So gehen auf ihn die beiden Festspielhäuser in Salzburg, die Kirchen von Eben am Achensee und Erpfendorf sowie die Schulen in Landeck, Imst und Jenbach zurück, um nur einige wenige Beispiele in Österreich zu nennen. Großes leistete der Fulpmer auch in der Türkei, wo er etwa in Ankara den Obersten Gerichtshof, das Innenministerium und das Palais Atatürk erbaute.

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts herrschten in Tirol noch die Ausläufer des Jugendstils mit reichem Dekor und des Heimatstils mit Elementen von heimischen Bauernhäusern vor. Eine strikte Zäsur setzte der Erste Weltkrieg. Schon allein die politische Situation in der neu entstandenen Republik Österreich nach dem Zerfall der Österreichisch-Ungarischen Monarchie ist alles andere als stabil. Dazu kommen die sozialen und finanziellen Probleme.
Der heimatverbundene Holzmeister und andere Architekten seiner Zeit wurden in ihren Entwürfen entscheidend von der Bergwelt der Tiroler Landschaft beeinflusst: Kargheit, Einfachheit, Reduzierung auf wenige Formen, kaum Verzierung, glatte Wände, Geradlinigkeit, Würfel und Kubus als Grundform, klare Betonung des Horizontalen und Vertikalen. Holzmeisters Stil gehört der Neuen Sachlichkeit an, verbunden mit Funktionalismus. Man kann sagen, dass sich die Bauten der Landschaft anpassen, sich harmonisch in sie einfügen. Erinnern seine Kirchen mit den hohen und spitzen Türmen an die felsige und steile Berglandschaft, in die sie hineingebaut sind, so passt sich die Jenbacher Volksschule sehr gut in die nur sanft ansteigende Anhöhe es Ortszentrums an.

Gerade die dreistöckige Jenbacher Volksschule wirkt eher etwas geduckt und weist keine hohe Dachlandschaft auf. Auffallend sind die großen Fenster, spielt doch das Licht für die Innenräume eine wichtige Rolle. Licht ist gerade in den oft engen Alpentälern von großer Bedeutung. Was besonders auffällt, ist die symmetrische Anordnung des Baus. Der Haupteingang liegt in der Mitte und ist durch eine repräsentative Treppe und ein stark betontes einfaches Portal hervorgehoben. Über dem Portal ragt ein zweistöckiger enger Erker heraus. Betont durch kleine Aufsätze und Türmchen sind die seitlichen, etwas erhöhten Abschlüsse des Baus. Deutlich erkennt man die Anleihen Holzmeisters am herrschaftlichen Schlossbau mit seiner Symmetrie: Betonung der Mitte mit dem Eingang sowie Betonung der seitlichen Abschlüsse. Abgesehen vom Mittelerker verläuft die Wand ganz gerade. Die streng horizontalen Fenster betonen das Waagrechte des Baus. Wichtige Akzente sind die kleinen Türmchen mit kugelartigem Abschluss über den Dachfenstern, dem Mittelteil und den Seitenteilen. Betritt man das Innere, so empfängt den Besucher eine Art Vorraum bzw. Vestibül, von dem eine Treppe in das Erdgeschoss führt. Eine großzügige freie Treppe stellt die Verbindung zu den weiteren zwei Stockwerken her.

Wahrscheinlich ist vielen Jenbacherinnen und Jenbachern nicht bewusst, welch große Bedeutung Holzmeisters Meisterwerk aufweist. 1961 verzierte Erich Stockhammer den linken Fassadenteil mit einem Sgraffito als Hinweis auf die Funktion des Baus: Mutter mit Kind, Schülerinnen und Schüler, Themen des Unterrichts wie Globus, Fische, Vögel, Blumen u. a.

Zum Autor

Anton Prock ist nicht nur Direktor der NMS 1 Jenbach, sondern auch Kunsthistoriker und als solcher seit über 20 Jahren in der Ausbildung der Tiroler Fremdenführer tätig. Mehr Informationen auf www.antonprock.at

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