Siedlung Böhmisch-Trübau
Anrainer kämpfen um das letzte Dorf Simmerings
Ein geplantes Wohnbauprojekt in der Siedlung Mitterfeld sorgt für Ärger bei den Anrainern.
SIMMERING. Kleine, ältere Häuser, viele Grünflächen, ein Heuriger, in dem sich die Bewohner regelmäßig treffen: Die Siedlung Mitterfeld, die bis ins vorige Jahrhundert als Böhmisch-Trübau bekannt war, hat bis heute einen dörflichen Charakter bewahrt.
Doch um genau diesen fürchten nun die Anrainer. Ein Bauprojekt sorgt für Unmut – so sehr, dass sich die Bewohner der Siedlung nun zum öffentlichen Protest gegen die weitere Verbauung des Gebiets zusammenfanden. Mit dabei auch zahlreiche Simmeringer Politiker, darunter Bezirkschef Paul Stadler (FPÖ), Vizin Katharina Krammer (FPÖ) und Thomas Steinhart (SPÖ). Anrainer-Sprecherin Ingrid Krauss lebt seit ihrer Geburt hier. "Es handelt sich um eine historisch gewachsene Siedlung. Die Häuser sind großteils über 100 Jahre alt", erzählt sie. "Sie werden vererbt und liebevoll renoviert. Hier kennt jeder jeden." Helga Schlosser stimmt ihr zu: "Die Einwohner pflegen mit Fleiß ihre Häuser und Gärten. So ist über die Jahrzehnte eine ruhige, gepflegte, bürgerliche Siedlung mit einer grünen Lunge entstanden."
Wunsch nach Schutzzone
Seit den 1930er-Jahren gibt es in Böhmisch-Trübau einen Siedlerverband, seit 36 Jahren ist Schlosser deren Vorsitzende. Vor 15 Jahren kam bereits ein Neubau mit 12 Wohneinheiten zur Siedlung dazu. Nun soll direkt gegenüber ein weiterer Neubau mit 28 Wohneinheiten errichtet werden. "Wir haben nur Nachteile davon", klagt Schlosser. Sie fürchtet vor allem den Lärm und die Versiegelung der Grünflächen.
Der Bezirk hat in der Bezirksvertretungssitzung vom 27.2.2019 beschlossen zu prüfen, ob Böhmisch-Trübau als Schutzzone ausgewiesen werden kann. Weiters wurde bestimmt, dass neu errichtete Häuser in der vorhandenen Bauklasse I mit einem Dachgeschoss begrenzt werden. "Wir werden unterstützen, soweit es möglich ist", so Bezirkschef Stadler. "Der Charakter von Böhmisch-Trübau liegt auf der Hand und es ist wichtig, dass er erhalten bleibt", sagt auch Bezirksrat Leopold Prochazka (ÖVP).
"Ein solides, zeitgemäßes Wohnprojekt"
Nun liegt es an der Stadt Wien. "Der Bezirk wurde bereits im Juni des vergangenen Jahres informiert, dass eine Untersuchung zur Festsetzung der Schutzzone im Rahmen einer generellen Überarbeitung des Plandokuments erfolgen muss", erklärt man dazu aus dem Büro von Planungsstadrätin Birgit Hebein (Grüne). Und weiter: "Eine Überarbeitung des Flächenwidmungsplans für eine der kommenden Arbeitsperioden wird avisiert."
Der Bauträger, Tash Immobilien, kann den Unmut nicht verstehen: "Wir bedauern es sehr, dass die Anrainer unserem Projekt so negativ gegenüberstehen. Wir haben bereits in der Planungsphase mit der MA 37 (Baupolizei) und der MA 19 (Architektur und Stadtgestaltung) eng zusammengearbeitet, um ein möglichst gut abgestimmtes Konzept zu entwickeln", heißt es. Und: "Wir haben uns an alle im Bebauungsplan vorgeschriebenen Angaben gehalten. Es ist ein solides, zeitgemäßes Wohnprojekt entstanden, das sich unserer Meinung sehr gut in die Umgebung einfügt."
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