XXL-Sorgen: Modeboutiquen fühlen sich allein gelassen
Wirtschaftskammer klagt über Online-Konkurrenz und "überbordende Bürokratie".
SPITTAL. Die überwiegend kleinstrukturierten Modeboutiquen leiden zunehmend unter der Online-Konkurrenz und „überbordenden“ bürokratischen Vorschriften, jedes zweite Modegeschäft beklagt Umsatzeinbußen. Zu diesem Ergebnis ist die Wirtschaftskammer (WK) nach einer Umfrage gekommen, die das Bundesgremium des "Handels für Mode- und Freizeitartikel" in Auftrag gegeben hatte.
Bürokratie frisst doppelten Werbeetat
„Die Ergebnisse haben überrascht, vor allem die Bürokratiekosten“, sagt Jutta Pemsel, Chefin des WK-Handelsgremiums für Mode und Freizeitartikel. Kleinere Unternehmen müssen nach der Studie der KMU Forschung Austria vier Prozent ihres Umsatzes der Bürokratie opfern, das heißt: Die Bürokratie frisst den doppelten Werbeetat. Im Schnitt geben Modehändler etwa zwei Prozent der Erlöse für Werbung aus. Und: "Monatlich müssen Unternehmen durchschnittlich 76 Stunden für Informationspflichten und für die Erfüllung der Gesetze bereitstellen."
Innenstadt-Belebung
Konfrontiert mit diesen Zahlen, haben drei Spittaler Boutiquenbesitzerinnen unterschiedlich auf die Studie reagiert. Einig sind sie sich aber darin, dass für die Belebung der Innenstadt mehr als bisher getan werden müsse.
So meint Marion Neuschitzer ("Zinnel"), die zum Jahreswechsel von der Bahnhofstraße auf den Hauptplatz umgezogen ist, sie wolle zwar "nicht jammern", doch dem Onlinehandel müsse sie "immer mehr" Tribut zollen. Dem könne sie nur mit einer stärkeren Kundenbindung begegnen. Die WK fordert die Unternehmerin auf, die Werbung für die heimische Wirtschaft zu intensivieren. In der Bevölkerung das Bewusstsein zu schärfen, vor Ort einzukaufen.
Flexiblere Öffnungszeiten
Ferner müssten die Öffnungszeiten flexibler gestaltet, mehr als lediglich zwei Candle-Light-Shppping-Abende im Jahr angeboten werden. Von der Kommunalpolitik fordert sie ein Parkplatz-Leitsystem, damit auch Auswärtige sich leichter zurechtfinden. Im Hinblick auf die zunehmende Bürokratisierung räumt Neuschitzer ein, sich an vielen Wochenenden - über die Messebesuche hinaus - mit der Buchhaltung befassen zu müssen, zumal das neue Kassasystem zusätzliche Arbeit bereite.
Insovenz beendet
Ingrid Kaltenbacher (Trachten Jogl"), deren Handelsgesellschaft m.b.H. im Dezember Insolvenz anmelden musste (wir berichteten), wurde nach ihren Angaben erfolgreich saniert, mithin die Zahlungsunfähigkeit aufgehoben Kaltenbacher: "Es gibt uns weiter." Im Herbst will Kaltenbacher ihr 25-Jahr-Jubiläum mit Life-Musik feiern, nach und nach die Verantwortung Tochter Rebecca übertragen.
Auch wenn es der "bodenständigen" Trachtenmode noch relativ gut gehe, weil sie nicht permanent neue Modetrends bieten müsse, klagt die Spittalerin einmal über die Konkurrenz des Onlinehandels, zum anderen vor allem über die Billiganbieter, die den Ausschlag für das Sanierungsverfahren durch das Landesgericht Klagenfurt gegeben hatten. Deshalb appelliert die Trachtenexpertin an die Kunden, nicht solche Textilketten zu unterstützen, die Kinder und Frauen zu Dumpinglöhnen beschäftigten, sowie an WK und Politik, für mehr Aktivitäten zu Belebung der Innenstadt zu sorgen.
"So schwierig wie noch nie"
Sonja Wegscheider ("Jones") schließlich, die auf 25 Jahre als Angestellte und 27 weitere als Selbstständige zurückblicken kann, klagt: "So schwierige Zeiten wie jetzt habe ich noch nie erlebt." Sie führt das einmal auf die Konkurrenz des Onlinehandels zurück, zum anderen darauf, dass eine "gewisse Sättigung" eingetreten sei. Dem sei nur mit einer guten Kundenbetreuung, also Fachberatung und einem Service wie Kaffee oder Sekt zu begegnen.
Weil Wegscheider ihr Geschäft nur mit der eigentlichen Inhaberin, ihrer Tochter Elisabeth Jeglic, ohne weitere Mitarbeiter führt, kennt sie bürokratische Sorgen wie Vertretungen im Urlaubs- oder Krankheitsfall nicht. Unterm Strich aber fasst sie zusammen: "Alles ist nicht mehr so einfach wie früher."
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