Gastronom schließt wegen zu lauter Hupe
MILLSTATT. "Wegen zu lauter Hupe der Schiffe geschlossen." Mit diesem Schritt protestiert Gastronom Peter Marchetti gegen eine neue Verordnung des Landeshauptmanns. Nur sechs Meter vom Anlegesteg, der seinen Namen trägt, entfernt, fühlt sich der 69-Jährige dermaßen belästigt, dass er das Handtuch geschmissen hat.
Nach dem tödlichen Badeunfall vor einem Jahr, bei dem ein Badegast in Seeboden in den Sog einer Schiffsschraube geraten war, hat Peter Kaiser in einer Verördnung am 28. Mai für alle Kärntner Seen verfügt, dass Kapitäne von Fahrgastschiffen bei der Annäherung an eine Schiffsanlegestelle sowie vor dem Verlassen dies durch einen "langen Ton" kund zu tun hätten, beim rückwärtigen Ablegen durch drei kurze Töne.
Das bedeutet nach Marchettis Rechnung seit Juni, bei zwei Schiffen und sieben An-und Ablegemanövern wird am Tag 28 Mal getutet. Bei den Schiffsgrößen der "MS Kärnten" und "MS Seeboden" erreichen die Signalhörner je 130 Dezibel, vergleichbar dem Lärm von Autorennen oder Düsenjägern - auf jeden Fall an der Schmerzgrenze. Diese hat Marchetti am eigenen Leibe erfahren, wie er berichtet - ein Hörsturz und ein Nervenzusammenbruch waren die Folge des Kaisererlasses.
Mitten in der Saison, am 15. August, schloss er den seit 1882 bestehenden, in der fünften Generation geführten Betrieb. Sechs Angestellte standen auf der Straße, 50 Stühle des Cafés stehen seitdem leer. Es gibt weder Speis noch Trank oder Eis. "Und auch die Toiletten sind seitdem dicht", fügt der Wirt mit Galgenhumor hinzu.
Marchetti erstatte am 25. Juni Anzeige bei der Polizei. Darin führte er an, sich "wegen der Hupführung der Kapitäne extrem lärmbelästigt und in meiner Gesundheit gefährdet" zu fühlen. Und auch die Gäste könnten wegen der Lärmbelästigung nicht länger in seinem Gastgarten verweilen.
Facebook-Plausch mit Kaiser
Am selben Tag schrieb Marchetti etwas ungelenk via Facebook an den Landeshauptmann: "Sie sollten hören, was Sie mit Ihrer in der Wirkung unüberlegten Verordnung angerichtet haben, zur Strafe einen Tag lang, Sie würden eine Änderung herbeiführen."
Peter Kaiser antwortete: "Ich wusste gar nicht, dass die Schiffe in Millstatt im 5-Minutentakt fahren. Smiley. Scherz beiseite: Der Schutz von Menschenleben geht vor - ist der Todesfall voriges Jahr an Ihnen vorübergegangen? Bitte um weitere Fakten, warum die Lärmbelästigung bei Ihnen so stark ist, dass Sie Ihr Lokal deswegen schließen müssen. Kein anderer Gastronom hat dies bisher gemeldet. Und auch am Wörthersee verkehren viele Schiffe und es gibt viele Lokale."
Andere Wirte des Sees hat Marchetti erst gar nicht versucht, in sein Boot zu holen, weil seine Situation einzig sei, er sowieso nicht mit Unterstützung rechne. Stattdessen habe er schon Häme wie "Wegen Reichtum geschlossen" erfahren.
"Ich will kein Mitleid", fasst der Gastronom zusammen, der sich ausgemalt hatte, "so bis 80" seine Espresso-Bar weiterzuführen. Fürs Restaurant hat er versucht, noch für den Rest der Saison einen "tauben" Pächter zu finden. Vielleicht klappt es ja im nächsten Jahr.
Unterdessen kann sich Bürgermeister Josef Pleikner vorstellen, den Marchetti-Anlegesteg aufzulösen, wie er auf Anfrage der WOCHE sagt. Stattdessen sollten die beiden großen Schiffe der Millstättersee-Schiffahrt am Steg der Schuster-Fahren anlegen. Dann müssten sie zum einen vom Südufer kommend/fahrend im spitzen Winkel anlegen und zum anderen das Strandbad mit seinen gefährdeten Schwimmer weiter entfernt passieren. Marchetti hätte wieder seine Ruhe. Und auch der Bürgermeister in seinem Lokal "San Daniele", einige hundert Meter vom Steg entfernt.
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