Landesgericht St. Pölten
Konto von dementem Freund geplündert
70-Jährige musste sich wegen Diebstahls vor Gericht verantworten.
ST. PÖLTEN (ip). Äußerst schwierig gestaltete sich die Zeugenaussage eines 70-jährigen St. Pöltners, zumal seine alkoholbedingte Demenz zu großen Erinnerungslücken geführt hat und er, als Opfer, über die Vorwürfe gegen seine ehemalige Freundin immer wieder nur staunte. Staatsanwalt Karl Wurzer warf der 70-jährigen Bosnierin vor, die zunehmende Demenz des Mannes ausgenützt zu haben, indem sie in relativ kurzer Zeit, ohne sein Wissen, insgesamt 4.800 Euro von seinem Konto abhob. Gegenüber Ermittlungsbeamten gab sie dies zunächst zu, betonte jedoch, dass von dem Geld nichts mehr da sei. „Des hob i versoff'n.“ Vor Gericht hieß es dann: „Nicht schuldig!“
Recherchen von Verteidiger Josef Gallauner hatten ergeben, dass der Pensionist schon früher Geldbeträge für die Beschuldigte abhob. Er habe seine Geldbörse mit der Bankomatkarte immer am Tisch liegen gehabt und der Angeklagten früher auch immer wieder kleinere Bargeldbeträge, etwa 300 Euro, gegeben. Er könne sich jedoch nicht vorstellen, ihr den Code seiner Bankomatkarte verraten und erlaubt zu haben, Geld abzuheben.
Vorbestraft
Die Bosnierin, die wegen Mordes an ihrem Lebensgefährten 2001 aufgrund der Umstände zu nur zwölf Jahren Haft verurteilt und nach wenigen Jahren bedingt entlassen wurde, erklärte, dass der 70-Jährige ihr im Jänner 2019 die Bankomatkarte samt Code überlassen habe, damit er ihr das Geld nicht mehr bar auf die Hand geben müsse. Wurzer hakte ein und meinte, dass der Pensionist aber keineswegs zugestimmt hätte, als die Angeklagte alleine im Februar 2019 insgesamt 1.800 Euro für sich behob. „Sie hat ihn ausgenommen, wie eine Weihnachtsgans“, fasste Wurzer den Sachverhalt zusammen. Richter Slawomir Wiaderek sprach von einem Vertrauensmissbrauch. Möglicherweise habe er ihr die Karte anvertraut, „aber er hat Ihnen sicher nicht erlaubt, so viel Geld abzuheben!“ Wegen gewerbsmäßigen Diebstahls verurteilte er die zweifach einschlägig vorbestrafte Frau zu einer Geldstrafe in Höhe von 720 Euro (180 Tagessätzen) und einer bedingten Freiheitsstrafe von 14 Monaten (rechtskräftig).
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